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Mein Offizier und Gentleman

Mein Offizier und Gentleman

Titel: Mein Offizier und Gentleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE HERRIES
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Tochter zu erwähnen, hätte sie sich nicht gezwungen gesehen abzureisen.
    „Was denn, Mama?“ Lucy sah ihre Mutter beunruhigt an.
    „Man sagt, er habe ein uneheliches Kind.“
    Lucy keuchte auf; das hatte sie nicht erwartet.
    „Ob es wahr ist, weiß ich nicht“, fuhr ihre Mutter fort, „und an sich ist es nicht gar so entsetzlich, auch andere Männer hüten oft genug ein solches Geheimnis. Aber es heißt auch, er p fl ege weiterhin Umgang mit der Kindsmutter – eine Frau niederer Abkunft, soweit ich weiß.“
    „Was genau willst du mir sagen, Mama?“, fragte Lucy, so betäubt, dass sie den Sinn der Worte kaum erfasste.
    „Ich will sagen, dass er eine Mätresse hat. Wahrscheinlich würde er sie aufgeben, wenn er heiratete … aber vielleicht auch nicht, er scheint einen gewissen Ruf zu haben.“
    „Oh, ich verstehe.“ Lucy errötete unter dem Blick ihrer Mutter. „Aber sicher würde er doch nicht … ich meine, wenn er seine Gattin ehrlich liebt?“
    „Ich weiß es nicht. Liebling, ich will nicht sagen, dass ich ihn ablehnen würde, falls er um deine Hand anhielte, jedoch würde ich auf einer langen Verlobungszeit bestehen.“
    „Er … er hat mich noch nicht gefragt, Mama.“ Nun waren Lucys Wangen purpurrot.
    „Nun, davon gehe ich aus, denn dann hätte er wohl zuerst bei mir vorgesprochen. Denk daran, sollte er sich äußern, gebe ich meine Zustimmung nur, wenn ihr eine angemessene Frist vereinbart, während der du ihn näher kennenlernen kannst.“
    „Ja, Mama. Aber vielleicht stimmt das alles ja nicht, vielleicht sind es nur dumme Vermutungen. Außerdem, selbst wenn da ein Kind wäre, muss das nicht heißen, dass er noch … mit der Mutter …“
    „Nein, natürlich nicht.“ Mrs. Hornes Gerechtigkeitssinn verbot ihr eine andere Antwort. „Du darfst ihn auch weiterhin treffen, und ich würde einer Heirat nicht im Wege stehen, nur sollst du dir der Lage bewusst sein.“
    Lucy war ihrer Mama dankbar für ihre Worte. Manche Mutter hätte angesichts solcher Vorwürfe sicher ein striktes Verbot ausgesprochen, doch alle Mitglieder der Familie Horne hegten großes Vertrauen in Lord Harcourt, da er, wie Lucy wusste, ihnen vor einigen Jahren in einer schwierigen Lage sehr hilfreich zur Seite gestanden hatte. „Ich meine, du traust Lord Harcourt zu Recht, Mama. Er hat sich bisher immer wie ein perfekter Gentleman betragen – selbst du könntest an seiner Haltung nichts auszusetzen haben.“
    „Gewiss, Kind; ich möchte nur nicht, dass dir ein Schmerz widerfährt.“
    „Ich will nicht abstreiten, dass ich mich zu Lord Harcourt hingezogen fühle, doch ich bin deiner Meinung. Einen zukünftigen Gatten sollte man erst gründlich kennenlernen.“
    „Nun, dann gibt es nichts mehr dazu zu sagen. Ich lasse dich leichten Herzens in Drews und Mariannes Obhut.“
    Immer noch nachdenklich, verabschiedete Lucy sich später am Tag von ihrer Mutter. Sie war vernünftig genug, ein uneheliches Kind nicht als Hindernis für eine Verbindung mit Lord Harcourt zu betrachten. Anders wäre es, wenn er sein Verhältnis zu der Mutter des Kindes aufrechterhielte. Doch da er sein Interesse an mir bisher nicht mit einem Wort offen angedeutet hat, beschloss Lucy, das Grübeln vorerst zu lassen. Heute Abend auf dem Maskenball würde sie sich auf jeden Fall verhalten, als ob sie nie etwas über diese Sache gehört hätte.
    „Wie entzückend du ausschaust, Liebes!“, rief Marianne, als Lucy in ihrer Robe aus zartblauer Seide die Treppe hinabkam. Der üppige Reifrock und das Mieder mit dem tiefen Dekolleté ließen sie erwachsener wirken, und die zu Locken gedrehte, hochaufgetürmte Frisur, aus der nur eine einzelne üppige Strähne kokett gelockt über ihre linke Schulter fi el, unterstrich diesen Eindruck noch. Die schwarze Samtmaske, die ihr Gesicht halb bedeckte, verlieh ihr einen Hauch von Verruchtheit.
    Lucy betrachtete sich erstaunt im Spiegel. „Ist es nicht ein wenig gewagt? Ich möchte nicht leichtfertig erscheinen. Meinst du, ich sollte einen Spitzenschal um die Schultern legen?“
    „Nein, keineswegs. Lucy, du bist erwachsen! Wenn du dich geziemend beträgst – wie du es immer tust – wird niemand etwas an dem Kostüm auszusetzen haben.“
    Leise au fl achend öffnete Lucy ihren Fächer. „Ach, es ist so aufregend! Ob ich wohl jemanden erkennen werde?“
    „Die meisten erkennt man an der Stimme. Aber der größte Spaß ist ja, zu erraten, wer unter der Maske steckt. Du, Lucy, wirst dich heute Abend gewiss vor

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