Mein Name ist Toastbrot (German Edition)
nichts als meine Ignoranz, für sein Interesse, das er wiederholt zugab. Er stellte sich bei seinen Lehrervorträgen neben mich, kommentierte meine Hausarbeiten besonders ausführlich und forderte mich wiederholt zur Mitarbeit auf.
Mir war nicht klar, ob es sein schlechtes Gewissen, oder doch ein unterdrücktes Bedürfnis nach meiner Nähe war, was ihn antrieb. Ich genoss schweigend die Möglichkeit ihn durch subtile Mimik zu verunsichern, und ihn durch gespielte Abwesenheit zu strafen. Meine Noten waren weiterhin in allen Fächern weit über dem Durchschnitt, was nach wie vor kritische Fragen meiner Pflegeeltern und des Sozialbetreuers von mir fernhielt.
Über die technische Seite der Panne in der Kiste mit Philipp kam ich nicht so leicht weg, wie über seine Emotionen, die ihn wiederholt veranlassten Nachrichten an mein Mobiltelefon zu schicken. Ich beschloss mir den Typ vorübergehend warmzuhalten, da ich ihn möglicherweise für einen Korrekturversuch des ersten Akts benutzen konnte. Verknallte Jungs sind etwas sehr Erfreuliches. Unterwürfig und besessen spielen sie stundenlang mit ihren Mobiltelefonen und warten auf eine Nachricht, die erst kurz vor dem Aufgeben eintrifft und das Feuer wieder auflodern lässt. Macht man das einige Wochen lang, sind sie zu allem bereit.
Ganz schön blöd ist das, wenn man der ist, der auf eine Nachricht wartend mit dem Handy in der Hand nicht einschlafen kann, was ich aber erst einige Zeit später erleben musste. Ich bat meinen Sozialbetreuer um einen weiteren Termin beim Sexualtherapeuten und schilderte ihm kurz meine Erlebnisse. Vielleicht erscheint manchen diese plakative Offenheit merkwürdig. Sie lässt sich aber sehr einfach begründen. Auch wenn mir mein Sozialbetreuer Wüstenrose nie ein tatsächliches Gefühl von Nähe geben konnte, war er meistens bemüht, das aus seiner Perspektive Richtige zu tun, was nicht zuletzt unseren langen Gesprächen geschuldet war. Da sich seine Perspektive bis dahin weitestgehend mit meinen Wünschen deckte, hatte ich gelernt einfach klar und deutlich zu sagen, was mich bewegte. Wüstenrose war über meinen Wunsch mit dem Therapeuten zu sprechen äußerst erfreut und vermerkte eine positive Entwicklung der eigenen Sexualität.
Zwei Wochen später saß ich wieder im fetten Sessel bei meinem Onkel Sexdoc, den ich liebevoll ohne sein Wissen so getauft hatte. Konkret ging es mir um die Kluft, die sich zwischen meinen Vorstellungen aus Pornofilmen und meinen praktischen Erfahrungen aufgetan hatte. Ferner geisterte mir immer noch der Schmerz beim Analverkehr durch den Kopf, den ich so deutlich erlebt hatte.
„Hallo David, schön, dass du wieder da bist. Wie geht es dir?“
„Mir geht’s gut. Ich bin hier, weil mich ein paar Fragen bewegen, auf die ich keine Antwort finde.“
„Dann lass mal hören.“
„Ich habe festgestellt, dass Sex um einiges komplizierter ist, als ich mir das aus Pornofilmchen zusammengereimt habe.“
„Das liegt an den Pornofilmen. Pornofilme werden aus einer weitaus größeren Menge an Filmmaterial zusammengeschnitten. Für 20 Minuten Filmendfassung können da schon mal 10 Stunden Rohmaterial notwendig sein.“
„Und was wird da weggelassen?“
„All das, was dir kompliziert erscheint. Man schneidet einfach die geglückten Abschnitte zusammen. Weggelassen wird beispielsweise die anfängliche Penetration, da sie meistens auch bei Geübten einige Zeit in Anspruch nimmt.“
„Ach so, ja genau das wollte ich auch fragen. Ist das normal, dass das so weh tut?“
„Ja natürlich. Der Schließmuskel muss sich schließlich entspannen und daher ist Vorsicht und Geduld angesagt.“
„Aber wie kann man das schön finden, wenn das dermaßen weh tut?“
„Mit der Zeit lernt man seinen Schließmuskel zu entspannen und hat man dann einen vorsichtigen Partner im Bett, funktioniert das auch ohne Schmerz.“
„Und warum spritzen die in Pornos so viel ab?“
„Das Zeug, das wie Sperma aussieht, muss nicht unbedingt Sperma sein. Diese Substanz wird beispielsweise mit einer Pumpe auf den Körper oder ins Gesicht gespritzt. Der Sex wird dadurch safe, was für Pornodarsteller lebenswichtig ist. Ausnahmen bilden die Bare-Praktiken, bei denen eben genau nicht ein safer Geschlechtsverkehr ausgeübt wird.“
„Und wie groß ist so ein Standardschwanz? Philipps war ja nicht größer als meiner.“
„Übergrößen sind ähnlich selten wie Beinamputierte. Obwohl jedem ein Fuß fehlen kann, gibt es insgesamt nur wenige
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