Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein neues Leben als Mensch (German Edition)

Mein neues Leben als Mensch (German Edition)

Titel: Mein neues Leben als Mensch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Weiler
Vom Netzwerk:
Schulkameraden abholt und die anwesenden Jungs ganz deutlich nach Alkohol riechen. Oder sogar nach Räucherstäbchen oder so was. Dann muss der Vater anderntags bei den Eltern des Gastgebers anrufen und sagen: «Ihre Lendenfrucht raucht Räucherstäbchen oder so was.» In meiner Jugend gab es solche Anrufe. Oder: Der Vater muss nachts um vier Uhr aufstehen, weil das Telefon klingelt. Die Tochter ist dran und fragt, ob sie achtzehn Kilometer entfernt abgeholt werden kann, weil der letzte Bus weg sei. Der Vater muss am Treffpunkt feststellen, dass da noch drei Freunde der Tochter stehen, deren Väter schon lange nicht mehr ans Telefon gehen, wenn es nachts klingelt. Und auch in einem solchen Fall muss man natürlich anderntags die Eltern anrufen, schon um mal auszuprobieren, ob sie wenigstens tagsüber ans Telefon gehen. So lernt man sich kennen, wozu dann also noch mitten im Winter auf dem Schulhof rumstehen!?
    Sara hörte geduldig zu, dann fuhren wir zum Weihnachtsbasar, wo ich mir zwei Stunden lang magmaartig heißen Punsch über die Flossen goss, weil die Suppenkelle zu groß und die Tassen zu klein waren. Während ich meiner fronhaften Tätigkeit nachging, läutete Dattelmann unentwegt ein impertinentes Glöckchen und sang zur Gitarre, was dazu führte, dass ich das meiste von dem, was ich nicht danebenschüttete, alleine trank. Später goss sich auch Dattelmann eine Tasse ein. Ohne zu kleckern übrigens, was mich vollends verdross. Dann legte er den Arm um mich und sagte: «Ich heiße Ulrich.»
    «Ich weiß», sagte ich verzagt. Und er: «Wir sollten uns vom förmlichen Sie trennen. Seefahrer und Punschtrinker duzen sich.» Das wusste ich noch gar nicht.
    Sieben Tassen später klärte Ulrich mich auf in Sachen Obama. Das sei ein ganz schlauer Hund. Die Sache sei nämlich die, dass der Barack Obama doch eigens nach Skandinavien gereist sei, um die Olympischen Spiele nach Chicago zu holen. Richtig? Und er habe sie nicht bekommen, stimmt’s? Ja, stimmt. Und nur eine Woche später habe man dem Obama den Friedensnobelpreis zugesprochen. Jaja. Und das sei doch kein Zufall. Nicht? Nein! Natürlich nicht. Da müsse man doch nur mal eins und eins zusammenzählen, rief Dattelmann. Da sei doch glasklar ein Deal abgelaufen. Echt, ein Deal? Natürlich: Obama fährt also nach Kopenhagen wegen der Olympiabewerbung. Was ist in der Nähe von Kopenhagen? Jawohl: Oslo. Und da haben sie vom Nobelpreiskomitee einen nach Kopenhagen geschickt und dem Obama gesagt: Du, pass auf, Barack. Beides geht nicht. Entweder Olympia oder Nobelpreis. Wie stehen wir denn da, wenn du jetzt jede Woche gewinnst. Also überleg’s dir.
    Der Barack hat also abends mit seiner Frau drübergeskypt, und die hat dann am Ende entschieden, dass er natürlich den Nobelpreis nimmt. Warum? Ganz einfach aus zwei Gründen. Erstens: Olympische Spiele wären erst 2016, da ist der Obama lange nicht mehr im Amt, und dann fällt es auch nicht mehr auf ihn zurück. Verstehst? Jaja, klar. Und zweitens: Eine Million, die könne sie schon gebrauchen, die Michelle. Das ist ja kein Pappenstiel. Da muss selbst so ein Präsident lange für stricken. So sei das.
    Ich finde, das klingt plausibel. Nächste Woche beim Klassenrodeln will er mir die Sache mit Westerwelle erklären. Bin schon sehr gespannt.

Dümpeln in Tümpeln
    Natürlich fragt man sich ab und an, was in der Ehefrau so vorgeht. Vieles, was da an Gedanken pulst, erzählt sie gar nicht mir, sondern ihren Freundinnen am Telefon oder auf Spaziergängen oder bei uns in der Küche. Um wenigstens ein bisschen auf dem Laufenden zu bleiben, husche ich zu solchen Gelegenheiten kurz vorbei, sage brav guten Tag und verschwinde wieder. Dabei nehme ich heimlich Gesprächsfetzen mit. Neulich zum Beispiel hörte ich – eine Mineralwasserflasche unter dem Arm und die Öhrchen fein gespitzt – folgende Sentenz aus dem Munde meiner Gattin: «Ich hätte ja gerne einen Schwimmteich, aber da kriege ich ihn nie hin.»
    Da hat sie recht. In einen Schwimmteich zu steigen ist wie in Miso-Suppe zu baden. Komischerweise finden alle Frauen das romantisch. Sie möchten beim Schwimmen grünes Wasser runterschlucken, allerlei Kleingetier aufwühlen und mit den Zehen Schlamm durchwalken. Die Vorstellung, mit einem Seerosenblatt auf dem Kopf dem eigenen Tümpel zu entsteigen, macht meine Frau regelrecht wuschig. Sehr merkwürdig. Mir kann Badewasser gar nicht genug gechlort sein.
    Der interessantere Teil des aufgeschnappten Satzes ist übrigens

Weitere Kostenlose Bücher