Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten
arbeite sie schließlich bei mir? Ich mit meiner Agentur hätte ja wohl irgendeinen Kandidaten in petto. Sie hätte auch schon jemanden im Auge. Diesen netten, süßen Frauenarzt, der immer so verklemmt durch seine Persol-Brille guckte. Theo Egon Petrello, oder wie der hieße. Dem würde sie zu gerne mal zeigen, wie lustig und entspannt das Leben sein kann.
Während ich Lisas Monolog mehr oder weniger aufmerksam verfolgte, lümmelte ich entspannt in meinem Corbusier-Sessel, schaute ab und an auf meine Beine, freute mich ob ihrer Länge und zuckte erst bei dem Namen Theo E. Petrello zusammen. Der Mann war in meinem Alter und es passte mir nicht ins Konzept, dass Lisa ihn klasse fand. Ich hatte, kurz bevor Gregor in mein Leben geplatzt - oder besser: in mein Bett gefallen war - eine Nacht mit ihm verbracht.
Theo E. Petrello hatte mich noch ein paarmal angerufen und zum Essen eingeladen, doch da Gregor alle meine Bedürfnisse erfüllte, sah ich keinen Anlass, mir auch noch Theo aufzuladen. Eine Entscheidung, die unter den gegebenen Umständen durchaus wert war, noch einmal geprüft zu werden. Das konnte keinesfalls schaden.
Während Lisa mir also in meinem Büro vom Scheitern ihrer ersten großen Liebe erzählte - und das war Fred sehr wohl, gingen die zwei doch seit Lisas sechzehntem Lebensjahr zusammen -, klingelte zwischendurch immer mal das Telefon in ihrem Vorzimmer. Wir ignorierten es beide und lästerten noch eine Weile über Männer im Allgemeinen, über ihren Exfreund Fred und über meinen untreuen Martin.
Es tröstete mich, dass Lisa mit ihrer Trennung bewies, welch Stellenwert Stolz und Würde bei jungen Frauen wieder einnahmen.
Ich hatte in meiner Agentur ein paar Frauen getroffen, die wider besseres Wissen und auf Teufel komm raus an ihren Ehe festgehalten und dafür so ziemlich jede Demütigung ertragen hatten, nur um am Ende dann doch von ihren Gatten verlassen zu werden. Meist wegen einer jüngeren Frau.
Fragte man diese Frauen, weshalb sie so lange an einem Mann festgehalten hatten, der ihrem Seelenheil nicht bekam, bekannten die meisten von ihnen, sie seien aus Gewohnheit geblieben, aus Angst vor dem Alleinsein, um der Familie willen, der Freunde wegen, um des lieben Friedens willen oder einfach aus Trägheit. Womit die Gründe erschöpft waren. Nicht eine war geblieben, weil sie hoffte, in ihrer Ehe glücklich zu werden. »Zufriedenheit« reichte den meisten als Schlüsselbegriff für ihr Lebensziel aus.
Da tat es gut zu wissen, dass junge Mädchen heute weitaus kämpferischer und selbstbewusster durchs Leben liefen als so manche ihrer Mütter. Selbst ein nettes, wenngleich letztlich schlicht gestricktes Mädchen wie Lisa, der nun bei Gott niemand überbordende Intelligenz unterstellen konnte, ging in die Offensive, wenn man sie verarschte.
Meine dreiundzwanzigjährige Lisa schien eine ähnliche Haltung wie ich zu entwickeln, was mich für die Zukunft des weiblichen Geschlechts hoffen ließ. Wenn Männer zu anstrengend wurden, mussten sie entsorgt werden. Schnellstens und bevor sie bei Frauen irreparable Schäden wie Depressionen, Angstzustände oder Mutlosigkeit hinterließen.
Schließlich rückte Lisa mit der nächsten Überraschung heraus: Zwei Hamburger Polizisten hätten bei uns geklingelt. Im Rahmen eines Amtshilfe-Ersuchens hatte die Thüringer Staatsanwaltschaft die Hamburger Polizei um Mithilfe gebeten. Sie waren deshalb beauftragt worden, alle Besitzer von A6 und A8 Limousinen aufzusuchen und zu erfragen, wo sich die Fahrzeughalter an dem besagten Juniwochenende aufgehalten hatten, als in Thüringen zwei Leichen aufgefunden worden waren.
Zunächst hatte Lisa geglaubt, ohnmächtig zu werden, doch dann hatte sie sich gefangen, wie sie stolz erzählte, und den beiden besten Gewissens beschieden, der Halter des Audi A8 sei Martin Hillger und der sei am vergangenen Freitag erst aus St. Petersburg zurückgekehrt. Verschwörerisch blinzelte sie mir zu, als sie mir von dem Gespräch berichtete. Sie hätte den Polizisten dann noch gesagt, ich führe einen Audi TT und den Wagen meines Mannes würde ich nie im Leben anrühren, da er mir viel zu riesig und ungelenk sei. Höchstens zum Flughafen würde ich damit mal kutschieren. Daraufhin hätten die Jungs, wie Lisa sie nannte, sich für ihren Besuch fast entschuldigt, aber Dienst sei nun mal Dienst, und dann wären sie gut gelaunt gegangen. Tja, und da das alles so glimpflich abgegangen war, hatte Lisa beschlossen, mich und Hedwig damit nicht
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