Mein Mann der Moerder
spindeldürr wie die eines Kindes. Obwohl Sommer war, steckten ihre Füße in Wildlederpuschen, die mit Schaffell gefüttert waren.
»Meine Kollegin, Frau Obermeier«, machte Matze Sarah bekannt.
Die alte Frau nahm sie gar nicht wahr, zog ein zerknülltes Papiertaschentuch aus der Kittelschürze und drückte es auf ihre Augen.
»Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Herr Greiner irgendwas Verbotenes gemacht hat. Er war immer so nett und hilfsbereit.«
Sarah nickte der Frau zu. »Was war denn der Herr Greiner für ein Typ? Ich meine, wovon lebte er?«
»Er war schon lange arbeitslos«, schniefte die alte Frau. »Ob er was gelernt hat, weiß ich nicht. Aber er hatte es auch nicht nötig zu arbeiten. Er lebte in einer Eigentumswohnung, hatte doch geerbt.« Die alte Frau knetete das Taschentuch in ihren Händen. Auf ihrer Haut, die mit Altersflecken übersät war, lag ein perlmuttartiger Schimmer. Die beiden miteinander verschweißten goldenen Eheringe verrieten, dass sie Witwe war.
»Seine Eltern sind tot. Sein Vater war Brückenbauingenieur und in aller Welt unterwegs. Hagen Greiner war mal mit einer Frau liiert. Sie lebten nicht zusammen, hatten aber eine Tochter.« Wieder drückte die alte Dame sich das Taschentuch auf die Augen.
»Wissen Sie, wo die Frau wohnt?«, hakte Matze nach.
Sarah starrte ihn an. Er wollte doch wohl nicht da hinfahren … Die Frau schüttelte zu Sarahs großer Erleichterung den Kopf.
»Nun möchte ich wieder in meine Wohnung«, schluchzte die Nachbarin.
Sarah und Matze nickten. Schweigend gingen sie die Treppe hinunter, bemühten sich, behutsam aufzutreten, um keine Aufmerksamkeit zu erregen.
Als sie zurück auf die Straße vor dem Haus kamen, stand der Polizeisprecher noch immer auf seinem Posten, gerade so, als würde er Wache schieben. Nur Journalisten waren keine mehr zu sehen.
Merkwürdig, dachte Sarah und ging zu ihm.
»Ich habe da noch ein paar Fragen.« Sarah bemühte sich, möglichst freundlich zu klingen.
»Na, dann mal los«, knurrte der Sprecher.
»Hatten Sie eigentlich einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung?«
»Schon mal was von Gefahr in Verzug gehört, junges Fräulein?«, blaffte der Polizeibeamte.
»Sicher«, schnappte Sarah zurück. »Ich hab Jura studiert.«
Das saß. »Ja, es gab einen Durchsuchungsbeschluss«, fuhr der Beamte sie an. »Sie denken wohl, dass wir einfach so in Wohnungen gehen und Leute erschießen, was?«
Sarah ließ sich nicht provozieren. »Sie sagten vorhin, der Mann sei vorbestraft. Können Sie mir sagen, weshalb?«
Der Beamte sah sie kalt an. »Sagen Sie mal – von welcher Zeitung sind Sie eigentlich? Von der taz? «
» Berliner Express. Obermeier ist mein Name«, antwortete Sarah und sah dem Beamten geradewegs ins Gesicht.
»Sie sind wohl neu da, was? Macht das nicht sonst Herr Schellenberger?«
»Der ist krank.«
»So, so«, gab der Beamte unwirsch zurück. »Rufen Sie mich nachher im Präsidium an. Dann kann ich Ihnen die Vorstrafen nennen.«
Doch Sarah war noch nicht fertig. »Sie sagten, der Mann habe eine Waffe gezückt. Was für eine Waffe war das?«
Die Augen des Polizeisprechers verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Auch das muss ich Ihnen später sagen. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen.«
Sarah ließ nicht locker. »Sind Drogen und Handgranaten in der Wohnung gefunden worden?« Um den Polizeisprecher nicht zu provozieren, setzte sie ihr unschuldigstes Klein-Mädchen-Lächeln auf.
»Rufen Sie mich nachher in der Polizeipressestelle an und Sie kriegen alle Infos.« Sein Ton verriet, dass er Sarah loswerden wollte.
»Danke schön«, verabschiedete sich Sarah.
Matze hatte unterdessen genug Bilder geschossen. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zum Auto, das Matze ein paar Straßen entfernt geparkt hatte.
»Komische Geschichte«, sagte Matze, als sie außer Hörweite des Polizisten waren.
Sarah nickte. »Irgendwas stimmt hier nicht. Der Pressesprecher hat mich auf später vertröstet, weil er nicht alle meine Fragen beantworten konnte.«
Sie waren schon fast beim Wagen angekommen, als sie plötzlich ein Keuchen hinter sich hörten. Sarah und Matze drehten sich um.
Eine Frau, vielleicht Mitte dreißig, lief hinter ihnen her. »’tschuldigen Sie!«
Die Frau war völlig außer Atem. Ihr kinnlanges, hennarotes Haar fiel ihr strähnig ins Gesicht. Sie war sehr blass und so dünn, dass sich ihre Schlüsselbeine unter dem Stoff ihres
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