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Mein letzter Tampon

Mein letzter Tampon

Titel: Mein letzter Tampon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika von Ramin
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ausschließlich für die weiblichen Geschlechtsorgane zuständig. Für die depressiven Verstimmungen, die dich nun seit einiger Zeit beuteln, fühlen sie sich einfach nicht zuständig. So ging es einer Frau, die mir anonym folgende Mail schrieb:
    „Bei mir wurde noch kein Hormontest gemacht, für die Hitzewallungen nehme ich aber seit ca. zwei Jahren Hormone, die Schweißausbrüche sind auch besser geworden, was heißt besser, ich habe keine mehr. Die Angst und die Minderwertigkeitsgefühle sind aber dafür, wie die Hitzewallungen, meistens da und nur sehr, sehr selten weg. Dadurch zweifle ich oft an mir. Meine Frauenärztin wollte von einem Hormontest nichts wissen, denn der würde ja sowieso immer schwanken, da ich aber die Anzeichen für die Wechseljahre hatte, verschrieb sie mir eben die Hormone. Ich solle eine Therapie für mein Selbstbewusstsein machen. Daraufhin ging ich zu einer Neurologin, die hörte sich meinen Kummer an und meinte, mir fehle ein bestimmter Stoff und verschrieb mir Fluoxetin. Welch eine Freude, es ging mir besser, doch nach einem dreiviertel Jahr bin ich genauso dran wie vorher, nur noch schlimmer. Ich habe in den letzten drei Monaten ca. fünfzehn Pfund zugenommen und weiß eigentlich gar nicht mehr, was ich machen soll. Meiner Frauenärztin traue ich mich nichts mehr zu erzählen, denn ihre Anschriften von Psychiatern habe ich weggeschmissen. Beide sagten mir, ich solle mehr an mich denken und langsam treten, aber ich weiß nicht, wie ich das umsetzen soll.“

Stress pur
    Es ist noch gar nicht so lange her, da bist du von der Arbeit nach Hause gerast, hast die schweren Einkaufstüten die Treppe hochgeastet, dir noch beim Schuheausziehen die Schürze umgeschmissen, denn deine hungrige Familie wollte bald etwas zu essen haben. Deine Kinder kamen natürlich weder pünktlich noch gut gelaunt zum Essen oder brachten unangemeldet Freunde mit. Beim Abendessen wurden dann die großen und kleinen Kümmernisse besprochen, Probleme gelöst, gestritten und gelacht. Und jetzt? Wenn du nach Hause kommst, empfängt dich gähnende Leere. Dein Mann freut sich, dass es endlich mal etwas ruhiger ist, aber du hast das Gefühl, dass du nicht mehr gebraucht wirst. Das ist eine große Änderung und – die erzeugt Stress.
    Im Job warst du immer topfit. In letzter Zeit stellst du fest, dass deine Kunden und Vorgesetzten ständig jünger zu werden scheinen, manche sind gerade mal in dem Alter deiner Kinder. Denen natürlich die gesammelte Lebenserfahrung unseres halben Jahrhunderts einfach fehlt. Sie machen die gleichen Fehler, die du in ihrem Alter auch gemacht hast. Am liebsten würdest du dich hinsetzen und denen erzählen, wo der Hase wirklich lang hoppelt. Das wäre aber weder jobförderlich, noch würde es überhaupt etwas bringen, da jeder Mensch seine Erfahrungen selbst machen muss. Natürlich fragst du dich, nachdem du all diese wichtigen und richtigen Erfahrungen gemacht hast, warum zum Teufel sie keiner haben will.
    Die meisten Frauen unserer Generation arbeiten, zumindest halbtags. Wer in unserem Alter arbeitslos ist und versucht, wieder in den Job einzusteigen, der braucht schon die Kräfte eines Herkules und die Nerven eines James Bond, um bei der wirtschaftlichen Situation damit erfolgreich zu sein.
    Wie nennst du das? Ich nenne das Stress pur! Fast gleichzeitig mit dem Verlust der Kinder wirst du noch dazu wieder zur Mutter, sozusagen zu deiner eigenen Großmutter. Vater und Mutter sind an die Stolpergrenze im Leben geraten und benötigen jetzt deine Hilfe, die sich langsam zur Rundumbetreuung auswächst. Sie quengeln wie Vierjährige, sind allerdings nicht mit einem Bounty oder ein paar M&M’s zufrieden zu stellen. Sie sind unvernünftig wie Krabbelkinder, jedoch mit einer so ausgeprägten Sturheit, wie sie nur in jahrzehntelanger Übung erworben werden kann. Schlimm wird’s, wenn sie dann in die anale Phase kommen und dich über ihre Ausscheidungen tyrannisieren.
    Meine Mutter pflegte sich grundsätzlich an genau den drei Tagen im Jahr auf die Intensivstation zu begeben, in denen ich zwanzig Stunden nicht abkömmlich war. Und das zehn Jahre lang. Mein Vater pflegte grundsätzlich dann einen Darmdurchbruch zu bekommen, wenn ich auf dem Weg in den Urlaub war. In meiner Firma gab es eine Wettliste, wann einer meiner Elternteile mal wieder plötzlich und unerwartet ins Krankenhaus eingeliefert wird. Also habe ich es mit einem Trick versucht: Nicht mehr erzählen, dass ich am soundsovielten

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