Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten
hinauf, als der Moderator schließlich auch noch über aufgefundene Beweisstücke sprach. So sei am Tatort eine Harke gefunden worden, mit der die Täter versucht hätten, die Reifenspuren in dem durchweichten Waldweg zu beseitigen. Dennoch hätte die Polizei einen Reifenabdruck von dem unter einem Baum geparkten Audi sichergestellt. Des Weiteren habe man stark verschmutzte Fasern eines Verbandes auf der Harke sicherstellen können, jedoch keine Fingerabdrücke.
Immerhin eine erfreuliche Nachricht unter all den Hiobsbotschaften, doch gegen meine Übelkeit kam sie nicht an. Ich würgte mit an die Kacheln gelehntem Kopf und hoffte auf ein Abflauen des Brechreizes.
Scheiß-Hedwig, diese halb blinde Person! Hatte einen genialen Einfall und war zu blöd, ihn umzusetzen. Nun gut, zu ihrer Entschuldigung musste ich gelten lassen, dass es in Strömen gegossen hatte. Da konnte jeder ein Stück Reifenspur übersehen. Andererseits hätte Hedwig, wenn sie uns schon so lange warten ließ und diese Plackerei auf sich nahm, ihren Job auch zuverlässig erledigen können. Als Haushälterin wusste sie doch, wie das ging. Und dass sie die Harke vergessen hatte! Meine Güte. Die Frau war doch plemplem!
Allmählich ließ die Übelkeit nach, dafür überzog Zornesröte mein Gesicht, wie ich anhand der Hitze wahrnahm, die meinen Kopf zu umnebeln begann. Ein Blick in den Spiegel gegenüber der Dusche bestätigte mein Gefühl. Ich stand da mit hochroten Wangen. Die Augen aufgerissen, den Mund in debilem Erstaunen halb geöffnet, umspielte meine Lippen ein irres Grinsen.
Ein Achtzehnjähriger hatte Zeichnungen von uns angefertigt! Ich kriegte mich nicht ein. Der Junge musste ein begabter Beobachter und Zeichner sein, sonst hätte die Polizei einen professionellen Phantomzeichner hinzugezogen, so viel stand schon mal fest. Die Geschichte gefiel mir ganz und gar nicht. Und dass der Junge putzmunter durch die Gegend lief, gefiel mir ebenfalls nicht.
Bei dem Gedanken zuckte ich zusammen. Ich starrte wieder in den Spiegel. Ich hatte noch immer den Blick einer Irren. War ich jetzt genauso verrückt wie Hedwig?
Fahrig warf ich mir den Morgenmantel über und verließ hastig das Bad. Ob ich aussah wie eine verlotterte Wasserratte, interessierte mich nicht die Bohne.
Ich eilte in die große Personalküche, die abseits meiner kleinen Küche hinter meinem Büro lag. Den Luxus einer Zweitküche hatte sich noch meine Großmutter ausgedacht, eine ihrer besonders schlauen Eingebungen. Gott hab sie selig. Oder wer auch immer.
Hedwig stand mit dem Rücken zu mir und eine hechelnde Eule saß ihr zu Füßen. Sie arrangierte gerade das Frühstück für mich und Martin auf einem Tablett, als ich auf sie zustürzte und mit aufgeregt heller Stimme stakkatohaft wiederholte: »Hast du die Nachrichten gehört? Mach das Radio an! Meine Güte, Hedwig ...«
Hedwig ließ vor Schreck das Honigglas fallen, das sie gerade auf das Tablett stellte. Mit einem hellen Klirren zerschellte das Glas auf den Marmorkacheln. Glassplitter vermischt mit dem weißgelben Rapshonig sprangen über den Küchenfußboden in alle Richtungen davon. Eule quietschte auf, sprang artistisch über die Scherben hinweg, verkroch sich unter dem Küchentisch und legte das ihr verbliebene Ohr aufgeregt an.
Hedwig hatte sich, während das Glas zerschellte, blitzschnell umgewandt. Die Füße weit auseinander gestellt, den Oberkörper leicht vorgeneigt, hielt sie in der rechten Hand ihr Messer, das wie üblich in dem Lederetui am Gürtel ihres Kleides befestigt gewesen war.
Die Messerspitze wies auf mich. Ich blieb wie angewurzelt stehen.
Abwehrend hob ich die Hände und wies mit dem Zeigefinger auf das Messer, das bedrohlich in meine Richtung zeigte. Wie mir ein Blick auf meine Hände verriet, zitterten sie mal wieder.
Hedwig blickte auf das Kartoffelmesser in ihrer Hand und schüttelte ratlos den Kopf.
»Himmel, Herrgott, erschrick mich doch nicht so. Das halten meine Nerven ja nicht aus. Und bleib vor allem stehen, wo du bist. Du hast ja nicht mal Schuhe an. Was ist denn passiert, dass du hier wie eine Furie hereinschießt?«
Sie steckte das Messer zurück in den Gürtel, schnappte sich einen Lappen, bückte sich und begann mit routinierten Bewegungen, das klebrige Gemisch aufzuwischen. Ihr weißer Kragen wippte auf dem dunkelblauen Kleid, während ihr Saum den Fußboden berührte.
»Hör auf damit. Hör sofort auf. Komm hoch und sieh mich an!«, keifte ich. Mag sein, dass es Menschen gibt,
Weitere Kostenlose Bücher