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Mein Mann der Moerder

Mein Mann der Moerder

Titel: Mein Mann der Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind
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Sportplatz, der so früh am Morgen noch verwaist war. Dahinter erhob sich ein alter Backsteinbau mit hohen Fenstern. Die modernen Anbauten, bunt gestrichene Betonkästen, die wahrscheinlich nach der Wende aus dem Boden gestampft worden waren, um der wachsenden Schülerzahl Herr zu werden, bildeten einen gewöhnungsbedürftigen Kontrast zwischen Alt und Neu. Das war also das Schulzentrum Harre, in dem Antonia die dritte Klasse des Gymnasiums besucht hatte. Auffällig viele Kinder und Jugendliche, wurden von ihren Eltern mit dem Auto zur Schule gebracht. Die Klein- und Mittelklassewagen verursachten einen kleinen Stau. Während sich die Kinder herzlich von ihren Eltern verabschiedeten, sich umarmen und küssen ließen, verrieten die mürrischen Gesichter der Jugendlichen, dass es ihnen peinlich war, von ihren Eltern zur Schule gefahren zu werden. Aber nach dem, was mit Antonia passiert war, ließen sich die Eltern in diesem Punkt vermutlich auf keine Diskussion ein.

    Ich wendete und fuhr langsam zurück. Schräg gegenüber von Schule und Sportplatz bemerkte ich einen Kiosk. Ich bog nach rechts ab, in die Richtung, in der ich Antonias Elternhaus vermutete. Eine belebte Straße. Einfamilienhäuser, eine Fahrschule, eine Bäckerei. Vor dieser Bäckerei musste morgens, als Tobias Antonia in seinen Wagen gezerrt hatte, reger Betrieb geherrscht haben. Meine Gedanken rasten. Warum war Tobias ein so hohes Risiko eingegangen, erwischt zu werden? Eine Anwohnerin hatte sich später an den schwarzen BMW mit Berliner Kennzeichen erinnern können, der auffallend langsam durch die Straße gefahren war.

    Nach etwa einem Kilometer, auf dem aber auch wirklich jeder Flecken Erde bebaut und belebt war, stieß ich wieder auf die Straße, in der Antonia gewohnt hatte. Ich überlegte: Das Mädchen hatte wahrscheinlich nicht einmal zehn Minuten zu Fuß bis zur Schule gebraucht. Mit einem Mal wurde mir ganz mulmig. In meiner Vorstellung hatte Tobias Antonia auf ihrem langen, einsamen Weg abgepasst. Doch das Mädchen hatte einen kurzen, belebten Schulweg gehabt.

    Ich parkte das Auto am Straßenrand. Mein Magen rebellierte, und zwar nicht nur, weil ich nichts gegessen hatte. Ich senkte meine Stirn auf das Lenkrad und lauschte meinem Atem. War Antonia ein Zufallsopfer gewesen? Oder hatte Tobias sich dieses Mädchen gezielt ausgesucht?

    Nach einer Weile richtete ich mich wieder auf, drehte vorsichtig den Kopf. Das Elternhaus von Antonia wirkte verlassen. Im Vorgarten war niemand zu sehen. Ich öffnete die Wagentür und stieg aus. Antonia war Einzelkind gewesen, das hatte ich irgendwo gelesen. Ihre Eltern hatten wahrscheinlich lange versucht, ein Kind zu bekommen. Ihre Mutter war schon über vierzig gewesen, als Antonia geboren wurde.

    Wie ferngesteuert bewegte ich mich auf das Haus zu. Die Vorhänge hinter den Fenstern waren zugezogen. Eigentlich wollte ich mir die Villa nur ansehen. Aber dann konnte ich nicht widerstehen. Das war nicht ich, die die Pforte zum Vorgarten öffnete. Ich hörte, wie meine hohen Absätze auf die Steinplatten klackten, laut und ordinär. Ich bedauerte, keine Turnschuhe angezogen zu haben.

    Die Sonnenblumen im Vorgarten ließen ihre schweren Köpfe hängen, ihre Blütenblätter waren in sich zusammengefallen.

    Vor der Haustür hielt ich inne, überlegte, ob ich wirklich klingeln sollte. Was wollte ich von diesen Leuten? Mich entschuldigen für meinen Mann? Ich konnte doch nichts für seine Tat. Aber vielleicht warteten Antonias Eltern ja sogar auf ein Zeichen aus Tobias’ Familie.

    Plötzlich schlug ein Hund an. Ich zuckte zusammen. Das Tier, ein großer, dunkler Köter, sprang hinter dem geriffelten Glas an der Haustür hoch und bellte. Mir schlug das Herz bis zum Hals. Mein Blick fiel auf das Türschild. Es war aus glasiertem Ton, wellig an den Rändern, wie von ungelenker Kinderhand geformt. Hier wohnen Klara, Luttger und Antonia Schreyer. Die Namen waren aus einer dünnen Schlange gefertigt worden. Wahrscheinlich hatte Antonia das Schild in der Schule getöpfert.

    Ich drückte den Klingelknopf. Es schellte. Ein langes, schrilles Klingeln. Ich erschrak. Wollte nur noch wegrennen.

    *

    »Spree von 2713.«

    Kaum, dass er ein paar Stunden geschlafen hatte, wurde Matze vom Polizeifunk unsanft geweckt. Das gleichmäßige Rauschen, von dem sich Matze beim Einschlafen immer vorstellte, es sei das Meer, hatte sich von einer Sekunde auf die nächste in einen Schlagabtausch hektischer Kommandos verwandelt.

    »2713

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