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Mein Mann der Moerder

Mein Mann der Moerder

Titel: Mein Mann der Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind
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mittleren Reife hatte er sein Hobby, das Fotografieren, zum Beruf gemacht. Und während seine ehemaligen Lehrkollegen jetzt Hochzeiten, Einschulungen und Konfirmationen knipsten, war er aus der Provinz nach Berlin gegangen und Pressefotograf geworden.
    Der einzige seines Jahrgangs. Auf den Klassentreffen der Berufsschule war er der viel bewunderte Star. Ihn umwehte der Nimbus des großen Abenteuers. Matze konnte nicht leugnen, dass er diese Bewunderung genoss. Außerdem verdiente er viel mehr als seine Kollegen, und das, obwohl er nicht fest angestellt war.

    Fehlte zu seinem Glück nur noch die richtige Frau. Matze seufzte durch seine befreite Nase. Ob er es mal übers Internet versuchen sollte? Oder über eine Kontaktanzeige? So weit war es schon gekommen, dass er sich auf den Restpostenmarkt der Liebe umschauen musste, um ein Weib abzukriegen. Und wenn er eine Frau finden wollte, musste er ja wohl auch lernen, sich zu benehmen. Oder? Dürfte nicht mehr popeln und furzen … Wollte er das wirklich?
    Aber vielleicht gab es ja auch Frauen, die nach Herzenslust rülpsten, furzten und in der Nase bohrten. Aber wollte er so eine? Mit der würde er sich ja nur blamieren. Denn zu den Redaktionsfeiern wollte er sie schon mitnehmen können. Aber wenn sie gut im Bett war und kochen konnte, würde das schon wieder einiges aufwiegen.

    Plötzlich öffnete Basti die Wagentür und riss Matze aus seinen Tagträumen. Atemlos ließ sich sein Kollege auf den Beifahrersitz fallen.

    »Alter, das wurde aber auch langsam Zeit«, zischte Matze. »Wir müssen zurück in die Redaktion. Die Obermeierin kriegt einen Herzinfarkt.« Sein Ton geriet eine Spur schärfer als gewollt.

    »Hab dich nicht so«, antwortete Basti ruhig. Er war viel zu entspannt, als dass er sich jetzt von Matze provozieren ließ. Außerdem ahnte er, dass sein Kumpel neidisch auf ihn war.

    »Du warst eine halbe Stunde weg«, knurrte Matze und ließ den Wagen an. So war das immer, dachte er bitter. Weiber verfügten über magische Kräfte, verhexten Männer, dass sie nicht mehr wiederzuerkennen waren. Sobald eine Frau ins Spiel kam, war man seinen Kumpel los. Das hatte er nun schon ein paar Mal erlebt. Doch wenn Basti fremdging, konnte er das auch.

    Er würde sich auch auf die Suche nach einer Frau machen. Im Internet. Heute Abend noch.

    *

    Mitten in der Nacht schreckte ich aus dem Schlaf hoch. Im Treppenhaus waren Schritte zu hören. Es dauerte einen Moment, bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten und ich schemenhaft die Umrisse der Möbel erkennen konnte.

    Da. Wieder. Die Holzstufen knarrten leise im Abstand mehrerer Sekunden, so als würde derjenige, der durchs Treppenhaus schlich, zwischen den Schritten lauschen, ob sich im Haus etwas regte. Und erst nachdem alles still blieb, bedächtig den Fuß auf die nächste Stufe setzen.

    Ich saß aufrecht im Bett und horchte. Die Wand des Schlafzimmers grenzte ans Treppenhaus. Wieder ächzte die Holztreppe. Mein Atem ging schneller. Ausgeschlossen, dass einer der Nachbarn so leise die Treppen hinaufging, um niemanden zu wecken. Die arbeitslose Bibliothekarin pflegte selbst zu nachtschlafender Zeit mit ihren wechselnden Liebhabern die Treppe hochzujagen, um sich mit ihnen, kaum dass ihre Tür mit einem lauten Knall ins Schloss gefallen war, geräuschvoll auf dem Fußboden des Flurs zu verausgaben. Und der Oberstudienrat aus dem Erdgeschoss war gehbehindert, mied jede Treppe, selbst die, die in den Keller hinabführte.

    Die Journalisten schieden ebenfalls aus. Obwohl diese Aasgeier noch immer nicht aufgegeben hatten. Den Schlaks hatte ich in den letzten Tagen ein paarmal um die Mittagszeit aus dem Haus kommen sehen, während sein dicker Freund im Auto auf ihn wartete. Doch sie würden wohl kaum ihre Nachtruhe opfern, um endlich mit mir ins Gespräch zu kommen.

    Ich hatte mich in den letzten Tagen in meiner Wohnung verkrochen. Ich aß immer noch nichts, trank nur literweise ungezuckerten Kaffee, lag auf dem Bett, starrte an die Decke oder dämmerte vor mich hin, betäubt von den Tabletten.

    Da war es wieder. Dieses lang gezogene Ächzen, wie ein Klagelaut. Kein Zweifel: Jemand schlich durchs Treppenhaus. Und er war entweder auf dem Weg zu mir oder zu der Bibliothekarin im zweiten, was ich allerdings nicht glaubte. Mit klopfendem Herzen schlüpfte ich unter meiner Decke hervor. Vorsichtig, damit die Federn der Matratze nicht quietschten, stand ich auf, legte mein Ohr gegen die Wand zum Treppenhaus.

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