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Mein Mann der Moerder

Mein Mann der Moerder

Titel: Mein Mann der Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind
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und hatte wahrscheinlich gerade die Eilmeldung der Polizeipressestelle über die Tragödie in Zehlendorf gelesen. Basti ließ sie gar nicht erst zu Wort kommen.

    »Ich weiß, was du mir sagen willst«, flüsterte er ins Telefon. »Zwei Tote in Zehlendorf. Matze und ich sind schon lange da. Ich habe auch schon so gut wie alles, Namen, Geschichte und, wenn alles glattgeht, auch ein Foto von den Opfern. Das kannst du Hartmut gerne ausrichten. Ich kann jetzt nicht reden.« Basti hörte, wie die Obermeierin erleichtert ins Telefon seufzte. Sie war mal wieder aus dem Schneider, konnte gemütlich an ihrem Schreibtisch sitzen bleiben und sich irgendwelche Kulturkritiken zusammendichten. Musste nicht hinabsteigen in die Niederungen des wahren Lebens. Dumme Gans.

    Basti klappte sein Handy zusammen. In diesem Moment schlurfte Frau Schwarz wieder zur Küchentür herein. In der Hand hielt sie ein Foto.

    »Hier, mein Junge«, sagte sie und legte das Bild vor Basti auf den Tisch. Der bedankte sich. Das Bild war leicht verwackelt. Herr und Frau Mertens saßen nebeneinander auf einer Holzbank, beide hielten ein bauchiges Glas mit grüner Flüssigkeit in der Hand, wahrscheinlich Berliner Weiße mit Schuss. Basti wunderte sich. Tranken dieses süße Gesöff nicht nur Touristen? Helga und Otto Mertens prosteten sich zu, blickten aber in die Kamera. Ein gestelltes Bild, aber für die Zeitung goldrichtig, weil die Gesichter der Opfer frontal zu sehen waren. Otto war ein grauhaariger Dicker mit Pausbäckchen. Der Blitz spiegelte sich in seinen Brillengläsern. Nicht weiter schlimm, Matze würde das Bild einscannen und die kleinen Schönheitsfehler retuschieren. Helga war eine aufgedonnerte Mitsechzigerin mit toupiertem Haar, goldenen Ringen an den Fingern und rosa lackierten Nägeln. Ihre Haut schien von der Sonnenbank gegerbt, was ihr einen prolligen Zug verlieh, der durch ihren Goldschmuck unterstrichen wurde.

    Basti klemmte das Foto zwischen die Seiten seines Notizblocks. Er war gerade mal eine Stunde am Tatort und hatte so gut wie alles: wusste die Namen, kannte die Familienverhältnisse, das mögliche Motiv und besaß sogar schon ein Foto von den Opfern.
    Er war zufrieden. Mit sich. Und wenn er ehrlich war, auch mit seinem Job. Das war Kristinas Werk. Er sah sie schon vor sich, seine kleine Maus. Sie würde begeistert in die Hände klatschen, wie jedes Mal, wenn ein Artikel von ihm im Express erschien.

    »Schatz«, rief sie immer ganz laut. »Guck mal, hier steht ganz groß dein Name über dem Artikel.«
    Und dann las Kristina den Text laut vor, war ganz aus dem Häuschen, selbst wenn er, so wie neulich, weil kein Mord oder Unfall passiert war, eine Straßenumfrage hatte machen müssen. Thema: Dürfen Männer im Sommer in kurzen Hosen ins Büro gehen?
    Basti trieb es die Schamröte ins Gesicht, wenn er an diesen Artikel dachte. Am Schreibtisch muss der deutsche Mann picobello gekleidet sein, hatte er getextet. Die Hosen lang, das Hemd hochgeschlossen, die Krawatte perfekt gebunden. Schweißgebadet sitzt er da und schaut neidvoll auf die luftig-leichten Röckchen seiner Kolleginnen. Selbst die Hitze lässt die strenge Kleiderordnung für Herren nicht dahinschmelzen. Jedenfalls nach Meinung unserer Leser …

    Seine Eltern waren immer wieder aufs Neue entsetzt, wenn sie lesen mussten, mit welchem Blödsinn sich ihr Sohn seinen Lebensunterhalt verdiente. Sie legten das Blatt nicht mal im Wartezimmer ihrer Arztpraxis aus, so schämten sie sich für die Machwerke ihres Sohnes.

    Basti stürzte den letzten Schluck Kaffee hinunter.

    Frau Schwarz sah ihm zu. Mit wissendem Blick.

    »Vielen Dank für die Infos, den Kaffee und das Foto. Aber jetzt muss ich los. Sie kennen das ja.«

    Elisabeth Schwarz lächelte. »Ja, ich kenne das«, sagte sie und begleitete Basti zur Tür. »Wenn Sie mal die Nase voll haben vom Boulevard«, zwinkerte sie ihm zu. »Dann rufen Sie mich an. Ich lege bei meinem Sohn ein gutes Wort für Sie ein.«

    Basti lachte. »Danke. Vielleicht komme ich darauf zurück. Und erzählen Sie meinen Kollegen von der Konkurrenz nicht so viel.«

    »Ehrenwort«, versprach Frau Schwarz und schloss die Tür.

    Auf der Straße hielt Basti Ausschau nach Matze. Der Kollege stand mitten in einer Traube von Nachbarn, die ihn wüst beschimpften.
    Matze hielt die Arme wie einen Schutzwall vor der Brust verschränkt und schwieg.

    »Sie sind das Letzte«, keifte ein älterer Mann. »Als wenn das nicht alles schon schlimm genug wäre,

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