Mein Name ist Afra (German Edition)
Hengst, bei Sau und Eber, bei Hund und Hündin. Über Zucht und Geburt bei Mensch und Vieh wurde offen und viel geredet, und Richlint und ich waren schon bei vielen Tiergeburten und auch bei der einen oder anderen Entbindung eines Kindes dabei gewesen und Justina, die dann meist von den Frauen gerufen wurde, zur Hand gegangen. Aber selber betroffen zu sein, von einem Mann an den heimlichen Stellen berührt zu werden, das war etwas ganz anderes, und nach einem häßlichen Vorfall mit Bruno verstand ich, warum unser bairisches Gesetz die Frauen vor den Männern schützte und diejenigen mit Strafe belegte, die sich nicht an den angemessenen Umgang hielten.
Bruno war damals im Vorratskeller gewesen und hatte laut nach mir gerufen, ungeduldig und streng wie immer, und als ich die Stufen hinunter ging, um nachzuschauen, was er von mir wollte, bemerkte ich sofort, daß er ziemlich viel getrunken hatte. Er schwankte leicht und hielt sich mit einer Hand am Balken fest, und mit der anderen deutete er auf zwei Körbe voll mit erdigen Rüben und befahl mir, sie nach oben zu tragen. So schnell wie möglich wollte ich aus diesem Keller wieder hinaus, und deshalb bückte ich mich ohne Widerrede, um die geflochtenen Körbe zu nehmen und nach oben zu tragen, obwohl ich nicht wußte, was er damit eigentlich machen wollte. Da fiel eine schwere Hand auf meine Hüfte, und eine andere schob mein Kleid weit nach oben und packte meinen bloßen Hintern. Bruno zog mich mit festem Griff zu sich heran, ganz nah an seinen warmen, schwitzenden Körper, er blies mir seinen nach Wein stinkenden Atem ins Gesicht und murmelte etwas von „so ein liebes, schönes Mädel, wir sind doch verwandt“, und dabei tätschelte und zwickte seine Hand unter dem Rock mein nacktes Fleisch.
Im ersten Augenblick war ich starr vor Schreck und hielt still wie ein Kaninchen im Griff des Fallenstellers, aber dann nahm ich meine ganze Kraft zusammen und stieß ihn so heftig vor die Brust und von mir weg, daß er vollkommen überrascht über die Körbe stolperte und zu Boden fiel. Blitzschnell lief ich die Kellerstufen hinauf auf den Hofplatz und dann zum Bach hinunter, um mich dort hinter dichten Büschen zu verstecken, und ich bebte und zitterte vor Abscheu am ganzen Körper. Verwirrt und beschmutzt, wie ich mich fühlte, sollte mich kein Mensch sehen, schon gar nicht meine arglose Schwester Walburc, der ich niemals von diesem Vorfall erzählte.
Von da ab ging ich Bruno sorgsam aus dem Weg und achtete darauf, nie irgendwo allein mit ihm zu sein, und Richlint, der ich alles berichtet hatte, verhielt sich genauso.
An den Sonntagen draußen bei Justina redeten wir natürlich ausführlich über das häßliche Verhalten von Bruno, und unsere ältere Freundin erklärte uns den Unterschied zwischen kleinen Mädchen und Jungfrauen, die wir jetzt beide nach dem Einsetzen unserer Mondblutung waren. „Ihr müßt euch vor dem Alleinsein mit Männern, die nicht euer Vater oder Bruder sind, hüten! Auch so unbefangen wie bisher dürft ihr nicht mit jungen Männern umgehen, denn die harmlosen Spiele und Neckereien von Kindern bekommen einen anderen Sinn, wenn ihr Frauen seid, und sie könnten mißverstanden und als Aufforderung zu unrechtem Tun betrachtet werden.“ Justina lächelte, als sie unsere ernsthaften Gesichter sah, und machte uns Mut. „Es ist schön, eine Frau zu sein, auch wenn ihr jetzt glaubt, dadurch nur Einschränkungen und Verbote zu erleben! Nur die Frauen erleben das Geheimnis des Lebens, wenn sie ein Kind gebären, und sie sind immer ganz nah an der Seite der Göttin, ob es um Liebe oder Tod geht. Es ist einfach schön, weiche, zarte Brüste zu haben und einen runden Leib, der ein vollkommenes Gefäß der Lust ist für Mann und Frau und ein Hort für kommendes Leben.“ Die schwarzhaarige Frau hielt inne und strich zärtlich über ihren Bauch, umfaßte ihn sanft mit ihren kräftigen, braunen Händen. „Im Frühling, wenn der Schnee geschmolzen ist und die Bäche voll von rauschendem Wasser dahinfließen, wenn die Apfelbäume weiße Blüten tragen und meine Ziegen ihre Jungen werfen, in diesem Frühling werde auch ich ein Kind bekommen, und es wird das Beste sein, was in meinem Leben mit mir geschieht.“
Auf die erstaunten Blicke und entsetzten Ausrufe von Richlint und mir blieb Justina ganz gelassen. Wir fanden es fast unmöglich und sehr aufregend, daß unsere Freundin ein Kind bekommen sollte, so allein wie sie lebte im verfallenen Gutshof draußen im
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