Mein Mutiger Engel
derselben Eleganz, die alle seine Bewegungen auszeichnete, sprang er auf und reichte ihr seine Hand. "Komm mit. Mich interessiert, wie dir das Witwenhaus gefällt."
Gespannt wartete Katherine, ob er an den Kranz in seinem Haar denken würde. Tatsächlich, er nahm ihn ab. "Vielleicht sollte ich dir Juwelen schenken", sagte er, während er die Gänseblümchen nachdenklich betrachtete.
"Oh nein", widersprach sie. "Ich möchte nicht noch tiefer in deiner Schuld stehen."
Nick half ihr in den Sattel, bevor er auf seinen schwarzen Wallach stieg. "Ich weiß. Lass doch zu, dass ich für dich sorge, Katherine!"
"Das tust du bereits. Zum Beispiel", fügte sie hinzu, da Blitz lebhaft die Ohren spitzte, "zum Beispiel könntest du dieses Pferd daran hindern, wieder zu traben."
"Du musst ihm zeigen, wer das Sagen hat", riet ihr Nick.
"Oh, das weiß er genau, das ist ja gerade das Problem."
Ihr düsterer Ton brachte Nick zum Lachen. "Achte mal für einen Moment nicht auf dein wildes Ross. Was sagst du dazu?"
Vor ihnen erhob sich, von Bäumen umgeben, ein elegantes graues Steinhaus mit glänzenden Fenstern, das sich in einem Miniatursee spiegelte – ein wahres Schmuckstück.
"Oh, Nick, wie entzückend!", rief Katherine, während sie staunend jede Einzelheit aufnahm.
"Das finde ich auch", bestätigte er ernst. "Ich freue mich, dass es dir gefällt."
Vor einem Säulenvorbau hielten sie an. Nick band sein Pferd an einem Geländer fest und kam dann zu Katherine herüber, um sie aus dem Sattel zu heben. Doch anstatt sie auf den Boden zu stellen, wie sie erwartet hatte, hob er sie fest auf seine Arme.
"Nick! Was um alles in der Welt tust du da?"
Er öffnete die Eingangstür, indem er mit der Schulter dagegendrückte. Dahinter lag eine mit taubengrauen und weißen Fliesen belegte, sonnige Halle, von der aus eine anmutig geschwungene Treppe ins Obergeschoss führte.
"Nick?" Sein fester Griff löste in Katherine ein köstliches Prickeln aus, ein Gefühl, als spiele sie mit dem Feuer, als sei sie erobert worden.
"Ich trage meine Gattin über die Schwelle. Eine gute, alte englische Sitte, die ich bei unserer Ankunft im Schloss leider nicht einhalten konnte. Es hätte zu viel Aufsehen erregt."
"Schön, aber jetzt haben wir die Schwelle ja überquert", wandte Katherine ein.
Nick achtete gar nicht auf ihre Bemerkung, sondern stieg mit ihr die Treppe hinauf. Spätestens jetzt hätte eine vornehm erzogene junge Dame protestieren und sich gegebenenfalls sogar wehren müssen. Andererseits würde jede Frau es genießen, von dem Mann ihres Herzens getragen zu werden, als wäre sie federleicht – es sei denn, sie entbehrte jeden Sinn für Romantik.
Oben stieß Nick die Tür zu einem Schlafgemach auf, einem entzückenden Raum mit hübschen Möbeln und Behängen aus bernsteinfarbener Seide. Die Einrichtung verbreitete Behaglichkeit und Charme, ohne Anspruch auf Pracht und Größe zu erheben.
Widerstrebend ließ Nick Katherine nieder.
"Ich dachte, dieses Schlafzimmer würde dir vielleicht gefallen."
"Oh … Es ist himmlisch, Nick! Wunderschön! Sieh dir diese Aussicht an." Katherine eilte mit wirbelnden Röcken ans Fenster, während er stehen blieb und sie betrachtete.
"Das tue ich."
"Von hier aus kannst du sie besser genießen." Da bemerkte sie, dass sein Blick auf ihr ruhte, und sie errötete auf bezaubernde Weise. "Aber ich kann unmöglich mit dir hier einziehen, Nicholas", sagte sie verlegen.
Soso, plötzlich nannte sie ihn Nicholas. "Warum nicht?"
"Wegen der Annullierung. Wie würde es denn aussehen, wenn wir in solch einem intimen Haus zusammenwohnten?"
Nick wies sie nicht darauf hin, dass sie noch vor wenigen Tagen ein Witwenhaus aus der Regierungszeit Queen Annes, in dem es stolze vierzehn Schlafzimmer gab, niemals als intim bezeichnet hätte. "Deiner Tugend droht hier keine größere Gefahr als im Schloss. Alle Diener wissen mittlerweile, dass du vergangene Nacht in meinem Bett geschlafen hast, so etwas lässt sich nicht geheim halten. Außerdem wolltest du dir notfalls ärztlich attestieren lassen, dass unsere Ehe nicht vollzogen wurde, oder?"
"Ja", flüsterte sie. Schon allein der Gedanke daran bereitete ihr Qualen.
"Komm, ich werde dich ein wenig herumführen." Durch eine Tür gelangten sie in einen Ankleideraum, von dem eine weitere Tür direkt in das Schlafzimmer des Hausherrn führte. Beim Anblick der grünen Brokatbettdecke malte Nick sich aus, wie sich ihre zarten weißen Glieder davon abheben würden. Doch
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