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Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten

Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten

Titel: Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Buscha
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deren Nerven erstklassigen Drahtseilen glichen. Reißfestigkeit lebenslang garantiert. Mir hatte jemand den Ausschuss angedreht und von Garantie konnte keine Rede sein.
    »Mein Gott, Claire.« Hedwig hielt kurz in ihren Bewegungen inne und schaute verdutzt zu mir hoch. »Bist du in Ordnung? Soll ich dir einen Johanniskrauttee kochen? Der beruhigt die Nerven.«
    »Hör auf mit dem Teegefasel und guck dir lieber dein Kleid an. Das schleift auf dem Fußboden.«
    Ich keifte noch immer aufgebracht durch die Küche.
    Während Hedwig sich nach ihrem Saum umdrehte, den Wischlappen achtlos zur Seite legte und mit spitzen Fingern prüfte, ob am Saum Honig klebte, setzte ich zu einer weniger atemlosen Erklärung meines Verhaltens an. Hedwig war fündig geworden, streifte mit scharfer Klinge und verrenktem Kopf den Honig vom Saum und führte das Messer zum Mund, um den Honig abzulecken.
    Der Leichenfund rief keine Reaktion bei ihr hervor. Hätte ich mir ja denken können.
    Sie lutschte immer noch lüstern an der Messerklinge, als ich ihr von der Harke erzählte, die man bei den Toten gefunden hatte. Sie verschluckte sich. Ein krampfartiger Hustenanfall überrollte sie, das Messer schoss aus ihrem Mund, von der rechten Hand fest umklammert. Mir blieb fast das Herz stehen, sah ich doch schon aufgeschlitzte Lippen, eine zersäbelte Zunge und literweise Blut, das sich seinen Weg entlang ihres Kleides Richtung Fußboden bahnte. Und wer müsste den Fußboden wischen, wenn Hedwig sich verletzte? Ich. So weit kam es noch.
    Währenddessen krümmte Hedwig sich zusammen. Mit der einen Hand hielt sie sich den Mund zu, mit der anderen, die immer noch das Messer hielt, hämmerte sie auf ihrer Brust herum.
    Tränen liefen ihr die Wangen hinunter.
    Ich rührte mich nicht von der Stelle. Ich hätte ihr einen Stuhl unter den altersplatten Hintern schieben oder den Rücken klopfen können, um ihr Erleichterung zu verschaffen. Aber sollte ich barfuß durch die Glasscherben spazieren? Bin ich so belämmert wie Königspudel Eule? Wohl nicht.
    Ich wartete, bis sich der Anfall gelegt hatte, was eine Weile dauerte und meine aufgescheuchten Nerven mehr als zuträglich strapazierte. Doch dann ließ der Husten nach. Das Weinen blieb. Eule kroch unter dem Tisch hervor und schlich mit eingeknickten Vorderpfoten behutsam auf Hedwig zu, um ihren Kopf an Hedwigs Oberschenkel zu reiben. Die Hündin meinte es gut mit ihrer Wahlherrin. Die Fürsorglichkeit nutzte nur nichts.
    Schluchzend keuchte Hedwig: »O Gott, Claire. Der verdammte Regen ... Dieser Regen ist schuld ... Ich muss die Harke vergessen haben, als ich die Plastiktüte für meine verschmutzte Hose aus dem Kofferraum nahm. Ich muss sie vergessen haben, weil ich so schnell wie möglich ins Auto zurückwollte. Es goss doch so fürchterlich. Und du warst schon so ungehalten. O mein Gott!«
    Sie weinte weiter, die Arme um die Taille geschlungen, schien sie sich in sich selbst verkriechen zu wollen. Eule schubberte mit dem Kopf immer noch an Hedwig Schürze.
    Normalerweise hätte Hedwig mir Leid getan.
    Diesmal nicht. Sie wartete vergebens auf ein Zeichen von Verständnis oder Mitleid. Schließlich verließ sie die Küche, den Kopf mit dem dürren Haarkranz eingezogen. Eule folgte ihr betreten.
    Mir war schon klar, was Hedwig vorhatte. Sie ging mal wieder eine Runde hüpfen - als ob das unser Problem gelöst hätte.
    Kaum war ich ins Bad zurückgekehrt, klingelte mein Handy. Es war Lisa, aufgeregt, stotternd, hysterisch, also genauso durch den Wind wie ich. Sie hätte gerade die Nachrichten gehört. Was wir denn nun tun sollten?
    Ich versuchte sie zu beruhigen. Eine durchgedrehte Dreiundzwanzigjährige fehlte mir gerade noch. Ich klaubte alle Argumente zusammen, derer ich habhaft wurde und von denen ich wider Erwarten eine erkleckliche Anzahl parat hielt.
    Sie klangen sogar ganz plausibel.
    Wer sollte jemals auf die Idee kommen, unsere Autos zu untersuchen? Es gab nicht einen Hinweis, dass ausgerechnet wir die drei Personen waren, die eine emsige Polizei in Hamburg als Täter verdächtigte. Mal unabhängig davon, dass Polizisten zwar mit größtem Vergnügen Strafzettel für falsches Parken verteilten, bei der Bekämpfung oder gar Aufklärung von Verbrechen jedoch ein erhebliches Defizit aufwiesen. Und außerdem lebten in Deutschland rund vierundachtzig Millionen Menschen, davon allein in Hamburg anderthalb Millionen. Sie möge also aufhören, sich zu sorgen, und Vernunft annehmen. Es läge außerhalb jeder

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