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Mein Name ist Afra (German Edition)

Mein Name ist Afra (German Edition)

Titel: Mein Name ist Afra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Dopfer-Werner
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Schwester gegeben habe, es hilft nicht immer, das solltest du wissen. Es richtig anzuwenden, ist sehr schwer, denn wenn ich zuwenig davon gebe, wird das Ungeborene nicht aus dem Leib der Frau ausgetrieben, und Mutter und Kind sterben. Wenn ich aber zuviel von diesen schwarzen Körnern nehme, wird die Gebärende sehr krank und kann davon getötet werden. Dein Vater und Uoda, sicher auch Hedwig, wissen um diese Gefahr, und Walburc ist sehr schwach nach drei langen Tagen und Nächten voll unsäglicher Schmerzen. Ob ihre Kraft ausreicht, für die Geburt des Kindes und ihre eigene Heilung, das kann ich dir nicht versprechen, aber was immer auch geschieht, es ist der Wille der Götter, und wir müssen uns ihrem Willen beugen.“
    Noch in der darauffolgenden Nacht gebar meine Schwester Walburc unter unmenschlichen Qualen einen toten Knaben, der mit den Füßen zuerst auf diese Welt kam und nicht einen einzigen Atemzug in seinem Leben tat. Als sie hörte, daß ihr Kind tot geboren war, verlor sie ihre letzte Kraft und jeglichen Mut zum Weiterleben, und in den frühen Morgenstunden schloß sie die Augen für immer.
    Ω
     
     

949 -950 Richlint
     

Afra
     
    Nach Walburc s Tod schickte mein Vater Wezilo Bruno in sein Heimatdorf zurück, und er gab dem Mann meiner Schwester all das Gold mit auf den Weg, das dieser als Brautgabe mit in die Ehe und nach Pitengouua gebracht hatte, damit niemand sagen konnte, wir hätten uns an Bruno bereichert oder ihm Unrecht getan. Ich glaube, daß Bruno sehr gern gegangen ist, wenn er sich auch im ersten Augenblick empört gebärdete und auf sein Meieramt nicht verzichten wollte, so lenkte er doch schnell ein und war mit dem Vorschlag von Wezilo einverstanden, denn er hatte weder Liebe noch Anerkennung bei den Menschen in unserem Dorf gefunden und sich dort niemals daheim gefühlt. Noch am Tag der Bestattung von Walburc verließ er uns, auf einem braunen Roß meines Vaters ritt er still aus dem Hof und aus meinem Leben, und ich habe ihn seitdem nie wieder gesehen und auch nicht den Wunsch danach verspürt.
    In diesem besonders heißen Sommer konnte man einen toten Menschen nicht lange aufgebahrt lassen, denn durch die starke Hitze auch in den Nächten setzte die Verwesung des Körpers sehr bald ein, und so begruben wir meine Schwester Walburc schon am Tag nach ihrem Tod draußen an der Kirchenwand, neben unserer Mutter Rautgund und Großmutter Ella betteten wir sie zur ewigen Ruhe. Ich fühlte mich an diesem schwülen Sommertag wie eine der seelenlosen Gliederpuppen aus Heu und Stroh, die der alte Haimo für uns Kinder früher gefertigt hatte, teilnahmslos und völlig erschöpft von der Anstrengung der letzten Tage und Nächte, von dem grausamen Kampf um das Leben Walburc´s und ihres Kindes stand ich stumm in der Kirche und auf dem Friedhof, ließ mich ohne eigenen Willen von Uoda und der alten Hedwig herum schieben und hatte nicht einmal mehr die Kraft, zu weinen oder zu schreien.
    Die Trauer um meine Schwester war bei allen sehr groß, mit erhobenen Armen wehklagend und schluchzend standen die Haslacher, die Dornauer und die Leute von der Burg an ihrem Grab, und aus Bobinga war sogar der Meier mit einigen seiner Hörigen gekommen. Die Frauen und Mägde von Pitengouua schrien und jammerten laut und sie rauften sich die Haare, und bei so manchem derben Knecht liefen Tränen über die Wangen, denn Walburc war gerecht und liebevoll mit allen Menschen umgegangen, und viele hatten sie geliebt. Die blonde Liutbirc stand bei ihrem Mann und heulte wie ein kleines Kind, denn mit meiner Schwester hatte sie ihre einzige Freundin und Vertraute verloren, in ihrer Ehe mit Arbeo fand sie kein Glück, und Richlint neben mir hielt wortlos meine Hand, die braunen Augen übervoll mit Tränen und ganz dunkel vor Kummer. Nach der Bestattung auf dem Gottesacker trafen sich alle im Hof des Meieranwesens zum Totenmahl, wie es seit alters her der Brauch war, und wie eine Schlafwandlerin ging ich umher, trug Speisen und Getränke für alle Gäste auf und sorgte an Walburc´s Stelle dafür, daß auch die Bettler und Siechen nicht vergessen wurden.
    Nachdem die Tränen getrocknet waren und die Becher schon mehrmals gekreist hatten, um für das Seelenheil von Walburc auf alle wichtigen Heiligen zu trinken, setzten sich mein Vater Wezilo und Sigiboto von Haslach zusammen und beschlossen, daß Richlint und ich noch in diesem Herbst heiraten sollten, damit Pitengouua mit meinem zukünftigen Mann Leonhard wieder einen

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