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Mein Mann der Moerder

Mein Mann der Moerder

Titel: Mein Mann der Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind
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hatte etwas Unschuldiges. Ich fühlte mich noch viel zu jung, um mit einem Mann zu schlafen.

    Peter schob mein Nachthemd hoch, fuhr mit seiner Hand in meinen Slip. Streichelte mich. Ich spürte nichts. Peter drängte sich dicht an mich, zerrte meinen Slip hinunter, half mit dem Fuß nach, um ihn von meinen Beinen zu streifen. Ich ließ ihn gewähren. Stöhnend öffnete er seine Jeans und schob sie hinab. Ich erschrak, als ich seinen erigierten Penis zwischen meinen Beinen spürte. Doch noch immer ließ ich ihn gewähren. Ich lag da, war mucksmäuschenstill.

    Peter legte sich auf mich. Ich spürte seinen Atem an meinem Ohr. »Ich liebe dich«, flüsterte er, während er seine Knie zwischen meine Oberschenkel zwängte. Ich stöhnte leise unter seinem Gewicht. Es tat weh, als Peter in mich eindrang, brannte bei jedem Stoß. Aber mir kam kein Laut über die Lippen. Ich biss die Zähne zusammen, konzentrierte mich auf Peters Keuchen. Wenn er glücklich war, war ich es auch. Ich würde ihm geben, was er brauchte, um ihn nicht zu verlieren.

    Nein, ich fühlte mich nicht missbraucht. Ich fühlte mich wie eine Königin. Auserwählt. Auch wenn es im Schritt brannte wie Feuer, wenn Peter mit mir schlief, was er fortan regelmäßig tat. Wir sprachen nie. Nicht ein einziges Wort. Wenn er kam, war es so, als würde er in mir aufs Klo gehen. Ich stellte ihm meinen Körper zur Verfügung, um das, was ich für seine Liebe hielt, nicht zu verlieren. Weil Peter der erste Mensch war, der mir sagte, dass ich einzigartig sei. Und schön.

    Peter gab mir Geld für Klamotten, freute sich, wenn ich mir enge Tops und Jeans kaufte. Meine erste Wrangler, damals heiß begehrt, war ein Geschenk von Peter. Ich fing an, mich zu schminken. Schluckte die Pille, weil Peter es verlangte. Ich tat alles für ihn. Peter stachelte mich in der Schule zu Höchstleistungen an. Ich paukte sogar Mathe, nur um ihn zu beeindrucken. Ich war stolz, wenn die anderen Mädchen Peter anhimmelten, weil ich wusste, dass er nur mir gehörte. Peter hatte mir ja versichert, dass er mich liebte. Und zwar nur mich.

    Mit siebzehn verliebte ich mich in einen Jungen aus meiner Klasse. Ich merkte, wie viel schöner es war, mit einem Gleichaltrigen zusammen zu sein, und verlebte wohl zum ersten Mal eine glückliche Zeit in meinem Leben. Von einem Tag auf den anderen war mir Peter egal geworden. Ja, ich ekelte mich vor diesem Mann.

    Peter reagierte jedoch erstaunlich gelassen. »Ich werde dich nie vergessen«, flüsterte er mir zu und strich über meine Wange. »Ich wusste immer, dass ich eigentlich zu alt für dich bin und dass eines Tages ein Jüngerer kommen würde. Danke für die Zeit, die ich mit dir verbringen durfte. Ich hoffe sehr, dass du dir das Schöne, das wir miteinander hatten, nie in den Schmutz ziehen lassen wirst.« Seine Worte klangen wie einstudiert.

    Wenig später wurde er in eine andere Gemeinde versetzt. Ganz plötzlich, von einem Tag auf den anderen.

    Es dauerte Jahre, bis ich hinter der vermeintlichen Liebesbeziehung die Fratze des sexuellen Missbrauchs erkannte. Bis mir klar wurde, dass viele Täter es gar nicht nötig hatten, ihre Opfer mit brachialer Gewalt gefügig zu machen. Dass sie sich eines viel subtileren Mittels bedienten: sich das Vertrauen ihrer Opfer erschlichen, ihnen das Gefühl gaben, geliebt zu werden. Wie ich erkannten viele Opfer den Missbrauch gar nicht, sondern taten ›freiwillig‹, was die Täter von ihnen verlangten. Die Folgen offenbarten sich erst Jahre später.

    Ich las, dass sich die Täter sehr oft in der Jugendarbeit engagierten und sich ihre Opfer gezielt aussuchten. Kinder und Jugendliche, die zu Hause vernachlässigt wurden, so wie ich, waren leichte Beute. Uns fehlte das Fundament im Leben, ein stabiles Elternhaus. Deshalb fielen wir Leuten wie Peter zum Opfer. Männern, die unsere Sehnsucht nach Liebe und Anerkennung stillten. Uns die große Liebe vorgaukelten. Ich trat aus der Kirche aus.

    Ich wurde jäh aus meinen Gedanken gerissen, als ein Ortsschild vor mir auftauchte: Harre. Ich erschrak. Mein Unterbewusstsein musste den Wagen gesteuert und mich hierher gebracht haben. Fast hätte ich gebremst, als ich in letzter Sekunde im Rückspiegel den Lkw sah, der direkt hinter mir fuhr. Es gab keine Möglichkeit, rechtzeitig abzubiegen. So trieb mich der Laster geradewegs in den Ort hinein.

    Das Leben in Harre war gerade erst erwacht. Die Ersten machten sich in ihren Autos auf den Weg in die Stadt, wo viele Harrer

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