Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten
allgemeinen Wortschätz gehört hatte. Meine Mutter begann mit ihrer Selbstverwirklichung, indem sie meinen Vater einfing, ihn vor den Traualtar zerrte und ihn radikal domestizierte. Nicht mit Stress und Streit, sondern mit weiblicher Lust, List und Tücke.
Das heißt, meine Mutter tat, was ihr beliebte - und mein Papa freute sich geradezu königlich, wenn er meine Mama glücklich machen konnte.
Meine Mutter wusste also, was sie wollte, und selbstverständlich auch, wie sie es bekam. Deshalb wäre sie auch komplett überfordert gewesen, würde ich mich bei ihr vergraben oder verstecken. Sie müsste sich eingestehen, mit ihrer Erziehung gescheitert zu sein. Das ging natürlich nicht bei einer Frau, die von sich sagte, ein Scheitern käme in ihrer Lebensplanung nicht vor.
Meine Mutter würde an meiner Stelle dastehen wie eine Königin und eine Niederlage nicht dulden. Sie würde kämpfen. Gegen wen? Gegen Sarah Baerenbaum. Um was? Nein, nein. Um einen Mann. Sie würde selbstverständlich um die Ehre kämpfen, um ihre Ehre.
Und natürlich würde meine Mama gegen Sarah Baerenbaum gewinnen, wie sie immer gewann.
Ich sollte mir ein Beispiel nehmen. Ich versuchte es. Nachdem ich mit Meiser besprochen hatte, dass ich mich am nächsten Tag mit Sarah Baerenbaum treffen und ihm am Abend bei einem Glas Wein berichten würde, ging er schließlich und ich rief Sarah Baerenbaum an.
Es kostete mich eine gehörige Portion Überwindung und noch mehr Nerven, gut gelaunt mit ihr am Telefon zu plaudern, doch ich bekam es hin.
Ich entschuldigte mich, dass meine Magen-Darm-Grippe ein paar Tage mehr beansprucht hatte, als mein Hausarzt prognostiziert hatte, plauderte ein wenig über das Wetter und die nach dem Gewitter doch nunmehr einigermaßen erträglichen Temperaturen und verabredete mich mit ihr für den nächsten Morgen zu der Shoppingtour.
In der Nacht schlief ich hundsmiserabel. Ich wachte gegen halb vier Uhr schweißgebadet auf und konnte nicht wieder einschlafen. Ich stand auf, tigerte durch die Wohnung, trank ein Glas Wasser und wünschte mir, diese Frau liefe vor ein Auto, bekäme einen Schlaganfall oder dergleichen, nur damit ich ihr nicht begegnen müsste.
Ich legte mich schließlich wieder hin, versuchte mich zu entspannen und wartete auf den Schlaf. Vergeblich. Sarah Baerenbaum wirbelte durch meine Gedanken und gab keine Ruhe. Ich fragte mich, wie jemand tickt, der sich in mein Institut schmuggelte, mir den Ehemann abspenstig machen wollte, mich observieren ließ und zur Durchsetzung der eigenen Interessen gar über einen Auftragsmord nachdachte.
Ich wälzte die Frau durch alle meine Gehirnwindungen. Ich suchte nach einem Anhaltspunkt, um sie ansatzweise zu verstehen. Vergeblich. Ich wurde nicht schlau aus ihr.
Die Stunden trödelten durch die Nacht, ich dämmerte kurz weg, träumte wirres Zeug, wurde wach, dachte erneut über Sarah Baerenbaum nach und darüber, wie ich ihr freundlich und entspannt begegnen konnte, und wartete schließlich ungeduldig auf den Anbruch des neuen Tages.
Gegen halb acht ging ich in die Küche hinunter und bereitete mir das Frühstück.
Eule saß wie jeden Vormittag vor der Tür. Heute knurrte sie ungehalten. Sie fand es ebenso unangemessen wie ich, dass Hedwig sich gestattete, ihr Tagewerk später als üblich zu beginnen. Ich mutmaßte, sie hatte zu nachtschlafender Zeit mit Hannes Larentius telefoniert. Da der Mann durch seine Kellnerei erst zu später Stunde genügend Muße für ein Gespräch fand, nahm ich an, ihr Gespräch hatte bis weit in die Nacht gereicht, so dass Hedwig verschlafen hatte.
An diesem Morgen ließ ich den Hund rein, gab ihm ein paar Leckerlis und begann mich in Ermangelung eines anderen Gesprächspartners mit ihm zu unterhalten. Natürlich nicht über weltbewegende Dinge - dazu war es viel zu früh sondern über so belanglosen Kram wie die Frage, ob die Regenrohre gereinigt werden müssten, ob wir für die nächste Weinbestellung einen neuen Lieferanten ausprobieren sollten oder ob ich Lisa erklären sollte, zu ihren Aufgaben gehöre ab jetzt, die Terrassenpflanzen zu gießen.
Die Hündin schaute mir zu, wie ich mir einen Kaffee kochte, ein Brötchen aufbuk, das Müsli bereitete. Neugierig lauschte sie mit angehobenem Kopf meinen Worten. Eule war ein exzellenter Zuhörer. Sie widersprach nicht und quatschte nicht dazwischen.
Die nächsten zwei Stunden rannte die Zeit zwar auch nicht gerade, hatte aber immerhin schon mal einen Zahn zugelegt. Kurz vor halb
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