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Mein Name ist Afra (German Edition)

Mein Name ist Afra (German Edition)

Titel: Mein Name ist Afra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Dopfer-Werner
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anderen die Menschen. Ich bin nicht hungrig, denn ich habe reichlich zu essen, Kräuter, Wurzeln und Pilze finde ich im Wald, und die Bauern geben mir Getreide, Gemüse und Obst, wenn ich eines ihrer Schafe oder eine Kuh versorgt oder ihren Frauen im Kindbett geholfen habe, und sie dann überleben. Mich friert nicht, denn ich finde genügend Holz für meinen Herd, und manchmal bekomme ich für meine Dienste ein Stück Stoff oder einen Sack voll Wolle, die ich dann spinnen und weben kann. Ich bin nicht arm, denn meine Ziegen geben mir süße, nahrhafte Milch, und meine Hühner schenken mir ihre Eier. Ich bin nicht einsam, denn die Sterne am Himmel und der Mond und die Sonne sind immer bei mir, die Bäume im Wald, all die Pflanzen, der Bach und die großen Flüsse, sie haben mir viel zu erzählen! Und dann ist da Vanth, die geflügelte Schutzgöttin meiner Mutter, sie wacht über mich bei Tag und bei Nacht, und wenn ich nicht mehr weiter weiß, dann rufe ich sie an und bringe ihr ein Opfer dar, und immer erhalte ich Rat und Hilfe. Und dann gibt es ja euch zwei Mädchen, auf eure Besuche freue ich mich jedesmal ganz besonders, denn sie bringen Farbe und Leben in mein verfallenes Haus.“
    Afra und Richlint hatten aufmerksam zugehört, aber ganz wollten sie sich mit dem schönen Bild, das Justina gezeichnet hatte, noch nicht zufrieden geben. „Aber ein Mann, jemand für die Bettstatt in der Nacht, das muß dir doch fehlen, Justina!“ rief Afra, die immer still dabei saß und genau zuhörte, wenn die Dorffrauen beim Weben in den Grubenhäusern über die Freuden und das Leid der Liebe zwischen Frauen und Männern redeten, und wo manchmal ein derbes Wort fiel, das Afra nicht ganz verstand. Aber daß ein guter, kräftiger Mann auf dem Nachtlager eine Frau durchaus glücklich machen konnte, das hatte sie aus den Äußerungen der Frauen geschlossen.
    Statt einer Antwort ging Justina in eine Ecke des Baderaums und kramte in einem großen Weidenkorb herum, und als sie sich wieder den Mädchen zuwandte, hielt sie ein kleines Leinensäckchen zwischen den Fingern, dessen Inhalt sie nun in ihre Handfläche schüttete und den Kindern zeigte. Staunend sahen die beiden viele, kleine, braune Kügelchen, die Justina sorgsam wie schwarze Perlen in ihrer Hand hütete. „Das ist ja Pfeffer,“ rief Richlint überrascht, denn solche Körner hatte sie oben auf der Burg beim letzten Besuch ihres Vaters kennengelernt, „das ist etwas ganz Kostbares, das wird mit Goldmünzen bezahlt, so was können sich nur ganz reiche Leute leisten!“ Justina nickte, ein versonnenes Lächeln auf den Lippen. „Ein Geschenk für mich, von einem Mann! So einsam, wie ihr denkt, bin ich nicht, und wenn ich das Bedürfnis nach Gesellschaft verspüre, dann gibt es auch bei mir gelegentlich einen Mann, der die Nacht über hier bleibt und meine Einsamkeit vertreibt. Aber mich verheiraten und für immer binden, nicht mehr selbst über mich entscheiden zu können, nur noch einem Herrn zu gehorchen, der mich ohne Strafe schlagen und demütigen kann, der mir verbieten kann, meine eigenen Wege zu gehen, so dumm bin ich nicht, daß ich das für erstrebenswert halte! Was ist, Richlint, du machst ein Gesicht, als ob dir etwas gar nicht gefällt!“
    Richlint zögerte mit ihrer Antwort. „Du hast doch nicht etwa mit dem alten Hildeger, dem dicken Gewürzhändler, das Nachtlager geteilt, Justina? Der verkauft solche Körner, das weiß ich von Liutbirc, deren Mutter unbedingt welche haben wollte!“
    Justina verzog ihr Gesicht in gespielter Abscheu und lachte. „Nein, wirklich nicht, so groß kann die Sehnsucht nach einem Mann gar nicht sein, daß dieser Dicke mich verführen könnte! Er ist zwar ein netter, leutseliger Kerl, und hat mich mit lustigen Geschichten unterhalten, als er mich neulich von der Dornau auf seinem Karren mit nach Pitengouua genommen hat, aber ins Bett möchte ich nun wirklich nicht mit ihm.“ Justina wurde sehr ernst, und sie legte einen  Finger warnend vor den Mund, als sie den Mädchen ihr Geheimnis anvertraute. „Ihr dürft mit niemand darüber reden, das müßt ihr mir versprechen, denn es geht keinen Menschen an, mit wem ich zusammen bin. Es ist Arbeo vom Gutshof in der Dornau droben, und wenn sein Vater Severin davon erfährt, schlägt er ihn womöglich tot, weil er es für eine große Schande hält, mit einer fremdländischen Sklavin und heidnischen Heilerin das Lager zu teilen!“
    Die Mädchen waren sprachlos. Daß Justina einen Mann

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