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Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten

Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten

Titel: Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Buscha
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verstecken.«
    »Und wie kommt der nun ins Haus? Und weshalb ist ein so junger Mensch überhaupt tot? Das ist nicht normal.«
    Kopfschüttelnd schlug Hedwig den vom Hauptweg abbiegenden Pfad zu ihrem Haus ein.
    »Nein, Hedwig. Jetzt nicht, dazu ist jetzt wirklich keine Zeit.«
    »Ich muss aber.«
    »Hedwig, hör auf mit dem Unfug. Du musst jetzt keineswegs herumhüpfen.«
    Ich nahm Hedwig beim Arm und zerrte sie zurück zum Hauptweg Richtung Haupthaus. Sie wehrte sich kurz, indem sie mir ihr Gewicht entgegenstemmte, resignierte aber schließlich, während ich begann, ihr eine Kurzfassung der Ereignisse zu liefern. Aller Ereignisse, denn es schien mir ratsam, Gerhard Meinhard nicht unerwähnt zu lassen. Ich brauchte ihr Vertrauen - und vielleicht ihre Hilfe. Jetzt, wo sie von dem einen Toten Kenntnis hatte, kam es auf eine Leiche mehr oder weniger nicht mehr an. Dachte ich.
    Als ich ihr die Geschichte mit Meinhard offenbarte, blieb Hedwig abrupt auf dem Gartenweg stehen und wurde unter ihren rosig durchbluteten Wangen mit den zart violetten Äderchen, die durch die Haut schimmerten, schreckensblass. Sie sah mich an, schüttelte fassungslos den Kopf und drehte selbstvergessen und nervös am genieteten Schaft des Kartoffelmessers. Immerhin begann sie nicht noch einmal, mit den Fingern zu knacken. Dem Himmel sei Dank. Eine weitere Tränenarie war also nicht zu erwarten.
    Sie schwieg. Ich hatte sie offenbar überrumpelt, denn Sprachlosigkeit gehörte sonst nicht zu ihren Charaktereigenschaften.
    Mit meinen Erklärungen war ich längst am Ende, doch das erstaunte Schweigen hielt an. Ich wartete auf eine Reaktion, irgendeine. Von mir aus konnte sie jetzt schreien, toben, kreischen. Hauptsache, sie begriff meine Lage. Und war bereit, mir behilflich zu sein.
    Sie suchte nach Worten, hob mit einem gestammelten »Äh« an, brach kopfschüttelnd wieder ab und kratzte sich hektisch auf der Stirn, was ein paar rote Striemen hinterließ. Nach einer Weile, die mir endlos schien und in der ich sie nur hilflos beobachten konnte, reagierte ihr Sprachzentrum wieder.
    »Zwei Tote in diesem Haus. Tststs. Das letzte Mal habe ich solch eine Geschichte von deiner Großmutter gehört«, kommentierte sie das Erzählte schließlich trocken. Das Erstaunen war nunmehr auf meiner Seite.
    »Wie, von meiner Großmutter? Was denn für eine Geschichte?«
    »Na ja, so eine Geschichte eben mit einem Toten, den man nicht melden konnte. Allerdings ging es nur um einen Verschiedenen.«
    »Meine Großmutter hatte einen Toten im Haus?«
    Trotz der nervösen Anspannung, die die Ereignisse des Morgens in mir hervorgerufen hatten, lachte ich unwillkürlich auf. Das war die abenteuerlichste und verrückteste Behauptung, die ich seit langem gehört hatte - wozu man wissen muss, dass meine Großmutter eine Lady war, eine echte Lady mit weißen Handschuhen, die sie dreimal am Tag wechselte, und tonnenweise Personal, das seine weißen Handschuhe noch häufiger wechseln musste als die Hausherrin.
    »Du brauchst gar nicht so zu lachen. Ich bin nämlich nicht verrückt. Im Gegensatz zu dir, meine Liebe. Der Tote liegt seit fast fünfzig Jahren hinten im Garten unter dem lila Flieder begraben. Hat mir deine Großmutter jedenfalls kurz vor ihrem Tod erzählt, als deine Mutter sie hier im Haus pflegte.«
    »Das glaub ich nicht. Das wüssten wir.«
    »Deine Mutter weiß es sehr wohl.«
    »Hedwig, meine Mutter hätte es mir bestimmt erzählt.«
    »Ich denke nicht. Deine Mutter hat dir nie alles erzählt. Aber wenn du mir nicht glaubst, frag sie doch. Vielleicht erzählt sie es dir ja. Vielleicht auch nicht.«
    Was es auch immer mit der Geschichte mit dem Toten meiner Großmutter auf sich haben sollte, Hedwig hatte sich augenscheinlich endgültig beruhigt.
    Sie zuckte mit den Achseln und ging ins Haus. Ich stapfte etwas ungelenk hinterdrein, denn das Steißbein meldete sich erneut in meinem Schmerzzentrum an.
    »Lisa«, Hedwig ging beherzt auf Lisa zu, die neben dem verrenkt daliegenden Gregor auf der untersten Treppenstufe saß und sich den Ellenbogen rieb »wir sollten jetzt Ordnung schaffen. Schnell!«
    Lisa sah von ihrem Ellenbogen auf.
    »Das versuchen wir schon die ganze Zeit. Und wenn Sie nicht so rumgezickt hätten, wären wir schon ein ganzes Stück weiter.«
    »Lisa!« Meine Stimme hatte einen drohenden Unterton angenommen. Für Streitereien blieb keine Zeit.
    »Ist ja schon gut. Ich mein doch nur.«
    »Also, wenn dieser Herr wirklich tot ist, tragen wir ihn

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