Mein Mann der Moerder
verwaschenen Sommerkleides abzeichneten. Sie trug schmuddelige, ausgelatschte Turnschuhe, bei denen sich der Gummirahmen an einigen Stellen vom Leinenstoff löste.
»Sind Sie von der Presse?«, japste die Frau.
»Ja, warum?«, antwortete Sarah.
»Mein Name ist Regine Kampen. Ich habe eben gesehen, wie Sie fotografiert und den Polizisten befragt haben, da habe ich mir schon gedacht, dass Sie beide Reporter sind. Ich war gestern in der Wohnung von Hagen Greiner, als er …« Tränen schossen ihr in die Augen.
»Sie waren in der Wohnung?«, fragte Sarah entgeistert.
Die Frau nickte. »Wir waren gerade zu Bett gegangen, als plötzlich die Tür aufgebrochen wurde. Wir dachten, es seien Einbrecher. Hagen hat seine Gaspistole aus dem Nachtschrank genommen und ist raus auf den Flur. Dann hörte ich plötzlich einen Schuss. Und ein Poltern. Ich bin aus dem Bett. Und da lag Hagen im Flur. Er blutete aus einer Wunde in der Brust.« Die Frau schluchzte.
»Sie waren dabei und haben alles miterlebt?«, hakte Sarah ungläubig nach. Eine Zeugin hatte der Pressesprecher mit keiner Silbe erwähnt.
»Das ist ja wirklich ein dickes Ei«, murmelte Matze, doch die Frau schien ihn nicht zu hören, atemlos erzählte sie weiter.
»Die Polizisten haben mich sofort festgenommen und ins Präsidium geschafft. Die ganze Nacht bin ich verhört worden. Sie wollten wissen, wo die Handgranaten versteckt sind. Und die Drogen. Ich habe nur Bahnhof verstanden. Gegen Morgen durfte ich endlich gehen. Dabei habe ich nichts verbrochen. Und auch Hagen nicht! Das Ganze war wie ein Überfall!« Die Frau zitterte. Aber sie war bemüht, sich zusammenzunehmen, weil sie etwas loswerden wollte. »Im Internet habe ich gelesen, dass die Polizei behauptet, Hagen sei Drogendealer gewesen und habe Handgranaten in seiner Wohnung versteckt. Bitte, bitte, Sie müssen mir glauben!« Ihre Stimme bebte. »Wir haben gekifft, ja. Aber Hagen war kein Drogendealer. Und außer seiner Gaspistole hatte er keine Waffen in seiner Wohnung, geschweige denn Handgranaten!«
»Dann sind Sie also die Lebensgefährtin von Hagen Greiner, mit der er ein Kind hat?«, kombinierte Sarah.
Die Frau schüttelte den Kopf. »Das ist seine Ex. Wir waren noch nicht lange zusammen.«
»Wissen Sie, wo seine Ex wohnt?« Ohne es zu merken, stellte Sarah diese Frage, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt.
»Nein, das weiß ich wirklich nicht.«
Sarah notierte die Kontaktdaten von Regine Kampen. Obwohl die Frau völlig aufgelöst war, ließ sie sich bereitwillig von Matze fotografieren. »Ich habe nichts zu verbergen. Sie können alles schreiben, was ich gesagt habe. Es ist die reine Wahrheit.«
Sarah gab der Frau zum Abschied die Hand. Sie war knochig und eiskalt. »Schreiben Sie auf, was hier passiert ist!«, flehte Regine Kampen.
Sarah nickte.
In der Redaktion hängte sie sich sofort ans Telefon und versuchte, den Polizeisprecher zu erreichen. Vergeblich. Eine halbe Stunde lang probierte Sarah verschiedene Nummern der Pressestelle, doch ohne Erfolg. Als sie endlich in der Zentrale des Polizeipräsidiums durchkam, erfuhr Sarah, dass »die Herrschaften aus der Pressestelle sich schon lange in den Feierabend verabschiedet« hatten.
Das konnte ja wohl nicht wahr sein! Sarah hackte ein Fax an den Polizeipräsidenten in ihren Computer. Nach der freundlichen, fast unterwürfigen Bitte, ihr bei der Klärung dieser Angelegenheit behilflich zu sein, formulierte sie – garniert mit dem Hinweis auf das Auskunftsrecht der Presse – ein paar scharfe Fragen: Was war Grundlage zur Annahme, dass Greiner Waffen und Handgranaten in seiner Wohnung verstecken würde? Was für eine Waffe hat Herr Greiner auf den SEK-Beamten gerichtet? Wurden in der Wohnung tatsächlich Handgranaten oder Waffen gefunden, wenn ja, welche? Sind Drogen in der Wohnung gefunden worden? War Hagen Greiner vorbestraft?
Sarah schrieb sich richtig in Rage. Wäre ja noch schöner, wenn dieser Polizeisprecher meinte, sich um Antworten drücken zu können. Als sie kurz darauf den Flur zum Druckerraum entlanglief, kam ihr Hartmut entgegen. Er war ihr zuvorgekommen, hatte das Fax aus dem Drucker gezogen und las den Text im Gehen.
»Sag mal, hast du nicht mehr alle Tassen im Schrank?!«, brüllte der Lokalchef und ließ das Blatt sinken. Die Ader an seiner Schläfe pochte.
»Wie…so«, stammelte Sarah.
»Du willst doch wohl nicht etwa die Polizei anpissen?!« Hartmut schrie so laut, dass ihre Kollegen
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