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Mein letzter Tampon

Mein letzter Tampon

Titel: Mein letzter Tampon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika von Ramin
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einer solchen Frau mit Tatkraft und Mut traust du nicht zu, so lächerliche Probleme wie deine jetzigen zu lösen?
    Steck dir genüsslich eine Zigarette an oder – falls du inzwischen zur Nichtraucherin geworden bist – einen Bonbon in den Mund. Davon wirst du auch nicht gleich platzen. Und jetzt überlege mal, seit wann es dir so bescheiden geht. Genau: Wechseljahre. Die treffen zusammen mit der Vergreisung deiner Eltern und dem Auszug oder schlimmstenfalls mit der Pubertät deiner Kinder. Und genauso treffen sie zusammen mit dem Höhepunkt deines Lebens. Was bedeutet, dass es dir noch nie so gut gegangen ist. Was aber auch bedeutet, dass du jetzt etwas zu verlieren hast.
    Wechseljahre heißen deshalb Wechseljahre, weil du ohne Vorwarnung von dem ehrgeizigen Mädchen, das versucht, seine Träume zu verwirklichen, zu einer erwachsenen Frau wechselst, die ihre Träume schon lebt und dieses Leben um jeden Preis behalten will. Vom Aufbauen zum Bewahren. Dass dich das irritiert, ist vollkommen klar. Früher hast du selig von genau der Zukunft geträumt, die du heute lebst. Und schon hast du Angst, die Zukunft hinter dir zu haben. Das ganze passierte sozusagen über Nacht.
    Wenn wir jetzt mal die hormonelle Seite vergessen, dann gibt es überhaupt keinen Grund für Depressionen. Warum eigentlich solltest du morgen das Geld, das du heute verdienst, nicht mehr verdienen? Bei deiner Erfahrung! Warum sollte jemand dir deinen Job wegnehmen, wo du gerade genau die Routine hast, die man braucht, um ihn zu behalten. Ich sage dir warum. Weil du zum ersten Mal in deinem Leben erkannt hast, dass alles endlich ist. So wie deine Eltern. Wie deine Jugend. Das macht dir unheimliche Angst.
    Und nun denk einmal daran, wie du dein Leben aus dem Nichts aufgebaut hast. Angst hattest du keine, weil du ja nicht wusstest, was auf dich zukam. Am Anfang stand also nur eine Vision.
    Dein wirkliches Problem ist, dass du nicht mehr weißt, wo du mit deinem süßen kleinen Hintern noch hin willst. In solchen Nächten glaubt man leicht, die gesamte Fülle des Lebens bereits ausgekostet zu haben. Irrtum! Suche dir neue Visionen, statt dich im Kreis zu drehen.
    Glaubst du im Ernst, dass du jetzt, wo du in den Wechseljahren bist, nicht mehr leistungsfähig bist und reif für die Mülldeponie? Den Quatsch kannst du bei akutem Rückfall deinem Friseur erzählen. Aber wenn du ehrlich bist, hast du den Sprung zu deinem wirklichen erfüllten Leben in den letzten drei, vier Jahren gemacht. Trotz oder vielleicht sogar wegen akuter Hormonschwankungen. Äh? Du führst nicht das Leben, das du dir gewünscht hast? Lügnerin!

Du sollst nicht lügen
    Du bist zum Beispiel in den letzten 20 Jahren nie mehr mit einem Mann zusammen gewesen, der nicht verheiratet war? Glückwunsch zu deinem Luxus-Lotterleben. Jetzt erzähle mir bitte nicht, dass du unglücklich bist, weil du so gern verheiratet sein möchtest. Ich glaube dir kein Wort. Du hast einfach keine Lust, dich mit den Problemen des Alltags auseinander zusetzen. Mit Löchern in den Socken zum Beispiel, mit seinem Prostataleiden, mit ausgefallenen Haaren und Rasierresten im Waschbecken. Das hat dein Lebensplan nämlich nicht vorgesehen. Natürlich heulst du Weihnachten Rotz und Wasser und bist jedes Jahr Silvester kurz davor, vom Funkturm zu springen. Die ganze Welt ist voller glücklicher Ehefrauen, nur du bekommst immer die Reste. Du siehst ihn förmlich vor dir: Wie er mit Frau und Kindern traut neben dem Weihnachtsbaum sitzt und gerührt die quietschorange Krawatte, das Geschenk von seinem Jüngsten, auspackt. Mutti biegt mit dem Truthahn um die Ecke und ein harmonischer Abend an festlich gedeckter Tafel beginnt.
    Du tust mir wirklich leid. Deine Fantasie ist mit dir durchgegangen. Denn in der Realität sieht das so aus:
    Er hat viel zu viel gearbeitet in den letzten Wochen und ist total alle. Die Weihnachtsgeschenke hat er von seiner Sekretärin besorgen und einpacken lassen (Anweisung: „das Übliche“). Die Kinder sind überhaupt nicht zu Hause, weil bei Sven „eine fette Fete steigt“. Mutti hat längst resigniert und bei Aldi Kartoffelsalat gekauft und ein paar Wiener warm gemacht. Damit sitzen die beiden jetzt missgelaunt neben der Krüppelkiefer, die er Weihnachtsbaum nennt, weil der Besuch der Schwiegereltern am ersten Feiertag droht. Sie heult, weil seine Sekretärin verdammt noch mal inzwischen wissen sollte, dass sie „Obsession“ nicht ausstehen kann. Er überlegt krampfhaft, mit welcher

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