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Mein Mann der Moerder

Mein Mann der Moerder

Titel: Mein Mann der Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind
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Klingel. Matze zeigte auf den Namen und wieherte lautlos, so wie er es immer tat, wenn er sich über etwas lustig machte, ohne dass es jemand hören sollte. Es war ein geheimes Ritual. Nachdem Basti jedoch den Klingelknopf gedrückt hatte, waren ihre Mienen wie auf Kommando ernst geworden. Nötzelmann – dieser Name hatte sie ein altes Mütterlein erwarten lassen.

    Und dann stand plötzlich Kristina in der Tür. Sie war barfuß gewesen, das war Basti als Erstes aufgefallen, hatte kleine, niedliche Füße und zartrosa lackierte Zehennägel. Sie trug ein kurzes Kleidchen. Ihre blonden Locken waren zum Pferdeschwanz gebunden. Und obwohl Kristina Brillenträgerin war und Bastian bebrillte Frauen eigentlich nicht ausstehen konnte, war er sofort verzaubert gewesen. Kristina hatte eine süße Stupsnase und lächelte. Sie mochte Ende zwanzig sein, also gut zehn Jahre jünger als er.

    Selbst nachdem sich Basti und Matze vorgestellt hatten – »Guten Tag, wir kommen vom Berliner Express und haben ein paar Fragen …« –, war ihr Lächeln nicht eingefroren. Normalerweise schlugen die Leute ihnen die Tür vor der Nase zu, sobald sie begriffen, dass sie Journalisten vor sich hatten. Doch Kristina schien angenehm überrascht zu sein. Selbst als er und Matze nur Sekunden später, wie von der Tarantel gestochen, die Treppe hinuntergestürmt waren, weil die Rabe wie aus dem Nichts aufgetaucht war, blieb Kristina oben auf dem Treppenabsatz stehen und sah interessiert zu. Als die Rabe die Polizei holen wollte, hatte Kristina ihn und Matze sogar wieder zu sich hochgewunken und »Schnell, schnell!« geflüstert.

    Das hatten sich Matze und er nicht zweimal sagen lassen. Dieser blonde Schutzengel gewährte ihnen Asyl. Normalerweise pöbelten die Leute sie an und drohten ihrerseits mit der Polizei. Matze und er waren also wieder nach oben gestürmt und in Kristinas Wohnung gehuscht.

    »Wollt ihr ’n Tee?«, fragte Kristina.

    Basti und Matze nickten.

    »Einen Moment, ich ziehe mir noch schnell was über«, lächelte Kristina. Dabei fand Basti, dass sie bestens angezogen war.

    »Setzt euch ruhig«, forderte Kristina sie auf und deutete mit dem Kopf auf eine Tür.

    Im Wohnzimmer ließen sich die beiden auf das alte, durchgesessene Sofa fallen.

    Kurz darauf kehrte Kristina zurück. Sie hatte sich eine verwaschene Jeans angezogen und hielt in beiden Händen ein Tablett, auf dem Becher, eine Teekanne und ein Teller mit Schokoladenkeksen standen.

    »Ich hoffe, ihr mögt grünen Tee?«

    Matze und Basti nickten beflissen.

    »O ja, super, danke«, sagte Basti artig, obwohl er grünen Tee hasste und sicher war, dass auch Matze lieber ein Bier gezischt hätte.

    Als Kristina ihnen aus der bauchigen Kanne Tee in die Becher schenkte, stierten Matze und Basti ihr ungeniert in den Ausschnitt. Kristina trug einen pinkfarbenen BH aus Spitze. Basti war entzückt. Gleichzeitig dachte er an die Feiglinge, die er nach dem Kaffee, den Sarah Obermeier gekocht hatte, heimlich auf der Redaktionstoilette gekippt hatte. Er bedauerte jedes Fläschchen, weil er sicher eine Fahne hatte.

    Kristina ließ sich auf einem Sitzkissen nieder.

    »Und ihr seid echte Journalisten?«, fragte sie mit einer Bewunderung in der Stimme, die nicht zu überhören war.

    Diese Bewunderung tat gut. Soooo guuut. Basti hatte sich in den vergangenen Jahren immer wieder für seinen Beruf rechtfertigen müssen. Vor seinen Eltern, die Ärzte waren und die schwer geschluckt hatten, als ihr Sohn nicht mal das in ihren Augen ohnehin minderwertige Philosophiestudium gepackt hatte. Vor seinen Freunden, die alle politisch eher links waren, Wallraff gelesen hatten und Basti anmoserten, weil er Boulevardjournalist geworden war. Selbst seine Exkommilitonen, diese arbeitslosen Philosophen, die mit über dreißig noch immer in WGs lebten, weil sie ihre Miete nicht allein bezahlen konnten, sahen auf ihn herab. Manchmal kam es Basti vor, als ob selbst raffgierige Banker und Spekulanten mehr Ansehen genossen als Boulevardjournalisten. Deshalb war Kristinas Anerkennung Balsam für seine geschundene Journalistenseele.

    »Wir machen das schon ein paar Jahre«, sagte Basti und bemühte sich, möglichst abgeklärt zu klingen.

    »Toll«, antwortete Kristina. »Und wie seid ihr da rangekommen? Ich meine, viele Leute wollen doch Journalisten werden; das ist doch ein Traumberuf. Aber es ist nahezu aussichtslos, ein Volontariat zu kriegen.«

    Bei dem Wort ›Traumberuf‹ wurde Basti ganz warm ums

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