Mein Mann der Moerder
kleinen Brillanten, goldene und silberne Kreolen, waren noch da. Nur der Schmuck, den Tobias mir geschenkt hatte, war verschwunden. Der Ring aus Rotgold war weg. Auch die Kette, ein filigraner Strang, geflochten aus Silber und Gold, fehlte. Das goldene Collier, das Tobias mir zu Weihnachten geschenkt hatte – weg. Ich hatte es ohnehin nie getragen, weil es mir zu protzig schien. Mir wurde ganz mulmig. Da wir keinem Nachbarn je unseren Haustürschlüssel anvertraut hatten, gab es nur eine Möglichkeit: Tobias war in der Wohnung gewesen. Und er hatte sich den Schmuck zurückgeholt. Aber warum?
Es schellte an der Tür. Ich zuckte zusammen. Auf Zehenspitzen schlich ich zum Wohnzimmerfenster und spähte nach draußen auf die Straße. Unten vor der Haustür stand der Postbote. Erleichtert ging ich zur Wohnungstür und drückte auf den Summer. Der Postbote polterte die Treppen hinauf. Ich öffnete.
»Guten Tag, Frau Rabe. Ich habe ein Einschreiben für Sie.« Obwohl meine Wohnung im ersten Stock lag, war der Bote völlig aus der Puste. Er reichte mir den Brief. »Ich brauche eine Unterschrift«, sagte er und hielt mir ein kleines elektronisches Gerät und den dazugehörigen Stift hin. Mit der freien Hand wischte er sich den Schweiß von der Stirn.
Ich klemmte das Einschreiben unter meinen linken Oberarm und kritzelte meinen Namen auf das Display des Gerätes.
Der Postbote nickte zufrieden. »Schönen Tag noch«, sagte er, drehte sich um und lief die Treppe wieder hinunter. Hatte der Postbote, der auch Tobias kannte, nicht gelesen, was passiert war? Jedenfalls hatte er sich – ganz Profi – nichts anmerken lassen. Die Deutsche Post stieg in meiner Achtung.
Während ich die Tür mit dem Fuß zuschob, riss ich den Umschlag auf und fingerte das Schreiben aus dem Kuvert.
Der Briefkopf der Agentur kam zum Vorschein. Mit zittrigen Händen faltete ich das Schreiben auseinander und las:
Sehr geehrte Frau Rabe.
Warum siezten mich die Kollegen denn plötzlich?
Wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen, dass wir das Arbeitsverhältnis mit Ihnen nach § 626 BGB Abs. 1 fristlos kündigen. Da Sie mehr als drei Tage unentschuldigt im Büro gefehlt haben, sehen wir leider keine Möglichkeit, Sie weiter zu beschäftigen. Wir danken Ihnen für die Zusammenarbeit und wünschen Ihnen für Ihre Zukunft alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Lorenz Schmidt, Saskia Terlinden
Ich schnappte nach Luft. Saskia, diese Schlange. Sie hatte mich in eine Falle gelockt. Diese Hexe! Natürlich war ich als Ehefrau eines Mörders nicht mehr tragbar für die PR-Agentur. Aber da ich fest angestellt war, hätte mich die Geschäftsleitung, zu der ja auch Saskia gehörte, nicht so ohne Weiteres feuern können. Schließlich hatte ich mir nie etwas zuschulden kommen lassen. Die Agentur hätte nicht mal Gründe für eine Abmahnung gehabt. Ein schmutziger Trick war gefragt und jemand, der sich dafür hergab. Und das war natürlich – wie immer – Saskia gewesen.
Wutentbrannt griff ich zum Telefon und drückte die Taste, unter der Saskias Handynummer gespeichert war. Tatsächlich ging sie gleich ran.
»Schämst du dich nicht?«, schrie ich ins Telefon.
Einen Moment lang war es still am anderen Ende. Ich dachte schon, Saskia würde einhängen, doch sie räusperte sich nur, suchte nach Worten.
»Ich bitte dich, Mädchen«, sagte sie schließlich. »Wie lange warst du nicht in der Agentur?« Ihre Stimme klang tadelnd wie die einer Lehrerin. »Wir mussten so handeln. Auch wenn es uns leidtut«, sagte die Schlange und legte auf.
Hauptkommissar Wöste sah mich mitleidig an.
»Frau Rabe, Ihr Mann war nicht in Ihrer Wohnung. Das bilden Sie sich ein.«
Seine herablassende Art machte mich wütend.
»Ach so!«, fauchte ich. »Ich soll also glauben, dass ein Einbrecher sich zielsicher den Schmuck herauspickt, den mein Mann mir geschenkt hat, und die wirklich wertvollen Stücke liegen lässt? Das glauben Sie doch wohl selbst nicht!«
Nun schlug Wöste einen väterlichen Ton an. »Frau Rabe, Sie sind sehr durch den Wind, das habe ich Ihnen neulich schon gesagt. Vielleicht haben Sie den Schmuck in Ihrer ersten Wut weggeworfen und können sich jetzt nicht mehr daran erinnern. Das ist nichts Ungewöhnliches. Stresshormone, wie zum Beispiel Adrenalin oder Cortisol, können Nerven und Synapsen bei zu großer Anspannung schädigen. Das wirkt sich mitunter auf das Erinnerungsvermögen aus.«
Aha, der Kommissar hatte seine Schmach bei dem
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