Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten
und schaffen sie so weit wie möglich von hier weg.«
Während sie sprach, schossen Lisas Augenbrauen vor Begeisterung über die eigene Idee in die Höhe, und sanfte Falten machten sich auf der sonst so jugendlich glatten Stirn breit. Ein debiles Grinsen überzog das Gesicht. Auf eine merkwürdige Art schien sie nicht ganz dicht im Kopf zu sein. »Dann packen wir sie in irgendein verlassen aussehendes Waldstück. Und wenn jemand übermorgen drüber stolpert, ist das auch wurscht. Da werden sie wenigstens nicht von irgendwelchen Tieren angefressen.«
»Mensch, Lisa, jetzt reiß dich mal zusammen!« Ich wandte mich an Hedwig und versuchte die Situation zu entschärfen. »Ich glaube, die jungen Leute von heute gucken zu viele Horrorfilme.«
Hedwig schüttelte gekränkt den Kopf und zuckte resigniert mit den Schultern, während die weiße Spitze ihres Kragens auf dem blauen Kleid in kleinen Wellen auf- und niedertanzte.
»Aber vielleicht hat sie Recht. Vielleicht ist es gar nicht so abwegig«, nahm ich Lisas Gedanken auf, der mir nach kurzer Überlegung doch nicht so abenteuerlich erschien. »Ich meine, mal ehrlich. Die Nummer hat drei nicht zu schlagende Vorteile: Erstens wird uns, wenn wir es nicht entsetzlich dämlich anstellen, niemals jemand mit den beiden Toten in Verbindung bringen. Zweitens wird die Autopsie ergeben, dass der eine einem Herzinfarkt oder Ähnlichem und der andere einer Überdosis Rauschgift erlag. Mit anderen Worten, beide starben ohne so genannte Fremdeinwirkung - oder wie das in der Gerichtsmedizin auch immer heißt. Und drittens wird es in die Zeitung kommen und dann wird ganz Deutschland grübeln, weshalb die beiden Toten zwar eigentlich eines natürlichen Todes starben, der eine aber ein paar Knochenbrüche und ein Loch in der Stirn hat und der andere eine Glasscherbe im Ohr, die da erst nach seinem Tod hineinkam. Und den Zusammenhang kriegen sie nie raus. Das ist genial. Lisa, das ist einfach genial. Mal unabhängig davon, dass sie nach einer Autopsie einen Sarg und ein ordentliches Begräbnis bekommen.«
Auch meine Augenbrauen schlugen sich euphorisch zum Haaransatz durch, dürften aber tiefere Falten auf meiner vierundvierzigjährigen Stirn hinterlassen haben. Was soll‘s. Wir Mädels waren unter uns.
»Und die Schwellung da zwischen den Beinen?«
»Lisa!« Mein Blick warnte sie, mein eher radikales Abenteuer vor Hedwig auszubreiten.
»Das wird nur für noch mehr Verwirrung sorgen. Alles in allem ist es wirklich ein überdenkenswerter Vorschlag.«
Ich beugte mich zu Lisa hinunter und drückte ihr einen schnellen Kuss auf die wieder jugendlich faltenfreie Stirn, die sie schon während meiner Bewegung in Sicherheit zu bringen trachtete. Lisa hat tatsächlich einen Schaden, durchzuckte es mich. Aber ich hatte weder die Zeit noch die Nerven, mich ausgerechnet jetzt mit den Psychomacken meiner Angestellten auseinander zu setzen.
2
Nachdem Hedwig, Lisa und ich Gregor an jenem missratenen Donnerstagmorgen unter Mühen in die Garage, die über den Keller zu erreichen war, geschafft hatten, räumten wir auf und putzten auf Hedwigs Geheiß hin das Haus und Gregor samt seiner Brille, um mögliche Fingerabdrücke zu entfernen. Hedwig hatte Lisa und mir ein paar Gummihandschuhe spendiert, die wir artig trugen. Wir hatten beide keine Lust, uns mit ihr über diesen Unfug auseinander zu setzen. Das hätte nur Stress gegeben, und wir hatten auch ohne eine gereizte ältere Dame mehr als genug um die Ohren.
Gerhard Meinhard ließen wir in der Truhe. Der Mann musste mit meinen Fingerabdrücken übersät sein. Ich ignorierte es, Lisa schien es nicht zu interessieren, und Hedwigs emsiges Hausfrauengehirn kam erfreulicherweise nicht auf die Idee, den Mann in der Truhe von den Spuren meiner Tatkraft zu befreien.
Ich besaß hinreichende Gründe, nicht auf meine Fingerabdrücke hinzuweisen. Zum einen waren meines Wissen weder meine noch Lisas, schon gar nicht Hedwigs irgendwo registriert und zum anderen wollte ich den Anblick von Gerhard Meinhard niemandem häufiger als notwendig zumuten. Sein Gesicht hatte erheblich an menschlicher Kontur verloren, wie es sich jeder halbwegs fantasiebegabte Leser vorstellen kann.
Ich muss gestehen, dass ich an der morgendlichen Putzerei nur marginal beteiligt war. Ich war die Chefin, bezahlte die beiden und gestattete mir selbstverständlich ein paar Privilegien.
Endgültig entzog ich mich der Aufräumarbeit gegen zehn, also nach knapp zwanzig Minuten, da Sarah
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