Mein Offizier und Gentleman
sie, ihre Zweifel begrabend. Immerhin kam die Nachricht von einer Dame, mit der sie bekannt war. Wahrscheinlich ist Lord Harcourt der Saal zu überfüllt, dachte sie und ging freudig erregt hinaus – die Vorstellung, draußen in der linden Nachtluft mit ihm zu speisen, ge fi el ihr außerordentlich.
Auf der Terrasse zögerte sie abermals. Da standen die kleinen Tische, alle jedoch schon besetzt, und von Lord Harcourt keine Spur. Unschlüssig verharrte sie an der kurzen Treppe, die zum Rasen hinunterführte, dann hob sie den Saum ihres Gewandes und schritt die Stufen hinab.
Zwei Herren traten durch dieselbe Tür und wollten ihr folgen. In diesem Moment verstellte Drew ihnen den Weg und nahm die Maske ab, die er bisher getragen hatte.
„Meine Herren“, sagte er heiter, „ein Wort mit Ihnen, wenn es gefällig ist.“
„Wir sind anderweitig beschäftigt. Vielleicht ein anderes Mal“, antwortete Philip Markham frech grinsend.
„Nein, meine Angelegenheit duldet keinen Aufschub. Außer Sie zögen vor, dass ich mich damit an Ihre Väter wende?“
„Er weiß es“, stöhnte Peter Robinson und nahm seine Maske ab. Die Drohung machte ihm Angst, denn ihm war klar, bei einem erneuten Fehlverhalten stand sein monatlicher Wechsel auf dem Spiel, da sein Vater ihn schon einmal verwarnt hatte. Außerdem war er so scharf auf diese Entführung nicht gewesen. „Gib auf, Markham. Es war sowieso eine idiotische Idee.“
„Halt den Mund, du Trottel!“, knirschte Markham, „Du bist ein feiges Plappermaul!“ Auch er nahm die Maske ab. „Aber der Einfall stammt von Lawrence, ich wasche meine Hände in Unschuld.“
„Sehr vernünftig.“ Drews Ton blieb freundlich, doch sein Blick sprach Bände. „Andernfalls wären väterliche Maßregelungen noch das geringste Übel, das Ihnen zustößt. Glauben Sie mir, wenn ich wütend bin, ist mit mir nicht zu spaßen.“
„Es sollte ein Ulk sein!“, sagte Robinson fl ehend. „Hören Sie, es tut mir leid. Eigentlich hatte ich gar nicht mitmachen wollen.“
„Feigling!“, knurrte Markham abermals, und an Drew gewandt, sagte er: „Ich fürchte mich nicht vor Ihnen, Marlbeck, aber Sie sollten wissen, dass Lawrences Onkel uns auf den Gedanken brachte – und wir fanden, es könnte ein Spaß werden. Wahrscheinlich hätten wir es jedoch sowieso nicht zu Ende gebracht.“
„Seien Sie versichert, dass Ihnen die Entführung nicht gelungen wäre“, erklärte Drew. „Und sollte Miss Horne in Zukunft etwas zustoßen, weiß ich, an wen ich mich halten muss!“ Lauschend neigte er den Kopf; er hatte draußen etwas wie einen erschreckten Aufschrei vernommen. „Wenn Sie mich nun entschuldigen wollen …“ Er ließ die jungen Dachse stehen und kam gerade recht, um zu sehen, wie zwei Männer nahe eines Springbrunnens in der Dunkelheit miteinander rangen. Offensichtlich hatte Toby Lawrence sich ans Werk gemacht, ohne auf seine Freunde zu warten. Jack versetzte ihm eben einen gewaltigen Haken, der den Burschen zu Boden schickte.
In diesem Augenblick kam Lucy zu ihm gelaufen und rief aufgeregt: „Drew! Als ich in den Garten hinaustrat, versuchte jemand, mich zu packen und ins Gebüsch zu zerren. Wenn Lord Harcourt nicht gekommen wäre …“
„Dir ist nichts geschehen, Lucy?“
„Nein. Ich war erschreckt, aber alles ging so schnell! Der Mann hatte mich kaum angefasst, da stürzte sich schon Lord Harcourt auf ihn.“
„Wir hatten vorgesorgt“, erklärte Drew. „Drei dumme junge Burschen wollten dich entführen und dich zwingen, einen von ihnen zu heiraten. Aber Jack bekam Wind von der Sache, sodass wir ihnen eine Falle stellen konnten. Weißt du, wir mussten sie den Versuch wagen lassen, sonst wärest du die nächste Zeit nie sicher gewesen. Aber nun ist alles vorbei. Ich habe mir die anderen beiden vorgenommen, und Jack wird Lawrence den Kopf zurechtrücken!“
„Ihr wolltet, dass es so kommt?“ Es war alles zu schnell vorüber gewesen, als dass Lucy Zeit gehabt hätte, sich zu fürchten, nun aber war sie zornig. „Ihr habt nicht einmal für nötig befunden, mich zu fragen?“ Sie schleuderte ihm einen angewiderten Blick entgegen und stürmte wutentbrannt zurück in den Speisesaal, um ihre Schwester zu suchen.
Marianne sah sofort, dass etwas nicht stimmte. „Was ist, Lucy? Dein Kleid hat einen Riss, ist dir etwas zugestoßen?“
Die ganze Geschichte sprudelte nur so aus Lucy heraus.
„Ach, Liebes, wie schrecklich! Möchtest du lieber heimfahren?“, fragte Marianne
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