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Mein Mann der Moerder

Mein Mann der Moerder

Titel: Mein Mann der Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind
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ihr mit der Frau sprechen?«

    »Nee«, antwortete Matze. »Mit der kann man nicht reden, die ist völlig durch den Wind. Aber wir haben sie ein bisschen durch die Stadt gejagt und abgeschossen.« Er lachte dreckig, so als hätte er einen versauten Witz erzählt. Dabei entblößte er seine schlechten Zähne, von denen einige zu schwarzen Stümpfen verfault waren. Der sonst so abgebrühte Matze hatte Angst vorm Zahnarzt.

    Abgeschossen – das hieß, sie hatten die arme Frau verfolgt und sie gegen ihren Willen fotografiert. Als wenn das nötig gewesen wäre.

    »Ihr wisst aber schon, dass ihr noch mal hinmüsst?«, fragte Sarah scheinheilig, während sie Kaffeepulver in die Filtertüte löffelte. »Hartmut wird sich nicht damit zufriedengeben, wenn ihr nicht wenigstens mit den Nachbarn dieser Frau gesprochen habt, um ganz sicherzugehen …«

    Basti und Matze nickten im Duett und erinnerten Sarah ein wenig an die Wackeldackel, die immer noch manchmal auf den Hutablagen der Autos alter Männer saßen und den anderen Verkehrsteilnehmern zunickten.

    »Klar«, antwortete Matze. »Wir bleiben an der Alten dran. Aber erst mal wollen wir einen Kaffee.«

    Sarah seufzte. Warum hatte sie bloß ihr Jurastudium abgebrochen?

    *

    Als ich die Augen öffnete, lag ich auf der Liege in einem weiß getünchten Raum, der aussah wie das gewöhnliche Behandlungszimmer eines Arztes. Ich versuchte aufzustehen.

    »Liegen bleiben«, befahl eine Stimme wie aus dem Off. Ein Mann in Weiß stand plötzlich vor mir und hielt mich sachte an der Schulter zurück. Hilmar Meyer, Sanitäter, las ich auf dem Namensschild, das an der Brusttasche seines weißen, kurzärmeligen Poloshirts klemmte. Der Sanitäter hatte muskulöse, stark behaarte Unterarme, die mich, wäre mein Vertrauen in das männliche Geschlecht nicht gerade so erschüttert worden, bestimmt auf unsittliche Gedanken gebracht hätten.

    »Der Arzt hat Ihnen eine Spritze gegeben, ein kreislaufstärkendes Mittel«, erklärte Hilmar Meyer und lächelte. Obwohl er noch relativ jung war, höchstens Mitte dreißig, hatte er kaum noch Haare auf dem Kopf. Er war groß und kräftig. Die Speckrollen, die sich unter seinem Poloshirt wölbten, verrieten, dass er zur Fettleibigkeit neigte. Dieser Mann war nicht gerade ein Adonis. Doch seine Augen – sie waren grün – verliehen ihm eine Anziehungskraft, der man sich schwer entziehen konnte. Hilmar Meyer hatte den Blick eines Menschen, der eins ist mit sich. Wie ein tiefgläubiger Christ, der in der Gewissheit lebt, dass alles im Leben seine Bedeutung und Richtigkeit hat.

    »Wo bin ich hier überhaupt?«, fragte ich matt.

    »Sie sind noch immer im Polizeipräsidium«, antwortete Hilmar Meyer. »Beim Polizeiarzt.«

    »Ich wusste gar nicht, dass die Polizei einen eigenen Arzt hat«, erwiderte ich.

    »O ja. Der Polizeiarzt hat eine ganz normale Praxis im Präsidium und drei Sanitäter noch dazu.« Hilmar Meyer lächelte wieder.

    »Ich, ich, möchte gehen.« Nun stotterte ich schon.

    »Sie sollten wirklich noch einen Moment liegen bleiben«, insistierte Meyer sanft.

    »Aber ich will nach Hause«, erwiderte ich.

    »Und was ist, wenn Sie wieder umkippen?« Seine Stimme klang ehrlich besorgt. »Zu Hause kann sich niemand um Sie kümmern. Und so ein Kreislaufzusammenbruch ist kein Pappenstiel.«
    Seine gut gemeinte Bemerkung versetzte mir einen Stich. Sogar der Sanitäter wusste, wer ich war – die Frau eines Mörders, der auf der Flucht war.

    »Sie können mich nicht gegen meinen Willen festhalten. Ich habe nichts verbrochen!«, antwortete ich heftig.

    »Aber natürlich nicht«, lenkte Meyer ein. »Ich meine es wirklich nur gut mit Ihnen.«

    So, wie der Sanitäter mich ansah, hatte ich nicht den geringsten Zweifel daran, dass es stimmte. Hilmar Meyer hatte diesen Beruf ergriffen, um den Menschen zu helfen.

    »Okay«, sagte Meyer. »Ich telefoniere mit dem Arzt. Mal sehen, was der sagt.« Der Sanitäter zog sein Handy aus der Hosentasche.

    Der Arzt war sofort am Telefon. »Ja, hallo, Otto. Hier ist Hilmar«, sagte Meyer. Er duzte seinen Vorgesetzten also. »Sag mal, Frau Rabe ist wieder zu sich gekommen. Es geht ihr besser und sie möchte nach Hause. Ist das in Ordnung? Kann ich sie gehen lassen?« Meyer nickte. »Okay, mach ich«, antwortete er und klappte sein Handy wieder zusammen. »Also, wir messen jetzt noch einmal Blutdruck, und wenn der in Ordnung ist, können Sie gehen.«

    Meyer rollte mit seinem Stuhl zum Schreibtisch und griff

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