Mein Mann der Moerder
den Kopf. »So, so«, sagte er.
»Natürlich war ich unvorsichtig. Aber muss ich deshalb … Ich meine, dürfen die Journalisten …« Ich sprach viel zu schnell, verhedderte mich, stolperte über meine Worte.
»Natürlich nicht«, half mir Dr. Zimmer. »Sie haben ein Recht am eigenen Bild. Außerdem könnte es streng genommen sogar Diebstahl sein, wenn die Journalisten die Fotos tatsächlich aus der Altpapiertonne geklaubt haben.« Noch immer studierte er den Text. »Haben Sie mit jemandem von der Illustrierten geredet?« Zimmer sah mich fragend an.
»Nein«, presste ich hervor, um nicht loszuheulen. Zimmer war – so gut er auch aussah – kein Mann, an dessen Schulter sich eine Frau ausweinen wollte. Ihn umgab eine unüberbrückbare Distanz, die er vermutlich zu all seinen Mandanten wahrte.
»Dieses Zitat ist also erfunden?«, hakte der Anwalt nach.
Wieder nickte ich nur.
Zimmer schüttelte den Kopf. »Wir werden denen verbieten, Ihre Fotos weiter zu veröffentlichen, geschweige denn zu verkaufen. Außerdem muss Die Illustrierte drucken, dass die Redakteurin nie mit Ihnen gesprochen hat. Sie werden sehen: Bald haben Sie Ihre Ruhe.«
»Danke sehr«, sagte ich.
»Auch die Scheidung kriegen wir sicher schnell durch«, fuhr Dr. Zimmer fort.
Ich nickte matt: »Neben der Sache mit meinem Mann habe ich ein weiteres Problem. Ich habe meinen Job verloren.« Ich zog das Kündigungsschreiben aus meiner Handtasche und gab es Dr. Zimmer.
Der Anwalt überflog die Zeilen. »Haben Sie wirklich unentschuldigt gefehlt?«, fragte er.
»Nein, die Geschäftsleitung hat mir angeboten, eine Auszeit zu nehmen. Frau Terlinden hat mich sogar weggeschickt, als ich wieder arbeiten wollte«, sagte ich mit bebender Stimme.
»Gab es über diese Auszeit eine schriftliche Vereinbarung?«, fragte Dr. Zimmer.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Leider nicht.«
Zimmer legte die Stirn in Falten.
»Also«, sagte er dann. »Es wird kein Problem sein, Ihnen die Journalisten vom Hals zu schaffen. Aber das mit der Kündigung …« Zimmer sprach den Satz nicht zu Ende. »Die Agentur wird sich darauf berufen, dass Sie tagelang ohne ärztliches Attest gefehlt haben. Wir werden natürlich vortragen, dass die Geschäftsführerin Ihnen ausdrücklich erlaubt hat, eine Auszeit zu nehmen. Aber, wenn die Auszeit nicht schriftlich vereinbart worden ist, wird es schwierig.«
»Die haben mich in die Falle gelockt«, wandte ich verzweifelt ein.
»Das mag ja sein«, entgegnete Dr. Zimmer. »Nur müssen wir vor Gericht glaubhaft machen, dass es tatsächlich so war. Ich will Ihnen nicht das Blaue vom Himmel versprechen. Dass unentschuldigtes Fehlen ein triftiger Grund für eine fristlose Kündigung sein kann, hat auch das Bundesarbeitsgericht klargestellt.«
»Aber das ist gelogen.« Meine Stimme überschlug sich.
»Frau Rabe«, sagte Dr. Zimmer und trommelte nervös mit den Fingern auf seine lederne Schreibtischunterlage. »Wir müssen den Tatsachen ins Auge blicken. Ihren Job werden Sie wahrscheinlich nicht wiederbekommen. Aber wir können sicher durchsetzen, dass Ihre Kündigung von einer fristlosen in eine ordentliche Kündigung umgewandelt wird. Und eine Abfindung rausschlagen. Natürlich werde ich für Sie tun, was ich kann. Aber ich fürchte, Ihren Job sind Sie los. So leid es mir tut.«
Frustriert verließ ich die Kanzlei. Ich fühlte mich nackt wie ein gerupftes Huhn. Ohne Mann. Ohne Job. Ohne respektables Leben. Alles hatte ich verloren. Zwar hegte ich keinen Zweifel daran, dass Dr. Zimmer alles Erdenkliche für mich tun würde, aber er hatte ja bereits gesagt, wie düster die Aussichten waren. Natürlich würden Lorenz und Saskia mich nicht wieder einstellen, nachdem sie diesen miesen Trick ersonnen hatten, um mich loszuwerden.
Es war zum Verrücktwerden.
*
Dr. Anton Zimmer schüttelte den Kopf. Was für eine hübsche Frau, dachte er und dann so neben der Spur.
Zimmer wählte die Nummer vom Berliner Express – die Durchwahl von Sarah Obermeier, seiner alten Kommilitonin, die das Jurastudium abgebrochen hatte, um Journalistin zu werden. Zimmer hatte das nie verstanden. Für ihn gab es keinen schöneren Beruf als den des Anwalts. Er stritt sich für sein Leben gern. Und als Anwalt verdiente er sogar noch Geld damit.
Schon im Kindergarten war er keinem Streit aus dem Weg gegangen, hatte sogar selbst welchen angezettelt, den er allerdings grundsätzlich nie mit Fäusten, sondern ausschließlich mit Argumenten
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