Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten
auch Frauen können ganz schöne Mistviecher sein.«
»Wie meinen Sie das denn schon wieder?«
Meiser lachte erneut.
»Sie zum Beispiel sind auch nicht ganz ohne. Auf einer Sympathieskala tangieren Sie mitunter den roten Bereich. Das bedeutet, Sie sind dann unerträglich zickig. Allerdings rede ich im Moment nicht von Ihnen.«
Seine Augen, in denen noch soeben der Schalk Samba getanzt hatte, wurden eine Spur schmaler und musterten mich ernst.
»Wissen Sie, ich bin so überfallartig hier hereingeschneit, weil Frau Baerenbaum meinen Kollegen fragte, woher man heute in Deutschland einen professionellen Killer bekommt. Und wir vermuten, die Frage stellte Sie Ihretwegen. Und wenn der Brief von ihr ist...« Meiser holte tief Luft. »Nun gut. Das kriegen wir schon noch raus.«
Mir klappte die Kinnlade in Richtung Brustbein, der Mund öffnete sich, die Zunge schoss heraus und schnellte wie ein Scheibenwischer bei Platzregen von Mundwinkel zu Mundwinkel. Ich spürte die hektische Bewegung meiner Zunge und es war mir gebührend unangenehm. Allerdings fand ich den Mechanismus zum Ausschalten nicht. Und der Mechanismus zum Atmen hatte auch gerade seinen Geist aufgegeben.
Jedenfalls fühlte ich mich wie jemand, dem man die Faust auf den Solarplexus geknallt hatte, so dass das Zwerchfell nun störrisch das Weiteratmen verweigerte.
Ich meine, dieser lavendelfarbene Drohbrief war mir wie eine Lachnummer erschienen. Doch Meisers Offenbarung glich einer Szene aus Wes Cravens »Scream«. Und ich sollte jetzt furchtbar schreien, angstvoll, hysterisch und durchgeknallt.
Dachte ich. Ich tat es aber nicht.
Vielleicht lag es daran, dass ich nicht unter der gleißenden Sonne Kaliforniens lebte, sondern mitten in Deutschland. Na ja, in Norddeutschland. Und wir Norddeutschen schreien einfach nicht ständig rum, nur weil wir gerade Angst haben oder erfahren, dass uns jemand ans Leder will.
Ich saß jedenfalls bei der Eröffnung, dass mir jemand tatsächlich nach dem Leben zu trachten schien, nur da und starrte den Mann an wie das Kaninchen die Schlange.
Das alles ließ nur einen Schluss zu: Ich saß im falschen Film.
Sarah Baerenbaum, diese dreiste Person, die in den unmöglichsten Kostümen mein Büro aufgesucht und der ich versprochen hatte, ihren Stil und ihre Ausstrahlung auf Vordermann zu bringen, diese impertinente Person wollte nicht nur meinen Mann, die wollte mich, ohne mit der Wimper zu zucken, umbringen lassen?
War die noch ganz dicht im Kopf?
Ausgerechnet mich? Mitten in Deutschland? Wir leben hier doch nicht in irgendeiner Bananenrepublik und ich hatte auch keinen Kontakt zu Drogenkartellen, der Mafia oder sonst irgendwelchen Organisationen, die in dem Ruf standen, missliebige Personen einfach mal eben so verschwinden zu lassen.
Das hatte doch nun beileibe keinen Stil. Dabei war die Frau in einem Internat erzogen worden. Und dann erlaubte die sich solche Patzer?
Und weshalb hatte ich diese Frau eigentlich nicht durchschaut? Ich hätte doch erkennen müssen, wes Geistes Kind Sarah Baerenbaum war. Immerhin besaß ich eine natürliche und durch meinen Job zusätzlich geschulte Menschenkenntnis.
Glaubte ich jedenfalls. Bis zu Meisers Offenbarung.
Immerhin hätte ich ohne diese Menschenkenntnis mein Eheanbahnungsinstitut doch bislang keinesfalls so erfolgreich führen können, oder? Ich meine, für eine solche Arbeit benötigte man Fingerspitzengefühl, eine geschulte Sensibilität für Zwischentöne, unartikulierte Wünsche, Vorlieben und Abneigungen. Man musste erkennen, welcher Typ Mann welche Art Frau bevorzugte und umgekehrt.
Wohin bloß hatte sich angesichts dieser Baerenbaum meine Menschenkenntnis verkrochen?
Sarah Baerenbaum hatte mich eingewickelt, auf den Arm genommen und übel gelinkt. Meine Menschenkenntnis konnte ich in der Pfeife rauchen. Ich war zu blöd, zu naiv, zu gutgläubig gewesen.
Mit anderen Worten: Ich hatte mich grottendämlich verhalten. Einfach bekloppt. Geradezu Lisa-mäßig.
Und da ich gerade bei der Wahrheit bin: Meinem göttlichen Gatten gegenüber war ich nicht weniger dämlich gewesen. Niemals wäre ich auf die Idee gekommen, der Mann betrüge mich. Ich hatte ihm blindlings vertraut, ihn nicht durchschaut, nicht gekannt, erkannt, gar verstanden oder was auch immer. Wie unangenehm und peinlich auch dieses Versagen. Immerhin hatte ich mit Martin dreizehn Jahre meines Lebens mehr oder weniger geteilt, zumindest aber unter einem Dach verbracht.
Ich hatte gar angenommen, ich sei
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