Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein neues Leben als Mensch (German Edition)

Mein neues Leben als Mensch (German Edition)

Titel: Mein neues Leben als Mensch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Weiler
Vom Netzwerk:
Crack raucht und es mit wilden Burschen treibt. Das hat man davon, wenn man früher zu brav war.
    Nachdem ich alles gelesen hatte, was man wissen muss, um up to date zu sein –, Kristen hat eine neue Haarfarbe, Stephenie leidet am Vampir-Burnout, Nick datet Musical-Kolleginnen – legte ich das Heft beiseite, um Carla zu suchen. Ich mag es, mit ihr über meine frisch erworbenen «Twilight»-Kenntnisse zu schwatzen, auch wenn sie mir immer einen Tick voraus ist. Sie saß im Wohnzimmer und telefonierte, bemerkte mich aber nicht. So kam ich in den Genuss folgender Durchsage: «Mein Vater ist auch manchmal so endpeinlich.» Soso. Halt! Vater? Das bin ja ich! Frechheit. Ich lauschte weiter und erfuhr dann, dass zwischen ihr und Moritz die Dinge nicht zum Besten stehen. Was war da los?
    Moritz war vor ein paar Tagen bei uns gewesen. Er blieb bis fast halb neun. Dann verschwand er ohne Abschiedsgruß. Das hätte mich stutzig machen müssen. Ich habe Carla aber nicht darauf angesprochen. Und nun kommt raus: Sie hat ihn an dem Abend rausgeschmissen, weil er etwas Fürchterliches getan hat. Er hat, während sie ihm etwas erzählte: gegähnt.
    In diesem Zusammenhang habe ich kürzlich einen wunderschönen Namen gelesen: Ponniah Thirumalaikolundusubramanian. Es handelt sich bei Herrn Thirumalaikolundusubramanian um einen indischen Internisten, der sich mit neuen Erkenntnissen zum Thema Gähnen hervorgetan hat, wobei die Länge seines Nachnamens keine Rolle spielte, sondern seine Beobachtung, dass das Gähnen offenbar von primitiven Hirnregionen gesteuert wird. Affen gähnen, Hunde gähnen, Fische wohl eher nicht. Ich gähne auch, wobei mein Gehirn sehr sorgfältig darauf achtet, dass ich nicht zur Unzeit und vor allem geräuschlos gähne. Von primitiv kann bei mir also keine Rede sein. Ich bin ein überaus unprimitiver Gähner, und ich bemühe mich sehr, niemals zu gähnen, wenn meine Frau etwas erzählt. Das sollte sich Moritz hinter die Ohren schreiben: niemals gähnen, wenn Frauen reden.
    Carla beendete das Telefonat und entdeckte mich hinter der Tür. Ertappt und geistig schwerfällig, wollte ich ihr in der schweren Zeit Mut zusprechen und verwendete dafür frisch aus der BRAVO entlehnte Vokabeln. Ich fragte: «Na? Endkrasser Boy-Alarm am Start?»
    Carla verdrehte die Augen und ging in ihr Zimmer. Vielleicht kann ich ja zwischen den beiden vermitteln. Ich muss mal bei Moritz anrufen. Oder lieber nicht. Meine Tochter könnte bis zum Äußersten gehen und mich mit ihrem «Twilight»-Parfüm besprühen. Das überlebe ich nicht.

Der Leihhase
    Es wird immer schwieriger, die Kinder von der Existenz des Osterhasen zu überzeugen. Carla glaubt nur noch mir zuliebe an ihn, und bei Nick regen sich erste Zweifel. Das hat keine biologischen Gründe. Nick hält es nach wie vor für absolut möglich, dass Hasen bunte Eier legen. Er glaubt allerdings nicht, dass sie so doof sind, sie anschließend für ihn zu verstecken. Würde er jedenfalls andersrum nicht machen. Nick hat noch keine rechte Beziehung zum kategorischen Imperativ.
    Erschwerend hinzu kommt der Umstand, dass mich meine Kinder vor zwei Jahren beim Verstecken erwischt haben und ich beim besten Willen nicht als Osterhase durchgehe. Als Osterkalb vielleicht, aber nicht als Hase. Damals hatte ich verpennt und hastete durch den Garten, als die Kinder längst wach waren. Obwohl Sara sie ablenkte, stürmten sie zum Fenster, um zu gucken, warum der Osterhase so brüllte, aber das war ich. Mir war beim Eierverstecken ein Vogelhaus auf den Kopf gefallen.
    Letztes Jahr wollte ich alles besser machen. Ich überlegte mir, dass die Existenz des Osterhasen am besten dadurch bewiesen werden konnte, dass ich die Eier nicht versteckte. Und wenn ich es nicht war, wer konnte es dann sonst gewesen sein? Niemand als der Osterhase. Logisch. Also engagierte ich einen Auftragshasen. Meinen Schwiegervater Antonio. Der zeigte sich am Telefon begeistert, auch wenn ihm die Bräuche unseres Landes nach wie vor nicht recht vertraut sind. Er verwechselt zum Beispiel Fasching und Silvester. Jedenfalls sieht er an Silvester so aus. Egal. Er sagte: «Okay maki der Has. Was solli tun?»
    «Du kommst morgen früh um halb sieben vorbei und versteckst alles, was du hinter der Mülltonne findest.»
    «Okay, keine Probleme. Binida und maki gern.»
    Abends lud ich hinter der Mülltonne ab, was Antonio verstecken sollte: Schokohasen, gekochte Eier, Süßigkeiten in Osternestern, dazu zwei Bücher und zwei CDs. Am

Weitere Kostenlose Bücher