Mein Mann der Moerder
Nachmittag seiner Kündigung zwei Kartons mit seinen Sachen vorbeigebracht.
Seine Gedanken rasten. Hatte er in der letzten Zeit irgendwelchen Mist gebaut? Gab es vielleicht Schwierigkeiten wegen Unger, dem er und Matze die Nachricht vom Tode seines Sohnes überbracht hatten? Eine Strafanzeige?
»Worum, äh, bitte, geht es?«, stotterte Basti mit einer Stimme, die noch belegt war vom Schlaf. Natürlich würde der Verlag ihm nicht mal einen Anwalt stellen, wenn Unger jetzt Ärger machte. Schließlich war er ja nur freier Mitarbeiter gewesen. Und auch, dass Hartmut die ganze Aktion gebilligt und sie sogar gelobt hatte, war jetzt keinen Pfifferling mehr wert. Mit großer Sicherheit würde Hartmut sein Lob sogar abstreiten, behaupten, er hätte ihn und Matze sofort zur Rede gestellt und verwarnt. Basti spürte wieder dieses unangenehme Ziehen in der Magengegend.
Die Sekretärin ließ sich nicht aus der Reserve locken. »Ich möchte Ihnen wirklich nicht am Telefon sagen, worum es geht. Bitte kommen Sie ins Verlagshaus. So schnell es geht. Frau Herrenburg erwartet Sie.« Die Sekretärin legte auf, erwartete keinen Widerspruch, wenn die Verlegerin rief.
Basti überlegte. Er war fester Freier gewesen und hatte seinen Job geschmissen. Eigentlich hatte Frau Herrenburg kein Recht, ihn in den Verlag zu zitieren. Auf der anderen Seite wäre es vielleicht besser, ihrer Aufforderung zu folgen. Wenn er nicht wusste, was die Verlegerin im Schilde führte, konnte er dem aufziehenden Ärger nicht begegnen. Außerdem war er neugierig auf Katharina Herrenburg. Er war ihr noch nie begegnet. Kannte nur die Geschichten, die im Verlag über sie kursierten. ›Die Herrenburgin‹, wie sie genannt wurde, hatte das Unternehmen von ihrem Vater geerbt, Betriebswirtschaftslehre studiert und einen erfolglosen Jazzpianisten geheiratet. Angeblich konnte sie keine Kinder kriegen. Doch anstatt ein Kind zu adoptieren, musste eine Katze als Ersatz herhalten. Katharina Herrenburg war angeblich so vernarrt in ihre Katze, dass sie immer von ihrem Kind sprach, wenn sie das Haustier meinte. Legendär war die Geschichte vom Chefredakteursessen, zu dem die Verlegerin alljährlich kurz vor Weihnachten in ihre Villa im Grunewald einlud. Der Stubentiger, eine gescheckte Glückskatze namens Fino, war vor aller Augen auf den weiß gedeckten Tisch gesprungen. Und die Verlegerin hatte nur einen entzückten Juchzer ausgestoßen. Auch Verlegergatte Magnus hatte schallend gelacht und seine »Katzentochter«, die von einem Ende der Tafel zum anderen schlich und an den Tellern schnupperte – glücklicherweise gab es weder Fisch noch Fleisch –, gewähren lassen. Die Chefredakteure schwiegen betreten. Keiner wagte, das Tier vom Tisch zu jagen. Oder etwa einen neuen Teller zu verlangen.
Vor ein paar Jahren hatte Katharina Herrenburg sogar den Namen ihrer Katze als Verlagsnamen ins Handelsregister eintragen lassen. Seither hieß der Verlag Fino-Verlag und führte als Firmensignet die Silhouette einer Katze.
Eine Stunde nach dem Anruf saß Basti im Vorzimmer der Verlegerin und knetete seine schweißnassen Hände. Sein Haar war noch feucht. Kristina hatte ihm in Windeseile sein einziges weißes Hemd gebügelt. Basti trug den Anzug, den er zusammen mit seiner Mutter vor fast zwanzig Jahren für den Abiball ausgesucht hatte. Der Hosenbund schnürte ihm ins Fleisch, sodass er den Bauch leicht einziehen musste, damit der Knopf nicht absprang. Eine Krawatte gehörte nicht zum Inventar seines Kleiderschrankes; er musste der Verlegerin ohne Schlips unter die Augen treten.
Dass die Sekretärin ihm aufmunternd zunickte, vermochte das Ziehen in der Magengegend nicht zu vertreiben.
»Einen Moment noch. Frau Herrenburg telefoniert«, ließ sie ihn freundlich, aber mit ernster Miene zappeln, was Basti als Warnsignal deutete. Wahrscheinlich hatte Unger einen Herzinfarkt erlitten. Und nun verklagte seine Frau den Verlag.
»So«, sagte die Sekretärin. »Das rote Lämpchen ist erloschen. Frau Herrenburg hat aufgelegt. Dann kommen Sie mal mit.«
Basti nickte. Sagen konnte er nichts. Seine Knie zitterten leicht, als die Sekretärin sachte an der Bürotür der Verlegerin klopfte.
»Herein«, war eine feste Stimme zu vernehmen.
Die Sekretärin öffnete die Tür. Katharina Herrenburg war Ende vierzig. Die ersten grauen Fäden zogen sich durch ihr dunkles Haar, das sie im Nacken zu einem Chignon geschlungen hatte. An ihren Ohrläppchen glitzerten zwei ovale Rubine, die in Gold
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