Mein Mann der Moerder
Magen.
Matze drehte seinen Scanner, den er immer bei sich trug und mit dem er den Polizeifunk abhörte, etwas leiser. Es war sowieso nichts los. Sommerloch.
Matzes zweites, ebenfalls gesellschaftlich geächtetes Hobby war das Pupsen. Er pflegte dieses Hobby, wo er gerade ging und stand, nahm keine Rücksicht auf seine Mitmenschen, da es aus seiner Sicht medizinisch nicht zu verantworten war, das Furzen auch nur eine Sekunde zu unterdrücken. Man bekam doch Bauchweh, wenn man den Weg nicht frei machte für die Luft, die sich durch den Darm drückte. Und was für eine Erleichterung, wenn die Luft aus dem Körper wich. Haaaach. Und dieses Odeur …
Matze lehnte sich ein bisschen zur Seite, hob seinen Allerwertesten an. Geburtshilfe für Pupse, nannte er das. Wenn Basti gleich von Kristina zurückkam, sollte er zur Strafe ruhig ein bisschen im Nebel sitzen. Zwar war Basti sein Kollege. Sie waren wie eine Streifenwagenbesatzung, fuhren immer zu zweit raus, weil jede Geschichte einen Schreiber und einen Fotografen brauchte. Aber ein bisschen Strafe musste schon sein. Denn auch wenn Matze es niemals zugegeben hätte, beneidete er seinen Kollegen glühend. Basti hatte nun eine Frau, die ihn in der Mittagspause beglückte, ihm Lunchpakete packte (die meistens Matze verdrückte) und abends auf ihn wartete.
Matze hatte schon sehr lange keine Freundin mehr gehabt. Wenn er nach der Arbeit nach Hause kam, pflanzte er sich vor den Computer, surfte stundenlang im Internet, vertrieb sich seine Lebenszeit mit Ballerspielen oder saß sie vor dem Fernseher ab. Dabei löffelte er Dosensuppe und zischte ein Bier nach dem anderen, bis er irgendwann, wenn der Morgen graute, besoffen ins Bett fiel. Oder er ging noch ins Kap Hoorn, seine Stammkneipe, aß dort eine Currywurst mit Pommes, zischte ein Bier nach dem anderen, bis er irgendwann im Morgengrauen nach Hause torkelte.
Matze konnte mittlerweile keine Currywurst mit Pommes mehr sehen, Ballerspiele langweilten ihn. Auch wenn er in der Redaktion gern den einsamen Wolf aus Überzeugung mimte, litt er sehr unter dem Alleinsein. Sicher war er nicht gerade ein Traumexemplar von Mann. Aber die Weiber waren auch alle so zickig, jedenfalls die, die ihm so im Verlag über den Weg stöckelten. Er brauchte eher so einen Typ Frau zum Pferdestehlen. Könnte auch ruhig ein bisschen molliger sein. Matze hasste diese ausgehungerten, bärbeißigen Zicken.
Das Einzige, womit Matze in seinem Leben wirklich zufrieden war, war sein Job. Basti und die Obermeierin, diese abgebrochenen Akademiker, fühlten sich ja insgeheim zu Höherem berufen. Die Texte, für die der Express sie immerhin mit einer ordentlichen Pauschale entlohnte, waren natürlich unter ihrer Würde. Matze fehlte für diesen Hochmut wirklich jedes Verständnis. Andere Leute schufteten in Fabriken, leerten Mülltonnen, fuhren Taxi oder saßen den ganzen Tag in muffigen Büros und erledigten langweiligen Schreibkram. Journalisten waren dagegen immer da, wo gerade was los war. ›Am Puls der Zeit‹, wie Basti schwülstig formulieren würde. Er und die Obermeierin waren ja heimliche Weltverbesserer, die nun darunter litten, so wenig erreichen zu können. Matze hatte dagegen ein recht schlichtes Motiv für seine Berufswahl gehabt: Neugierde. Ja, er konnte sich nicht helfen. Wenn immer irgendwo ein Mord geschehen war, wollte er wissen, was da genau passiert war, wie das Opfer aussah und der Täter. Und natürlich auch, was den Täter getrieben hatte. Basti faselte immer etwas von »menschlichen Abgründen«, die »viel über den Zustand der Gesellschaft verrieten«. Abgehobenes Geschwafel. Matze wollte einfach nur wissen, was passiert war. Und warum. Mehr nicht.
Damit, dass Journalisten wie er am Leid anderer Leute verdienten, hatte er nicht das geringste Problem. Schließlich verdienten auch Bestattungsunternehmer ihr Geld mit dem Tod. Boulevardjournalisten kamen außerdem nur den Bedürfnissen ihrer Leser entgegen. Die gierten nämlich regelrecht nach Katastrophen. Auch wenn sie sich über Journalisten empörten, entlarvten die Leseranalysen diese Heuchler regelmäßig. Denn Berichte über Katastrophen, Morde, Unfälle und Gerichtsverfahren wurden am häufigsten gelesen. Und dass Schaulustige Polizei und Feuerwehr den Weg versperrten, erlebte Matze fast jedes Mal, wenn er und Basti zu einem Einsatz ausrückten. Neugier gehörte nun mal zur menschlichen Natur …
Außerdem fand Matze, dass er es weit gebracht hatte. Gleich nach der
Weitere Kostenlose Bücher