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Mein Mann der Moerder

Mein Mann der Moerder

Titel: Mein Mann der Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind
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nie eine andere Rolle gespielt. Natürlich kam meine Mutter nicht. Aber das war mir egal. Denn ich spielte für Peter. Für ihn ganz allein. Dass die Leute aufstanden und klatschten, als ich nach der Vorstellung die Bühne betrat, interessierte mich nicht.

    Doch Peter ließ mich zappeln. Zunächst äußerte er sich gar nicht zu meinem Spiel. Erst als die anderen alle gegangen waren, drückte er mich an sich. »Du warst großartig. Ich habe gewusst, dass du es packen wirst«, lobte er. Und dann küsste er mich. Auf den Mund.

    Die ganze Nacht konnte ich nicht schlafen. Peter hatte mich geküsst. Ob er das Gleiche für mich empfand wie ich für ihn? Natürlich hatte ich mich in ihn verliebt. Ich fühlte mich bei ihm geborgen. Er gab mir die Wärme, die ich sonst so schmerzlich vermisste. Und nun, nachdem ich schon ein kleines bisschen davon gekostet hatte, wollte ich mehr. Ich war bereit, alles zu tun, nur um seine Wärme nicht wieder zu verlieren.

    Im Sommer fuhren wir mit der Jugendgruppe ein paar Tage an die Nordsee. Wir wohnten in einem Tagungs- und Erholungsheim, in dem die Kirche Fortbildungsseminare für Erwachsene veranstaltete. Das Haus war viel komfortabler als eine gewöhnliche Jugendherberge, verfügte über geräumige Doppelzimmer, in die wir zu zweit ziehen sollten. Peter kannte den Betreiber, nur deshalb waren wir dort untergekommen. Schon im Bus legte Peter die Zimmergenossen fest. Das war ungewöhnlich, denn eigentlich überließ er uns sonst die Wahl. Doch er meinte, das gehöre zum Lernziel dieser Reise, auf der wir üben sollten, uns auf jemanden einzulassen, den Peter für uns aussuchte.

    Wir waren dreizehn Jungen und Mädchen. Es war klar, dass einer übrig bleiben würde. Durfte etwa jemand mit Peter das Zimmer teilen? Insgeheim hoffte ich, dass die Wahl auf mich fallen würde. Jedes Mal, wenn Peter ein neues Duo zusammengewürfelt hatte, war ich froh, dass mein Name nicht gefallen war. Ganz anders als sonst, wenn ich meine Tränen hinunterschlucken musste, weil die anderen mich nie freiwillig in ihre Volleyballmannschaft wählten oder ich selbst dann immer bis zum Schluss übrig blieb, wenn wir uns in Paaren zusammenschließen sollten. Denn obwohl ich mich immer bemühte, nett zu allen zu sein, blieb ich eine Außenseiterin, die die anderen nur notgedrungen duldeten, weil wir eine kirchliche Jugendgruppe waren.

    Tatsächlich blieb ich übrig. Aber diesmal freute ich mich insgeheim, weil ich hoffte, mit Peter das Zimmer teilen zu dürfen.

    Doch er sagte: »Nun habe ich noch ein Doppelzimmer, in das Xenia ziehen darf. Und zwar ganz allein.« Nina, ein Mädchen, das schon sauer gewesen war, weil Peter mir die Rolle der Maria im Krippenspiel zugeteilt hatte, maulte, warum »ausgerechnet die ein Einzelzimmer bekommt«.

    Peter wies sie zurecht. Ganz laut, sodass alle es hören konnten, sagte er: »Das hat Xenia sich verdient. Sie hat sich sehr in die Gruppe eingebracht und gerade in der letzten Zeit alles für euch organisiert. Das ist schon lange ein kleines Dankeschön wert.«

    Der Stolz über dieses Lob ließ mich die Enttäuschung darüber vergessen, dass ich nun doch nicht in Peters Zimmer schlafen durfte. Es war ja auch eine etwas naive Hoffnung gewesen.

    Mein Zimmer hatte ein Fenster mit Blick aufs Wasser und ich konnte das Rauschen der Nordsee hören. Tagsüber wanderten wir im Watt, abends grillten wir an einer abgelegenen Stelle am Strand, obwohl es eigentlich verboten war. Peter hatte seine Gitarre dabei. Wir sangen Lieder aus der Mundorgel , die wir allesamt auswendig kannten, und fielen abends todmüde ins Bett. Mit dem Rauschen der Nordsee im Ohr schlief ich ein.

    Irgendwann in der Nacht wachte ich auf, weil mich jemand küsste. Meine Stirn, die Wange, den Mund, den Hals. Sehr zärtlich – Peter. Sein Bart kratzte, sein Atem roch nach Rotwein und Zigarettenqualm. Er lag halb auf meinem Bett, sein Oberkörper war nackt.

    Peter sagte kein Wort. Als er merkte, dass ich wach geworden war, verschloss er mir den Mund mit Küssen, schob mir seine Zunge in den Mund. Und ich … erwiderte seine Küsse. Ich hatte ja beim Flaschendrehen in der Schule gelernt, wie das ging. Während ich sonst so gut wie nie irgendwo mitmachen durfte, war ich bei diesem Spiel gefragt, weil es zu viele Mädchen gab, die sich zierten.

    Peter kroch zu mir unter die Decke, drückte sich an mich, sodass ich seine Erregung spürte. Nun erschrak ich doch. Ich war zwar kein Kind mehr, aber meine Liebe zu Peter

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