Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten
fang jetzt nicht schon wieder von vorne an. Ich habe mit Laura gesprochen und ihr erklärt, dass ich die letzten Tage mit dir verbringe. Das versteht sie.«
»Na, das ist ja wohl die Krönung. Da brauchst du also auch noch ihre Einwilligung.« Meine Stimme wollte die Grenze zur Unschicklichkeit durchbrechen, doch noch hielt ich sie mühsam im Zaum.
»Himmel Herrgott.« Martin richtete sich auf und warf mir einen verärgerten Blick zu. »Du machst es einem aber auch schwer. Wirklich. Ich ...«
Martin setzte sich mir zu Füßen auf eine der beiden Fußbänke, die man aus dem Strandkorb herauszieht, und legte die Hände akkurat gefaltet zwischen seine Knie. Es sah bedeutungsschwanger aus. Oder angespannt. Ich denke, er war zum Zerreißen angespannt.
Ich wartete auf eine Fortsetzung des Satzes, doch nichts geschah. Martin schaute mich mit einem jener unterwürfigen Einwickelblicke an, die er bei solchen Anlässen draufhatte, doch die Nummer funktionierte an dem Morgen nicht.
»Dir fehlen doch nicht etwa die Worte?«, fragte ich.
»Was soll ich denn sagen?«
»Das ist ja wohl wieder mal typisch. Erst verletzt du mich zu Tode, und dann kommst du am nächsten Tag an und meinst, ein herzerweichender Blick reicht. Tut er aber nicht.«
»Ja, aber ich weiß doch auch nicht mehr, wie ich dir klar machen soll, dass ich mit der einen nichts hatte und mit Laura gestern Abend alles geklärt habe.«
»Dann musst du dir eben etwas einfallen lassen«, erwiderte ich trocken und ohne jegliches Gefühl, wie ich hoffte.
»Was macht eigentlich die Axt hinter dir?«
»Welche Axt?« Ich guckte ihn perplex an. Ich hatte sie in der Zwischenzeit vergessen und auch nicht damit gerechnet, dass mein Gatte abrupt das Thema wechselte.
Einen Themenwechsel hatte ich mit dem Rat, sich etwas einfallen zu lassen, gewiss nicht gemeint. Aber so sind sie nun einmal, die Männer. Wechseln einfach das Gesprächsthema, wenn sie nicht weiterwissen.
Eheratgeber bezeichnen dieses Ablenkungsmanöver gemeinhin als eine der prägnanten männlichen Charaktereigenschaften, auf die Frauen gelassen reagieren sollten, wenn sie einen Streit vermeiden und eine glückliche Ehe führen möchten.
Mir allerdings lag nicht daran, einen Streit zu vermeiden. Wenn ich Recht hatte, hatte ich Recht. Und wenn das zu Stress führte, konnte ich es nicht ändern. Mehr gab es dazu nicht zu sagen. Sollten diese blöden Ratgeber doch raten, was sie wollen.
Martin wartete auf eine Antwort.
Ich griff schließlich hinter mich, wo die Axt in der Ritze zwischen Sitzpolster und Rückwand lag, und zog sie hervor.
»Ich dachte, ich bringe dich damit um.«
Erleichtert, dass ich endlich auf seine Frage reagierte, lachte Martin laut auf. »Sehr clever. Leg die Axt jetzt weg und küss mich endlich.«
Der Mann hatte einen Knall. Wirklich. Hielt sich eine Geliebte oder zwei, was weiß ich, und wenn der ganze Affenzirkus rauskam, glaubte er, alles sei bestens, nur weil er diese Geliebte in Spitzengeschwindigkeit abschaffte. Was er zumindest behauptete. Und meinte nun, da er die Verhältnisse gerichtet hätte, könnten wir weitermachen wie zuvor.
So dämlich kann doch nur ein Mann sein. Als hätte er mir nicht eine Wunde in der Tiefe einer Schifffahrtsrinne zugefügt. Ich meine, sind Männer nun so dämlich - oder sind Frauen wie ich nicht normal? Eine Antwort erübrigt sich - oder?
Jedenfalls nahm Martin mir die Axt aus den Händen, legte sie auf die Terrasse und wollte mich umarmen. Widerwillig stieß ich ihn weg. Er richtete sich auf, murmelte »Claire, Claire« und ließ sich in seinen Liegestuhl fallen.
Ich war stinkig. Eine Umarmung konnte er sich abschminken.
Und es war mir auch völlig wurscht, dass meine Mutter mir in meiner Kindheit erklärt hatte, einen Streit dürfte man niemals mit in den nächsten Tag hinübernehmen. Der Ratschlag war ehrenwert, doch in dieser Situation untauglich. Dessen war ich mir ebenso sicher wie ich wusste, ich würde mich rächen.
Ja, Sie haben richtig gelesen. Irgendwann würde ich mich an ihm für diese Schmerzen rächen. Das verspreche ich Ihnen.
Während Martin sich also gekränkt in den Liegestuhl zurückzog und in einer Zeitschrift blätterte, schielte ich nach der Axt und fluchte leise in mich hinein.
Natürlich hätte ich Martin nicht umgebracht. Jedenfalls nicht mit der Axt. Das wäre ja auch viel zu blöd. Auf meiner Terrasse, mit meiner Axt. So ein Unfug.
Dennoch gefiel mir die Idee nicht schlecht. So ein winzig kleiner Mord und
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