Mein perfekter Sommer
aufstehen, aber ich hab Shorts an und meine nackten Oberschenkel kleben am Sitz. Ich lasse mich wieder fallen. »Später vielleicht.«
»Hm.«
Wir hängen auf unseren Stühlen rum, bis mein Telefon surrt. Erwartungsvoll schnappe ich es mir, zögere jedoch, als ich die Nummer erkenne.
»Hallo, Mom.« Ich zieh mich vom Stuhl hoch und gehe rüber in den hinteren Raum.
»Jenna, endlich. Seit Tagen krieg ich immer nur deine Mailbox.«
»Ich weiß, tut mir leid.« Ich klemme das Handy zwischen Kinn und Schulter und hole ein paar eiskalte Limos aus dem Kühlschrank. »Ich hatte echt viel zu tun. Ist ziemlich hektisch hier, mit der Pension, meine ich.«
»Nun ja, ich bin froh, dass ich dich erwischt hab. Ich habe etwas zu besprechen mit dir.« Ihre Stimme zittert. Ich schlucke.
»Hat das Zeit?«, unterbreche ich sie. »Ich wollte gerade weg. Ich möchte die anderen nicht warten lassen.«
»Oh.« Mom klingt enttäuscht. »Kann ich mir denken. Sagst du mir, wann …«
»Na klar! Wir sprechen uns bald. Hab dich lieb!«
Dann lege ich auf. Ich bin immer noch entschlossen, die Probleme meiner Eltern nicht in meinen Sommer eindringen zu lassen, doch es wird schwieriger, so zu tun, als ob überhaupt nichts los wäre. Ich stecke das Handy weg und geh wieder nach vorn in den Laden. Die Türglocke bimmelt. Nur nicht grinsen, denke ich, als ich sehe, wer gekommen ist. Endlich!
»Ach, du bist das.« Ethan seufzt.
»Oh, danke.« Reeve schlendert heran und schaut zwischen Ethan und mir hin und her. »Wow, ihr beiden seht ja gelangweilt aus.«
»Was sag ich?« Ethan piekt mich. Ich schlage seine Hand weg. »Uns laufen die Hirne aus«, erklärt er.
»Dir vielleicht. Was geht?«, frage ich ihn total lässig. »Brauchst du Werkzeug oder Farbe oder was aus dem Keller?«
»Äh, nö.« Reeve blitzt mir ein ganz privates Grinsen zu. Er trägt alte abgeschnittene Jeans, die um die Knie herum ausgefranst sind, und ein ärmelloses Khakihemd, das seine Bräune nur noch dunkler wirken lässt. »Ich wollte nur mal hören, ob ihr später zu diesem Jahrmarktdingens gehen wollt.«
»Nein«, sagt Ethan im selben Moment, in dem ich frage: »Was für ein Jahrmarkt?«
»Die veranstalten da jedes Jahr so was in Graystone Valley«, erklärt Reeve, er ignoriert Ethan. »Mit Rummel, Rodeo und solchen Sachen. Ist irgendwie Quatsch, aber …«
»Macht bestimmt Spaß!« Auf diese Gelegenheit stürze ich mich.
»Na, wenn ihr alle geht …« Ethan zieht sich wieder hoch. »Kommt Grady auch mit?«
»Kann sein.«
»Ich könnte mal sehen, ob sich Fiona mitschleifen lässt«, schlage ich vor. »Dann gehen wir alle zusammen, als Gruppe.« Je mehr Leute, desto weniger fällt es auf, wenn Reeve und ich – äh – von der Gruppe getrennt werden.
»Toll.« Reeve nickt. »Ich komm vorbei und hol euch beide so um fünf ab?«
»Hört sich gut an. Wenn ich sie dazu kriegen kann, du weißt schon, sozial zu sein.«
Er grinst mich schräge an. »Viel Glück damit.«
Der Jahrmarkt könnte die Kulisse für einen Familienunterhaltungsfilm sein. Ich trau meinen Augen nicht, es gibt ein
Riesenrad und Karusselle und sogar ein echtes Rodeo mit Cowboynummern und Wettbewerben im Kälberringen. Überall, wo ich hinsehe, laufen kleine Kinder mit Zuckerwatte herum und die Leute tragen Cowboyhüte – und meinen das ernst.
»Ich glaub, du hast genug Fotos gemacht.« Reeve lacht, ich habe etwa eine halbe Stunde durchgeknipst. Anscheinend ist jeder in einem Umkreis von hundert Meilen angereist und schlendert jetzt in der Abendsonne über die Festwiese. Über uns liefert der graue Fels der Berge den Rahmen für das Tal, aber hier unten toben Lärm und Farbe.
»Du machst Witze – das ist fantastisch!« Ich kann gar nicht glauben, wie idyllisch das alles ist, mit Tierschau und … »Ist ja nicht wahr! Ist das ein Kuchenbackwettbewerb?« Entzückt hüpfe ich auf das rot karierte Zelt zu. Tatsächlich. Ein Dutzend der schönsten Blaubeerkuchen des Graystone Valley sind hier für die Preisrichter aufgereiht, neben einem Stand mit eingemachtem Chutney und einem Mann, der Käse verkauft. »Nicht zu glauben. Meine Mom wird ja so was von neidisch werden. Sie liebt solche Sachen!«
Ich spüre, wie Reeves Arm sich um meine Taille legt. Völlig überrascht drehe ich mich zu ihm. »Moment, was ist …«
»Keiner zu sehen.« Er grinst und zieht mich an sich. »Fiona und Grady sind losgezogen und terrorisieren kleine Kinder bei den Autoscootern und Ethan hat
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