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Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten

Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten

Titel: Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Buscha
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Familie.«
    Ich lächelte. »Weil der Mann hier liegt?«
    »Nein, weil sie alle mit Toten zu tun haben. Ihre Großmutter, Ihre Mutter, die den ja beerdigt hat, und nun Sie mit Ihren Leichen da in Bremsnitz. Echt eigenwillig. Und ich bin mir nicht sicher, ob ich den Job angenommen hätte, wenn ich das damals schon gewusst hätte.«
    Ich lächelte nicht mehr.
    »Was willst du damit sagen?«
    »Das weiß ich auch nicht so genau. Aber normal ist Ihre Familie nicht. So viel steht schon mal fest.«
    »Aha« war so ziemlich das Intelligenteste, was mir zu Lisas Bemerkung einfiel. »Und nun?«
    »Weiß ich nicht. Hab ich doch schon gesagt.«
    Während wir uns unterhielten, betrachtete ich das Gras unter dem Flieder. Ich hatte geglaubt, einen Erdhügel vorzufinden oder zumindest eine leichte Erhebung, doch es gab weder das eine noch das andere.
    Nun war die Beerdigung zwar fünfzig Jahre her, doch Lisa und ich fragten uns, wie meine Mutter ein so unscheinbares Grab hinbekommen und was sie mit der restlichen Erde gemacht hatte. Meine Mutter und mein Vater hatten nämlich von Gartenarbeit noch weniger Ahnung als ich, die ich mich zumindest für meine alten, englischen Rosen interessierte.
    Ein paar Tage später erzählte mir meine Mutter übrigens, dass sie die überflüssige Erde im ganzen Garten verteilt hätten. Mit einem Wischeimer und einer Schaufel. Mein Papa trug den Eimer und meine Mama verteilte die Erde. Heimlich und nachts, ist ja klar.
    Ich staunte in mich hinein, als sie mir das erzählte. Meine Mutter war doch praktischer veranlagt, als sie im Familienalltag offenbart hatte.
    Ich konnte mich nicht erinnern, meine Mama auch nur einmal mit einer Gartenschere, einem Hammer oder selbst einem Küchenmesser in der Hand gesehen zu haben. Dennoch schien sie Talente zu besitzen, von denen wir nichts ahnten.
    Muss auch an der Generation meiner Frau Mama liegen. Frauen wie ich oder meine Freundin Lizzie glauben, wir seien emanzipiert, wenn wir einen Dübel genauso schnell in die Wand bekommen wie ein Mann. Meine Mama hielt davon augenscheinlich gar nichts. Besser noch: Sie hütete offensichtlich ein paar Geheimnisse über ihr handwerkliches Geschick und dürfte sich jedes Mal köstlich über uns so genannte selbständige Frauen amüsieren. Denn eines war schon mal klar: Meine Mutter war ihr Leben lang von dienstwilligen Männern umgeben gewesen, die nur darauf warteten, ihr behilflich sein zu können. Ob es nun um das Schneiden von Rosen oder einen Ölwechsel ging. Meine Mutter sah stets so verloren drein, dass ihr sofort jemand beisprang.
    Nachdem wir eine Weile geschwiegen hatten, nahm Lisa das Gespräch wieder auf: »Ja, wie ich schon sagte: Hedwig und ich haben vorhin telefoniert und wir sind beide der Meinung, wir sollten nach Bremsnitz fahren und uns den Typen angucken.«
    Ich winkte Lisa, mir zu folgen und machte mich auf den Rückweg zur Terrasse.
    »Und was, wenn wir dahin fahren und der uns tatsächlich identifizieren kann?«, fragte ich.
    »Dann beseitigen wir ihn. Was denken Sie denn? Machen die im Kino ja auch immer. Wir könnten ihn erschießen. Oder erschlagen. Mit der Axt, die da in Ihrem Strandkorb lag, als ich kam. Das gibt allerdings eine Riesenschweinerei .« Lisa kicherte und wirkte bereits erheblich entspannter als noch ein paar Minuten zuvor.
    »Aber es hätte den großen Vorteil, dass man bestimmt keine Frau damit in Zusammenhang bringen würde.« Auch ich musste bei dem Gedanken lachen.
    »Sehen Sie. Sag ich doch. Es hätte allerdings den Nachteil, dass Hedwig wochenlang beleidigt durchs Haus rennen würde, weil sie die Schweinerei beseitigen müsste. Und das will ja nun auch wieder keiner.«
    Lisa entnahm ihrer Rocktasche eine Sonnenbrille und schob sie sich auf den Kopf.
    »Tschüs denn und schönen Tag noch«, verabschiedete sie sich, als wir auf der Terrasse ankamen.
    »Bist du sicher, dass du klarkommst?«
    »Ich denke schon«, erwiderte sie und war bereits im Gehen begriffen. Martin schlief. Hedwig werkelte in der Küche herum und Lisa verschwand für diesen Tag aus meinem Haus.
    Ich setzte mich in meinen Strandkorb.
    Welch eine Ruhe. Was für eine Idylle.
    Ich betrachtete meine Terrasse, die ich über alles liebte. Gleich neben dem Strandkorb wuchs eine orangefarbene Gloire de Dijon in einem Kübel, der im Halbschatten unter den Ästen eines alten Kirschbaumes stand. Die Kirsche hatte ihr Blätterdach über die Jahre hinweg bis über einen Teil der Terrasse gespannt und spendete im Hochsommer

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