Mein perfekter Sommer
weiter.
Nach diesem kolossalen Reinfall höre ich nichts mehr von den Jungs, also beschließe ich, meinen Versuch ruhen zu lassen, mich mit der Jugend Stillwaters anzufreunden. Stattdessen werde ich zu Susies Abbruchgehilfin, schreibe noch fünfzehn Briefe an meine Abgeordneten und Abgeordnetinnen und lasse nicht unerhebliche Handykosten auflaufen, indem ich Olivia simse, die sich gerade in ihrer Kommune in Upstate New York einrichtet. Eine ganze Woche lang schaffe ich es, die Art hilfsbereites, konstruktives, kreatives und produktives Ferienleben zu führen, das die meisten Eltern zu lautem Jubel und Freudensprüngen veranlassen würde.
Am Ende fühle ich mich höllisch einsam. »Und was darf es heute für dich sein, Jenna? Der große Hammer für die Wände oder der kleine für die Fensterrahmen?« So begrüßt Susie mich am Morgen in ihrem mit Farbe bespritzten Overall, sie hält mir die Zerstörungsutensilien hin.
»Den kleinen«, beschließe ich, dann binde ich mir das Haar mit einem ihrer bunten Schals zusammen. »Ich glaube, ich hab mir gestern an diesem Holzklotz was gezerrt.«
»Alles eine Frage des Schultereinsatzes«, pflichtet sie mir bei. Der Toaster spuckt unsere Pop-Tarts aus, die wir in Papiertücher wickeln, bevor wir die Aufgaben des Tages angehen wie eine gut geölte Baumaschine.
»Leute, ihr seid erbärmlich«, lässt Fiona uns wissen, die durch die Küche schlurft. Sie schnappt sich die Packung Cornflakes und den Milchkarton, aus dem sie ohne das geringste Zögern einen Zug nimmt.
»Ähem, Bakterien!«, protestiere ich.
Sie verdreht die Augen. »Susie kann ja neue kaufen.« Da sie nun das Frühstück in der Hand hat (und die erste zickige Bemerkung des Tages losgeworden ist), zieht sie sich wieder ins Bett zurück.
Mit einem Schlag bricht Susie das erste Stück aus der Wand. Ich mache einen Satz zurück.
»Nun ja, das Positive ist, sie hat dich beim Namen genannt, nicht nur ›sie‹ oder ›die‹.« Ich prüfe, ob Susie irgendwelche Anzeichen von Frustration zeigt. Abgesehen davon, dass sie das Haus auseinandernimmt, meine ich.
Nee. Ihr Mund lächelt ausgeglichen, ganz so, als wäre ihre Stieftochter überhaupt nicht das nervigste Gör seit Veruca Salt. »Würdest du bitte Milch auf die Einkaufsliste schreiben, ehe ich es vergesse?« Diese Bemerkung wird mit einem weiteren lauten Rums unterstrichen.
»Okaay.« Ich tu, was man mir sagt. Nichts liegt mir ferner,
als einer mit einem Vorschlaghammer bewaffneten Frau zu widersprechen, obwohl ich der Meinung bin, dass all diese unterdrückte Wut lieber Ausdruck finden sollte, indem man sie tatsächlich irgendwie … rauslässt.
»Übrigens, ich dachte du und Fiona, ihr könntet am Wochenende mal den Pick-up nehmen und in die Stadt runter fahren, gemeinsam Shoppen gehen und so?« Susie wirkt geradezu begeistert. »Das ist eine Fahrt von zwei Stunden hin wie zurück, aber ihr könntet ja den ganzen Tag dort verbringen, ins Kino gehen, ein paar Sachen für die Raumausstattung besorgen. Könnte doch Spaß machen.«
Spaß? Mit Fiona?
Ich zögere, denke an vier Stunden, die ich mit ihr auf beschränktem Raum zu verbringen hätte. »Vielleicht«, sage ich höflich. »Klar. Wenn sie das will.«
»Toll. Weißt du, du hast so viel Zeit damit zugebracht, mir zu helfen, dass du kaum Gelegenheit hattest, was mit ihr zu unternehmen.« Susie guckt so besorgt, als wäre das ganz was Übles. »Wenn ihr Mädchen also schwimmen oder Eis essen gehen wollt und so, dann nur zu. Schert euch nicht um dieses Chaos.«
Ich linse vorsichtig zu ihr rüber, um festzustellen, ob sie Witze macht, aber nein, ihrem Gesicht ist nichts anzusehen, da ist nur diese mütterlich besorgte Miene.
»Ich glaube … das ist kein Problem«, sage ich langsam. »Wir sehen auch so genug voneinander. Schließlich teilen wir uns ein Zimmer.«
Wenn das widerwillige Überlassen einer winzigen Ecke
und einer einzigen Schublade denn Teilen genannt werden kann.
»Ja, schon, aber ihr braucht etwas Zeit für euch, unter Mädchen!« Susie scheint das ganz ernst zu meinen, aber sie schwingt den Vorschlaghammer mit Begeisterung. »Zum Reden, Verbünden, Entspannen!«
Rums. Ein weiteres Stück Wand stürzt in sich zusammen.
»Ist … ist alles in Ordnung?«, frage ich zögernd, ehe donnernde Schritte Fionas erfreuliche Rückkehr ankündigen.
»Was zum Geier soll das denn?«, brüllt sie und fuchtelt mit ein paar Katalogen herum.
Susie senkt den Hammer. »Die sind für dein
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