Mein Mann der Moerder
gelernt hatten, mit Feuer umzugehen. Demnach sind Grillpartys zirka vierhunderttausend Jahre alt, also ein alter Hut.
Na, das mit den vierhunderttausend Jahren hatte sich Basti doch aus den Fingern gesogen. Aber egal, klang nach hartnäckiger Recherche.
Doch bis heute haben Grillpartys von ihrer Beliebtheit offenbar nichts eingebüßt.
Als wenn die Urmenschen Grillpartys gefeiert hätten … Hartmut schüttelte den Kopf, die Asche seiner Zigarette fiel auf die Tastatur seines Computers. Na ja, immerhin hatte sich Basti Mühe gegeben aus diesem Larifarithema was rauszuholen, das musste man ihm lassen. Hatte schon Talent, der Junge. Nur spüren lassen sollte man ihn das nicht. Wurde sonst übermütig. Die Freien mussten stets den Stiefel des Lokalchefs im Nacken spüren, sonst parierten sie nicht. Angst ist immer noch der beste Motor, dachte Hartmut grimmig, als es an seiner Tür klopfte.
»Herein«, knurrte er.
Matze. Was wollte der denn?
»In Berlin-Kreuzberg brennt ein Wohnhaus.« Matze hatte richtig rote Wangen.
Geil, dachte Gnitzke. Dieser Brand ist meine Rettung. »Fahrt sofort raus«, bellte er. »Ich warte hier. Das machen wir ganz groß.« Hartmut Gnitzke zog mit seinen Händen eine unsichtbare Ziehharmonika auseinander.
»Auch wenn es nur ein kleiner Schwelbrand ist. Mindestens eine halbe Seite! Also, mach viele, viele Fotos. Basti soll ordentlich was zusammendichten. Und wenn es ein großes Feuer ist mit Toten, räume ich euch die erste Seite frei. Andruck ist um Mitternacht. Bis dahin werdet ihr ja wohl fertig sein. Und nun Abmarsch«, kommandierte er Matze wie ein Feldwebel seinen Rekruten.
Ohne noch ein Wort zu sagen, machte Matze kehrt.
So ist’s brav, Junge, dachte Hartmut und grinste still in sich hinein. Hoffentlich gab es Tote. Gnitzke schämte sich nicht einmal mehr für seinen Zynismus. Was sollte er denn machen? Die Zeitung musste sich verkaufen, sonst wären sie bald alle ihre Jobs los. Und ein Feuer in einem Wohnhaus verkaufte sich nun mal besser als so eine alberne Abhandlung über Grillfeste, garniert mit ein paar Rezepten von Lesern.
Die Verlegerin Katharina Herrenburg saß ihm im Nacken, hatte ihn heute erst wieder angewiesen zu sparen. Und Hartmut wusste auch schon wie. Er würde die Obermeierin rausschmeißen. Brachte von allen am wenigsten zustande. Schrieb nur verquaste Kulturkritiken, denen man anmerkte, dass ihre Sprache schon früh im Jurastudium versaut worden war. Fühlte sich als was Besseres, ließ Basti und Matze die Drecksarbeit erledigen. Da war sie bei ihm ja gerade richtig. Mit fünfzehn hatte er beim Berliner Express als Polizeireporter angefangen. Ohne vernünftigen Schulabschluss. Und sich hochgedient bis zum Lokalchef.
Und heute war er der Chef von all diesen abgebrochenen Akademikern, die sich insgeheim für was Besseres hielten. Gnitzke stand auf, ging zum Schrank und holte die Wodkaflasche raus. Die Pulle war halb leer. Dabei hatte er sie doch erst heute Morgen in seiner Aktentasche in die Redaktion geschmuggelt. Obwohl, er hatte ja auch schon vor der Frühkonferenz den ersten Schluck genommen. Aber das brauchte man auch. Sonst wurde man ja wahnsinnig in diesem Laden.
*
Mit quietschenden Reifen fuhren Basti und Matze aus der Tiefgarage des Verlagshauses. Zum Glück war die Gneisenaustraße nicht allzu weit von der Redaktion entfernt. Trotzdem gab Matze Gas wie der Teufel.
Bei einem Brand zählte jede Minute. Die Bewohner wurden in Windeseile evakuiert. Die Feuerwehrleute stürmten durchs Haus, traten die Türen ein, wenn niemand öffnete. Denn das Gefährliche war nicht etwa das Feuer, sondern der Rauch. Er machte bewusstlos, sodass die Leute in der Regel erstickten – und zwar binnen weniger Minuten.
An der Leipziger Straße raste Matze über die erste rote Ampel. Das dröhnende Hupkonzert überhörte er einfach. Er lenkte seinen alten BMW in waghalsigen Manövern durch den Feierabendverkehr, stieß in jede Lücke, überholte links, überholte rechts. Autofahrer, die sich beharrlich weigerten, ihm den Weg frei zu machen, blendete Matze mit der Lichthupe, bis sie entnervt zur Seite wichen. Wenn sich ein Autofahrer selbst durch das Aufblenden nicht verscheuchen ließ, fuhr Matze so dicht auf, dass ihn nur Zentimeter vom Auffahrunfall trennten.
»Meine Herren«, rief Basti. »Du hast es aber eilig, deinen Lappen zu verlieren.«
Matze lachte. »Alter, du willst doch auch vor Witte und Herrmann vor Ort sein – oder?«
»Klar«,
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