Mein neues Leben als Mensch (German Edition)
Geht’s noch uncharmanter? Ja, natürlich, denn der Text ist ja noch nicht zu Ende. Weiter im Text: «Darüber hinaus besitzt der neue Acer REVO RL 100 eine intuitiv zu bedienende Touch-Fernbedienung, einen integrierten Hybrid-TV-Tuner sowie ein optionales Bluray-Laufwerk.»
Soso, die Fernbedienung ist also intuitiv zu bedienen. Man tastet sich sozusagen an Ergebnisse heran. Hey, Leute, aus dem Alter des vorsichtigen Herantastens bin ich echt raus. Und das Bluray-Laufwerk, das dieser Computer besitzt, ist optional. Was für eine entsetzliche Sprache. Und falsch ist der Satz auch noch. Entweder der Computer verfügt über ein Laufwerk oder nicht, aber optional kann man nichts besitzen.
Man muss sich bloß mal vorstellen, die Menschen würden zu Hause so reden wie die Leute von dieser Computerbude. Beim Frühstück zum Beispiel.
Sie: «Ich könnte dir optional Marmelade mit integrierten Früchten reichen.»
Er: «Sehr gerne. Besitzt diese optional Erdbeeren?»
Sie: «Nein, aber sie beinhaltet innovative Kirsch-Lösungen, und sie ist butterkompatibel.»
Er: «Na, dann werde ich doch mal intuitiv darauf zugreifen.»
Sie: «Sag mal, hast du mit der inspirierenden Kakaobutter & Cocosöl-Duschcreme geduscht?»
Er: «Oh ja, inspiriert dich das?»
Sie: «Und wie. Ich würde dich gerne nach dem Frühstück intuitiv bedienen.»
Er: «Du meinst ein Bett-Sharing? Am frühen Morgen?»
Sie: «Ich wäre auf jeden Fall dafür konfiguriert.»
Er: «Dann könnte ich ja mal an dir runterscrollen.»
Sie: «Okay, ich muss nur noch schnell booten.»
Er: «Oh, bei mir poppt gerade ein Hyperlink auf.»
Ist das wirklich die Welt, in der wir leben wollen? Und dann auch noch ohne Seifenstücke? Na, ich weiß nicht.
Brötchen-Philosophie
«Wie zahlreich sind doch die Dinge, derer ich nicht bedarf.» Hat Sokrates gesagt, und es klingt sehr gut, aber der griechische Philosoph hatte es auch leicht mit dieser Feststellung, schon wegen des begrenzten Angebots im Athener Einzelhandel vor 2600 Jahren. Damals gab es ja praktisch nur Tongefäße, Scherben und viereckige Steine. Sokrates verfügte auch nur über sehr langsames Internet (wenn überhaupt und ohne Flatrate) und kannte keine belgischen Pralinen. Sonst hätte er nämlich etwas ganz anderes gesagt, und zwar: «Wie zahlreich sind doch die Dinge, derer ich nicht bedarf, von denen ich aber nicht genug bekommen kann.»
Dem muss ich zustimmen. Es ist mir bewusst, dass ich zum Beispiel keiner belgischen Praline bedarf. Aber ich liebe Pralinen. Und viele weitere unnütze oder überflüssige Dinge wie gestärkte Hemden, Angry Birds und Fleur de Sel. Und ich gebe zu: Es fällt mir inzwischen schwer zu entscheiden, was ich tatsächlich dringend benötige und was nicht. Nur selten weiß ich sofort: Das brauche ich nicht.
In diese Kategorie fällt ganz eindeutig Salat im Käsebrötchen. Dennoch hat sich in der bahnhöfischen Brötchenbranche die Kulturtechnik durchgesetzt, die Ware mit schlaffem Grünzeug zu garnieren. Dazu muss man dreimal «bäh» sagen. Vor kurzem zog ich wie immer das Salatblatt heraus, um es angewidert wegzuschmeißen. Ich saß dabei in einem Zug, mir gegenüber eine ältere Dame und ein Handelsvertreter, die mich in etwa so wachsam beobachteten wie der amerikanische Geheimdienst einen schnurrbärtigen Südeuropäer beim Unkrautschuffeln. Stopp!
Dazu fällt mir folgender Witz ein: Ein alter Araber lebt seit 40 Jahren in Brooklyn. Er möchte in seinem Garten Kartoffeln pflanzen, aber er ist dafür zu alt und zu schwach. Deshalb schreibt er eine E-Mail an seinen Sohn, der in Europa studiert. «Lieber Ibrahim, ich bin sehr traurig, weil ich in meinem Garten gar keine Kartoffeln pflanzen kann. Wenn du hier wärst, könntest du mir helfen und den Garten umgraben. Dein Vater.» Sein Sohn antwortet: «Lieber Vater, bitte rühre auf keinen Fall irgendetwas im Garten an. Dort habe ich nämlich ‹die Sache› versteckt. Dein Sohn Ibrahim.» Keine zwei Stunden später umstellen die US Army, die Marines, das FBI und die CIA das Haus des alten Mannes. Sie nehmen den Garten völlig auseinander, suchen jeden Millimeter ab, finden aber nichts. Enttäuscht ziehen sie wieder ab. Abends bekommt der alte Araber eine E-Mail von seinem Sohn: «Lieber Vater, ich nehme an, dass der Garten jetzt komplett umgegraben ist. Viel Spaß beim Kartoffelnpflanzen, Dein Ibrahim.
So. Ich saß jedenfalls im Zug und holte unter den strengen Blicken der Mitreisenden mein Käsebrötchen aus der
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