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Mein Sanfter Zwilling

Mein Sanfter Zwilling

Titel: Mein Sanfter Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nino Haratischwili
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weg. Frank machte mir noch ein aufgeregtes Handzeichen, Emma flüsterte meinen Namen, und ich sah Ivos Blick. Sein Blick flehte mich an, zu bleiben, ihn nicht zu verlassen, und ich schüttelte den Kopf. Dann öffnete sich das Gartentor, und der große Mann mit dem dichten Schnurrbart trat in den Garten. Er sprach freudig mit Pidy und jonglierte dabei mit den vielen Tüten und Taschen in der Hand, die er aus dem Auto holte. Gleich darauf rannte Emma ihm entgegen und küsste ihn leicht auf die Lippen. Er umschloss ihre Taille und hielt sie lange Zeit umarmt. Sie sprachen etwas, aber ich konnte nicht hören, was.
    – Er sollte erst in zwei Tagen kommen, erst in zwei Tagen. In zwei Tagen, flüsterte Ivo und sah mich an. Ich umklammerte den Ast und versuchte mit der anderen Hand Ivos Hand zu fassen, aber da begann der Mann nach ihm zu rufen, und Ivo löste sich vom Ast und begann schnell herunterzuklettern. Er rannte auf den Mann zu, der ihn in die Arme nahm und ihn hochhob wie ein Kleinkind. Emma flüsterte Ivo etwas ins Ohr, und als das Paar ins Haus ging, kam Ivo zum Baum und rief mir zu, ich sollte herunterkommen.
    Ich hatte Angst vor jeder Bewegung, und auch die Tränen ließen sich nicht mehr zurückhalten, und so begann ich zu weinen. Nur langsam kam ich auf den Boden, und schlagartig vergrößerte sich meine Angst. Mein Vater hatte mich hier zurückgelassen, und obwohl ich wusste, dass ich freiwillig hiergeblieben war, dass ich es wegen Ivo getan hatte, wegen seines flehenden Blicks, wollte ich es nicht wahrhaben.
    Ich musste Ivo ins Haus folgen, wurde dem Mann als eine Schulfreundin Ivos vorgestellt, die zum Spielen da war. Die vier Gedecke auf dem Küchentisch wurden damit begründet, dass meine Mutter, vorgeblich eine Bekannte Emmas, mich hier abgesetzt hätte. Ivo und ich saßen mit gesenkten Köpfen in der Küche und warteten, was geschah. Der Mann aß, was vom Essen übrig geblieben war, und erzählte von seiner Fahrt, von seiner Freude, zu Hause zu sein, und verteilte Geschenke an seine Frau und seinen Sohn. Schließlich wurden wir auf Ivos Zimmer geschickt, und kurz darauf hörten wir die Zimmertür am Ende des Flurs zuschlagen.
    Ivo saß auf seinem Bett und starrte vor sich hin. Er sagte nichts. Ich sagte nichts. Ich kaute an meinen Fingernägeln. Zum Spielen hatten wir keine Lust, und Pidy hatten wir draußen im Garten gelassen.
    Man hörte ein merkwürdiges Quietschen und Emmas Stimme, die gleich darauf in leises Schluchzen überging. Man hörte die Stimme des Mannes, und daraufhin ächzte das Bett laut und bedrohlich unter der Last zweier Körper. Das Geräusch war uns vertraut, doch diesmal hatte dieses Geräusch etwas Fürchterliches. Ein kurzes Keuchen nur, und dann wieder ein Schluchzen. Ein paar Minuten später fiel ein Gegenstand zu Boden, und der Mann erhob seine Stimme. Ich sah Ivo, der sich die Ohren zuhielt und weinte. Er schüttelte immer wieder den Kopf und schaukelte sich hin und her. Ich wollte ihn berühren, aber er stieß mich weg, und ich taumelte zu Boden. Die Stimme wurde lauter, unerträglicher. Auch Emma war zu hören. Wieder wurde etwas umgestoßen. Ich kroch zu Ivo zurück und versuchte wieder, ihn zu berühren. Seine ganze Selbstbeherrschung schien wie weggezaubert, ich sah einen verängstigten kleinen Jungen, der mich mit verheulten Augen ansah und anfing, auf mich einzuschlagen. Emma schrie und schrie.
    Ivo traf mein Knie, und ich fiel hin. Er setzte sich auf mich drauf und zog mich an den Haaren. Ich kratzte und versuchte sein Gesicht zu fassen, damit er von mir ließ und ich wieder Luft bekam, aber er war größer und stärker. Er presste seine Beine immer fester um meinen Rumpf zusammen, und ich begann zu husten. Das Husten ging in Keuchen über, und ich schrie auf.
    Aber Emmas Schreie aus dem anderen Zimmer übertönten meine Stimme, und Ivos Schläge ließen mich schließlich verstummen. Als ich es schaffte, mich zu befreien und wegzukriechen, erreichten die Schreie einen Höhepunkt, und die verzweifelte Stimme brach gar nicht mehr ab. Es war ein klagender Laut, der endlos war. Ivo stand da, mit verzerrtem Gesicht, und hielt den Atem an. Kurz sah ich in seinem Gesicht den Entschluss aufblitzen, ins andere Zimmer zu rennen, und gleich darauf erkannte ich seine Angst, die ihn daran hinderte. Und dann sah er auf mich, wie ich zusammengekauert auf dem Boden lag, und in seinen Augen funkelte erneut Zorn auf, und er stürmte auf mich zu. Er schlug mir mit der Faust ins

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