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Mein Offizier und Gentleman

Mein Offizier und Gentleman

Titel: Mein Offizier und Gentleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE HERRIES
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Märchen hierher versetzt schien. Lucy sah sehnsüchtig hinüber; zu gern hätte sie den Ort erkundet, auch wenn dort wohl kaum Geheimnisse lauerten. In ihrer Vorstellung jedoch war das kleine Sommerhaus ein Palast, in dem ein verzauberter Prinz darauf wartete, von ihr erlöst zu werden.
    Mit einem Seufzer drehte sie sich um und wollte zum Haus zurückkehren, als sie Lord Harcourt bemerkte, der ein kleines Stück entfernt stand und gedankenverloren über den See schaute.
    Sie atmete einmal tief ein, dann näherte sie sich ihm ein paar Schritte. „Guten Morgen, Sir. Ich glaube, der Tag heute wird sehr warm werden, vielleicht gerade recht für einen Aus fl ug auf dieses Inselchen. Meinen Sie nicht?“
    „Ja, vielleicht“, entgegnete Jack, während er sich ihr zuwandte. „Das Wasser könnte dazu verlocken – besonders, wenn der Tag heiß wird.“
    Lucy lächelte ihn schüchtern an. „Finden Sie nicht, dass die Insel wie verzaubert aussieht? Als gäbe es dort einen schlafenden Prinzen, der nur darauf wartet, geweckt zu werden – oder eine Prinzessin?“
    „Sie albernes Kind“, sagte Jack nachsichtig, „offensichtlich haben Sie zu viele Märchen gelesen. Ich fürchte, Sie werden bald feststellen, wie anders das echte Leben ist. Sind Sie wirklich schon achtzehn? Ihre Mama sollte sich noch einmal überlegen, ob sie Sie debütieren lassen will, besonders in London. Ich fi nde, Sie sind noch zu arglos für den manchmal wenig feinen Umgang, der Ihnen dort zweifellos unterkommen wird.“
    „Ich weiß, dass das Leben nicht nur heiter ist“, antwortete Lucy und hob stolz das Kinn, denn sein Ton verstimmte sie. „Ich habe nämlich oft genug bei Veranstaltungen zur Unterstützung der Armen geholfen. Mein Vater lehrte uns Kinder, nicht die zu vergessen, denen es schlechter geht als uns, und die Nachteile der Armut sind mir wohl bekannt.“
    „Ich dachte nicht an die missliche Lage der Armen.“ Jack lag es auf der Zunge, ihr zu sagen, was er meinte, hielt sich jedoch zurück. Nicht ausgerechnet er wollte ihre Illusionen zerstören. Ohne Zweifel würde ihre Mutter sie vor solchen niedrig denkenden Männern warnen, die junge arglose Frauen verführten. „Aber Ihre Betroffenheit spricht für Sie, Miss Horne.“ Freundlicher lächelnd als zuvor sagte er: „Kommen Sie, gehen wir zurück. Ich hörte, für morgen Abend ist ein Ball geplant. Werden Sie teilnehmen?“
    Lucy schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln, ihre schönen Augen strahlten. „Ja, natürlich. Marianne gibt ihn, weil sie meinte, es wäre besser, wenn mein erster richtiger Ball bei ihr, inmitten von Freunden und der Familie, statt fi ndet. Natürlich habe ich schon an privaten Tanzvergnügen teilgenommen, aber dies ist mein erster of fi zieller Ball.“
    „Sie freuen sich darauf?“ Jack fühlte sich ungewollt von ihr gefesselt. Sie war ein entzückendes Mädchen, noch sehr jung und naiv, aber mit angenehmen Umgangsformen. „Verraten Sie mir, welche Farbe Ihr Kleid haben wird?“
    Unter seinem neckenden Blick errötete Lucy. An diesem Morgen schien er viel zugänglicher und erinnerte eher an den Mann, den sie früher gekannt hatte. Damals war er ihr heiterer vorgekommen. Sie fragte sich, wodurch seine Augen den sorglosen Blick verloren hatten.
    „Weiß, mit silbernen Ranken, und Mama wird mir ihre Perlen leihen. Sie meint, Perlen passten am besten für den Anlass.“
    „Sehr hübsch“, meinte Jack, während er sich im Geiste notierte, dass er ihr ein Sträußchen weißer Rosen schicken lassen wollte – oder vielleicht rosa Blüten mit weißem Band? „Nun, Miss Horne, gehen wir hinein zum Frühstück?“
    Lucy nickte, plötzlich wieder von Schüchternheit erfasst. Sonst wartete sie immer, bis ihre Mutter hinunterkam, doch das mochte sie ihm nicht sagen. Aber was konnte schwierig daran sein, sich zu den anderen Frühaufstehern zu gesellen und sich unbeschwert zu unterhalten? Stolz hob sie den Kopf, fest entschlossen, niemanden ihre Unsicherheit sehen zu lassen.

2. KAPITEL

    Als Lucy nach dem Frühstück ihr Zimmer aufsuchte, war sie sehr zufrieden mit sich. Anstatt sich unbehaglich zu fühlen, hatte sie erfreut zur Kenntnis genommen, wie die anwesenden Herren sich eifrig um sie bemühten und ihr nicht erlaubten, sich selbst zu bedienen. Einer hatte ihr den Stuhl zurechtgerückt, ein anderer ihr den Kaffee eingeschenkt, und ein weiterer älterer Herr, der sie ‚mein hübsches Kind‘ nannte, hatte darauf bestanden, ihr immer neue, verlockende

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