Mein Name ist Toastbrot (German Edition)
nach dem Unterricht,zusammen mit ihm ins Sprechzimmer zu kommen. Leidenschaft erfüllte mich und ich wuchs vermutlich genau in diesem Augenblick einige Zentimeter. Ich hatte natürlich nicht erwartet, dass wir uns nach dem Schließen der Tür die Kleider vom Leib reißen würden, dennoch war ich zuversichtlich, dass ich in diesem persönlichen Gespräch punkten konnte.
Im Sprechzimmer wartete bereits Sozialbetreuer Wüstenrose. Mich traf beinahe der Schlag und meine Knie wurden weich.
„Wüstenrose? Was soll das? Was habe ich jetzt wieder für einen Mist angezettelt?“
„David, ich bin dein Lehrer und dein kleiner Brief überschreitet eindeutig das Mögliche in unserer Beziehung. Halte die Distanz, die in einem Lehrer-Schüler Verhältnis angebracht ist.“
Wie kann man nur so brutal sein und dabei hatte ich ja nicht mal konkret über mein Gefühl gesprochen. Er konnte doch gar nicht wissen, was ich wollte, oder doch? Ich fühlte mich ertappt und die Scham kroch mir den Rücken hoch. Gleich danach setzte Wüstenrose ein:
„David, Herr Kaspar muss sich schützen und deshalb bin ich als dein Betreuer anwesend. Ich werde dein Verhalten dokumentieren und der kleine Brief wird abgelegt.“
„Und warum muss der Brief abgelegt werden? Das Ganze ist ja schon peinlich genug.“
„Das spielt keine Rolle. Überleg dir das nächste Mal vorher, was du machst.“
„Was hab ich denn Schlimmes gemacht. Herr Kaspar, warum hauen Sie mich so in die Pfanne?“
„David. Herr Kaspar verhält sich richtig. Du hast dich falsch verhalten und musst jetzt die Konsequenzen tragen. Nächste Woche hast du einen Termin bei einem Therapeuten mit dem Spezialgebiet Sexualität. Die Adresse findest du auf der Visitenkarte, gemeinsam mit dem genauen Termin.“
„Herr Kaspar, warum antworten Sie nicht?“
„David, nimm es nicht persönlich. In diesen Fällen ist es besser, wenn man Gefühle gleich klärt und ins richtige Licht rückt.“
„Das tut mir weh! Ich finde das sehr persönlich. Natürlichkann man mir einen Korb geben, aber warum müssen Sie mich dann gleich anschwärzen und zum Psychofritzen schicken? Das ist unfair.“
„David, das Gespräch ist an dieser Stelle beendet. Du darfst mich ruhig hassen, wenn dir das hilft, über deine fehlgeleitete Emotion hinwegzukommen.“
Was für ein dummes Geplapper. Der verpasst mir voll den Korb und sagt ich soll es nicht persönlich nehmen. Gibt es denn überhaupt etwas Persönlicheres als einen Korb und warum überhaupt darf man für seinen Lehrer keine Gefühle haben?
Auch dieser Herr Kaspar war einer von den trägen Spießbürgern, die auf cool machen und in ihrer Freizeit Schlips tragen und Blumenbeete jäten. Das Ziel der Besprechung wurde aus der Sicht dieser Klemmschwester erreicht und diese Wüstenrose war offensichtlich auch ein Depp. Erasmus von Rotterdam sah die Liebe zum Lehrer, als den ersten Schritt beim Lernen. Schenkt man ihm Glauben, und das tue ich in diesem Fall besonders gerne, sollte es zumindest erlaubt sein, seinen Lehrer zu lieben, was mir hier unbarmherzig versagt wurde. Begründen konnte ich das damals für mich nur mit dem Mangel an menschlichen Qualitäten, die in diesem Verhalten zutage getreten waren. Erasmus hatte vermutlich ähnliche Erfahrungen wie ich gemacht, da er wenige Zeilen später schreibt: „Es gibt aber einige Lehrer von so unliebenswürdigem Wesen, dass nicht einmal ihre Frauen sie gerne zu haben vermögen. Man könnte wohl meinen, dass sie unter einem bösen Stern geboren worden seien.“ Kann man es treffender sagen?
Mein Gefühl wandelte sich in Gleichgültigkeit und ich trabte wie ein lahmendes Pferd, oder wie jemand mit Fußprothese, aus dem Zimmer.
In der folgenden Woche saß ich beim Sexualtherapeuten. Er war alt, korpulent und mit Glatze und hatte ein ziemlich verlebtes Gesicht entsprechend der überkommenen Vorstellung.
„David, ich darf dich doch David nennen?“
„Klar dürfen Sie das.“
„Im Schreiben vom Sozialamt steht, dass du homoerotischePhantasien hättest, die du unangemessen kanalisieren würdest. Kannst du mir erklären, warum die das behaupten?“
„Ich war in meinen Lehrer Herr Kaspar verknallt und hatte mir eingebildet, dass da was laufen würde. Inzwischen ist das aber vorbei. Der soll bleiben, wo der Pfeffer wächst.“
„Ok. Dann wird das hier auch nicht lange dauern.“
„Kein Problem. Ich habe Zeit.“
„Begreife Homosexualität als Begabung, die es dir ermöglicht, jemand anderen zu
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