Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten
lebenssprühende Lisa, die zunächst ängstlich darauf beharrte, wir müssten wegen des Briefes die Polizei einschalten. Schlussendlich überzeugte sie dann ausgerechnet der wohltuende Geruch des Briefpapiers davon, dass der Brief lediglich ein Jux sein konnte. Vielleicht war er dem enttäuschten Gehirn einer unserer Klientinnen entsprungen, die sich auf diese Weise dafür rächen wollte, dass sie ein Singledasein fristete. Davon gab es etliche. Selbstverständlich auch den einen oder anderen Mann, der einfach nicht vermittelbar war, weil er zu alt, zu fett oder zu mittellos war.
Also legten Lisa und ich die Sache mit dem Brief schließlich zu den Akten und sie erzählte mir, was sich in meiner Abwesenheit getan hatte. Sie hatte ein paar penetrante Anrufer besänftigt und vertröstet. Ein paar besonders renitente Klienten, die sich nicht abwimmeln ließen, hatte sie an mich weitergeleitet, wie ich ja wisse. Mit denen hatte ich ein paar neue Termine ausgemacht, bei dem einen oder anderen gar ein neues Rendezvous vorgeschlagen.
So weit hatten sich keine Katastrophen ereignet.
Nur Lisa wartete mit einigen Überraschungen auf. Sie war bei ihrem Freund Fred ausgezogen und übernachtete vorübergehend bei einer Freundin.
Fred hätte sie beleidigt, erniedrigt und gedemütigt, und zwar alles auf einmal und nicht zum ersten Mal. Doch an jenem Abend, da wäre er zu weit gegangen, begann sie ihre Geschichte.
Mitten auf einer Party hätte Fred lautstark einen Streit vom Zaun gebrochen und Lisa vor allen Gästen als Versagerin und Zicke beschimpft, deren Gehirn einem rapiden Schrumpfprozess ausgesetzt sei und die partout nichts raffe. Und das nur, weil sie nicht gewusst hätte, wer William Friedkin sei und dass der diesen berühmten Horrorklassiker »Der Exorzist« gedreht hatte. Als ob sie sich so was Blödes merken könnte. Ob ich mir so etwas jemals gemerkt hätte? Ich winkte resigniert ab.
Da könnte ich mal sehen. Sie wäre schließlich nicht doof und deshalb könnte sie sich ein so abgefucktes Benehmen auch ganz und gar nicht bieten lassen. Das ginge definitiv zu weit und verletzte ihren Stolz.
Und um diesem haarsträubenden Betragen die Krone aufzusetzen, hätte Fred sich von so einer rothaarigen Tusse anbaggern lassen. Die dachte wohl nach dem Theater, den Typen könnte sie jetzt abgreifen, und forderte Fred zum Tanzen auf.
Da hätte die Tante allerdings die Rechnung ohne Lisa gemacht. Ein solches Benehmen tolerierte sie weder von irgendeiner Tusse noch von Fred.
Deshalb hätte sie sich zwischen Fred und diese Tante gestellt und begonnen mit Fred zu tanzen. Ganz so, als wäre nichts gewesen.
Sehr zum Leidwesen von Fred, dem Wichser. Der hätte ziemlich blöd aus der Wäsche geschaut. Noch blöder aber guckte er, als die Tante ihren Irrtum erkannte und entnervt davonzog. Und dann legte Fred, der Bekloppte, die zweite Szene des Abends aufs Parkett, nach dem Motto, sie hätte diese Tusse beleidigt und sich hundsmiserabel aufgeführt, indem sie sich zwischen Fred und die Tante gedrängt hätte.
Fred wäre nicht ganz dicht in der Birne. Dass er sie beleidigte, indem er sich vor ihren Augen schamlos anbaggern ließ, das verdrängte der Kerl doch glatt.
Typischer Fall eines typischen Kerls. Zu dämlich zum Geradeausgehen. Gegipfelt hätte sein unverschämtes Betragen jedoch darin, dass er sie auf der Tanzfläche stehen ließ. Allerdings wäre ihr dieses Benehmen da schon so etwas von egal gewesen. Es hätte dem Abend lediglich die Krone aufgesetzt.
Der Kerl wäre echt plemplem und für sie erledigt.
Nun ja, machte ja nicht so viel. Oder doch. Aber nur kurze Zeit.
Wie sich herausstellte, war Lisa zwei Abende lang todunglücklich gewesen und hatte ununterbrochen in ihr Kopfkissen geweint. Das fand sie selbst übel. Andererseits beruhigte sie ihre Reaktion auch, bewies sie ihr doch, dass sie keine kaltschnäuzige Zicke war, die sich mal so eben von ihrem Freund trennte und das auch noch als besonders tolle Leistung abhakte.
Aber irgendwann war eben auch für Lisa Schluss mit lustig.
Nach zwei Tagen Dauerweinens hatte Lisa beschlossen, dass sie genug geweint habe, und die Heularie einfach beendet. Punkt. Aus. Vorbei.
Nun musste selbstverständlich ein neuer Mann her, denn solo durchs Leben zu laufen, dafür fand Lisa sich zu jung. Recht hatte sie, für ein Singledasein war sie tatsächlich zu jung.
Einen neuen Freund zu finden könnte jedoch nicht so schlimm sein, monologisierte meine Sekretärin weiter. Wozu
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