Mein neues Leben als Mensch (German Edition)
gar nicht dessen erste Hälfte, sondern die zweite: «Aber da kriege ich ihn nie hin.» Das versetzt mich in erhöhte Alarmbereitschaft, denn es steht zu erwarten, dass ich über kurz oder lang in Sachen Schwimmteich weichgekocht werden soll. Man muss sich diesen Vorgang so vorstellen: Vermutlich werden wir demnächst irgendeine Freundin mit Schwimmteich besuchen. Danach wird wochenlang eine Schwimmteich-Zeitschrift bei uns herumliegen. Schließlich wird Sara aus heiterem Himmel eines Tages mitteilen, dass sie wahnsinnig gerne schwimmen gehen würde, und zwar draußen im Garten. Ich antworte, dass man dafür einen Swimmingpool brauche und wir keinen besäßen. Sie wird leise seufzen, dass man ja einen Pool bauen könne. «Kommt nicht in Frage», werde ich verzweifelt rufen. «Wir wohnen zur Miete, die Investition bekommen wir nie wieder zurück. Und außerdem haben wir auch gar keinen Platz für einen richtigen Swimmingpool. Es sei denn, wir reißen einen Teil des Hauses ab, aber das gehört uns ja nicht.» Und damit wird das Thema für mich erledigt sein.
Sara wird einen Tag warten oder zwei. Dann wird sie völlig unvermittelt erwähnen, dass wir doch bei ihrer Freundin Susanne gewesen seien, und die habe einen Schwimmteich. Dieser stelle eine günstige Alternative dar, eine Art Kompromiss zu dem Pool, den ich haben wolle.
«Aber ich will doch gar keinen Pool», werde ich sagen, dann diskutieren wir, ich vergesse, was ich gesagt habe, oder bringe alles durcheinander, und bereits vier Wochen später nimmt Sara ihr erstes Bad zwischen Algen, Froschlurchen, Schnecken und begeisterten Nachbarinnen.
Genau so wird’s kommen.
Mein Versuch, sie mit ihrer eigenen Salamitaktik zu schlagen, ging übrigens kürzlich schwer daneben. Es war wie in dem Roman «Sonntag» von Georges Simenon. Darin versucht ein Koch, seine Frau umzubringen, und zweigt dafür über einen längeren Zeitraum heimlich winzigste Mengen Arsen vom Rattengift ab, um sie eines Sonntags in ihr Risotto zu mischen. Und obwohl er fast schon paranoid vorsichtig handelt und eigentlich vollkommen sicher sein kann, dass sie das Reisgericht ohne den Hauch eines Verdachts essen wird, macht sie genau dies nicht. Weil sie weiß, dass ihr Mann sie an diesem Tag vergiften will. Sie hat seinen am Ende erbärmlichen Plan in Wahrheit schon vor Monaten durchschaut, ohne ihm das zu zeigen, denn sie kann wie alle Frauen Gedanken lesen, was wohl auch nicht schwierig ist, denn Männer haben offenbar keine besonders gute Firewall in der Birne.
Letzte Woche erwähnte ich also ganz beiläufig, dass unser Fernseher sehr lange zum Umschalten brauche. Und Sara antwortete: «Wir brauchen keinen HD-Fernseher mit eingebautem digitalen Sat-Receiver.» Ich möchte mal wissen, woher sie wusste, dass ich genau das im Sinn hatte. Ich habe nie darüber gesprochen.
Endkrasser Boy-Alarm
Es gibt Neues vom Pubertier: Die Beziehung unserer Tochter Carla mit dem schönen und von mir über die Maßen geschätzten Moritz ist in die Krise geraten. Und weil ich beide mag, leide ich mit, auch wenn mir nicht mehr so ganz klar ist, was es für Zwölfjährige zu leiden gibt. Da ist ja noch alles ganz harmlos. Glaube ich. Hoffe ich.
Auf jeden Fall ist der Wurm drin bei den beiden, und eigentlich sollte ich das gar nicht wissen, denn mir erzählt Carla so etwas natürlich nicht. Man müsste schon Ohren haben wie eine Fledermaus, um in den Genuss von Einzelheiten zu kommen. Aber was mir an den Ohren fehlt, gleicht meine Neugier aus. Ich kann mich in eine mobile geheimdienstliche Abhörstation verwandeln, wenn es sein muss. Sie werden empört und richtigerweise feststellen, dass mich das Privatleben meiner Tochter nichts angeht, aber damit liegen Sie nur teilweise richtig. Schließlich würde völliges Desinteresse am Privatleben meiner Tochter später einmal zu herben Vorwürfen und hohen Therapiekosten führen. Diese möchte ich meinem Kind ersparen und informiere mich deswegen ständig darüber, was Mädchen ihres Alters bewegt. Dabei hilft mir die regelmäßige Lektüre der gängigen Fachpresse.
Ich stand also in der Küche und blätterte die BRAVO unserer Tochter durch. Ganz schön öde. Alles voll mit Justin Bieber und Rihanna. Wäre meine Jugend auch so öde gewesen, wäre ich wahrscheinlich heute cracksüchtig. Wie Max Wright. Das ist der Schauspieler, der vor fünfundzwanzig Jahren den spießigen Willie Tanner in der TV-Serie «Alf» gespielt hat. Im Internet existieren Fotos, auf denen er
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