Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten
landen. Schließlich habe Eule entnervt aufgegeben und sich den beiden zu Füßen gelegt. Meiser und Larentius seien so vertieft in die Geschichte mit den beiden Leichen gewesen, dass sie gar nicht bemerkt hätten, wie die Zeit verging. Schließlich habe Larentius in sein Hotel fahren wollen, doch als er sich erhob, habe er feststellen müssen, dass ihm der Alkohol in den Gliedmaßen saß. Jedenfalls sei er etwas getaumelt, so dass Meiser ihm in den Strandkorb geholfen, in dem Hotel angerufen und ausgerichtet habe, Larentius käme einen Tag später, also am heutigen Samstag.
Während Hedwig Larentius ein stärkendes Frühstück mit Eiern, gebratenem Speck und frischen Brötchen bereitete, erzählte uns Larentius von Schuhriegel und dass der so sauer auf das Innenministerium und die Kriminalpolizei in Jena sei, dass er sich habe beurlauben lassen und seit anderthalb Wochen auf eigene Faust recherchiere. Wir müssten uns das mal vorstellen: Ein Dorfpolizist ermittle in einem Kriminalfall. Larentius lachte, Hedwig lachte und ich lachte, obgleich mir nicht nach Lachen zumute war.
»Ja, stellen Sie sich vor. Der hat doch tatsächlich noch einmal alle Leute in Bremsnitz und Ockersdorf befragt, die an dem fraglichen Abend, als der Junge von dem Storch erschlagen wurde, an dem Weiher waren.«
»Entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche, Herr Larentius, aber weshalb fiel der Storch damals eigentlich vom Himmel? So etwas hab ich ja noch nie gehört«, warf ich ein. »In Ockersdorf und Bremsnitz redete ja jeder über diesen Storch und es gab die absurdesten Erklärungen - nur plausibel waren die alle nicht.«
»Ja, ja, das war schon ein Ding. Wir, also Frau Maler und ich, wir wollten den Storch ja obduzieren lassen. Doch als wir am nächsten Tag zurückkamen, war von dem Vogel fast nichts mehr übrig. Olga hatte fast alles aufgefressen und nichts übrig gelassen außer dem Kopf mit dem Schnabel und den Beinen. Deshalb wissen wir es nun nicht. Es kann sehr wohl sein, dass der Storch einen Kreislaufkollaps hatte oder einen Gehirnschlag oder Ähnliches. Sagt der Veterinär. Das gibt es. Ich meine, die Vögel haben schließlich auch Stress, nicht wahr? Schon allein der Maschinenlärm immer, wenn die Ernte eingefahren wird. Aber wissen Sie, mal so unter uns: Wir, also Hugo, mein Schwiegersohn, und ich, wir denken, der Storch hatte eine Alkoholvergiftung und taumelte erst so rum und trudelte dann vom Himmel. Ich meine, der fiel ja runter, weil er nicht mehr fliegen konnte. Und wissen Sie was? Unser Dieter, das ist der Sohn vom Metzger Landach, der hatte einen in Spiritus eingelegten Frosch auf dem Hof stehen. In einem Ein-Liter-Einweckglas. Leider hatte das Glas keinen Deckel. Ja, und der Frosch ist spurlos verschwunden und das Glas mit dem Spiritus war umgekippt. Und zwar justament an dem Tag, an dem der Oskar starb, da verschwand der Frosch.«
Ich guckte Larenitus skeptisch an.
»Und Sie glauben, der Storch hat den toten Frosch geschluckt?«, warf Hedwig ungläubig ein und rieb sich gedankenvoll die faltige Stirn. »Also so etwas habe ich noch nie gehört.«
»Eigentlich machen die das auch nicht. Aber wer weiß? Vielleicht hat ihm ja eins der Dorfkinder einen Streich gespielt und ihn mit in Alkohol getränktem Brot gefüttert. Wäre ja nicht das erste Mal. Vielleicht hat er aber auch den Frosch erspäht, weil der gar nicht mehr im Glas lag. Und bevor er mitbekam, dass der tot war, hatte er ihn schon geschluckt.«
»Aber genau können Sie es nicht sagen?«
»Nein. Aber der Paul, der hat gesagt, den Kopf hätten sie doch eingeschickt. Ich glaub ja nicht, dass das was hergibt. Doch der Paul meinte, da gäbe es in Amerika so eine Hirnerkrankung bei Weißkopfseeadlern. Die knallen dann gegen Felswände oder fallen torkelnd aus dem Nest, weil die so wie unser Storch taumeln. Jedenfalls hätten die Amerikaner festgestellt, dass weder Viren noch Bakterien daran schuld sind.«
»Und woran liegt es dann?«, fragte ich.
»Da sollen Umwelt- oder Pflanzengifte zu richtigen Hohlräumen in der weißen Hirnmasse führen und die Forscher vermuten, dass die Seeadler sich die Krankheit von Wasservögeln holen, die sie als Beute verspeisen. Sagt Paul. Ich denke, das ist zu absonderlich. Und so weit weg. Von Amerika nach hierher, also nein. Wie soll das denn hier ein Storch bekommen?«
»Vielleicht über die Zugvögel?«
Larentius wackelte mit dem Kopf und zupfte an seiner Fliege, die er wie immer trug. Diesmal in dunkelbraun mit
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