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Mein Seelenauftrag

Mein Seelenauftrag

Titel: Mein Seelenauftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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würde, bis irgendetwas überquoll. Dennoch pflichtete ich ihm bei, und er füllte einen Teil der Erde wieder ein.
    Ich fuhr auf dem schnellsten Weg zu Holly, aber der war nicht zu Hause. Da ich viel zu aufgeregt war, um zu warten, machte ich mich auf die Suche nach ihm. Ich fand ihn etwa eineinhalb Kilometer vor der Stadt am Straßenrand, das Fahrrad neben sich, die Sense in der Hand. Er schnitt das Gras, das im Hochsommer regelmäßig die Nebenstraßen Vermonts zu überwuchern drohte.
    »Hey, Holly, was machen Sie denn da?«
    »Ich zahle meine Steuern«, erwiderte er.
    »Wie bitte?«, fragte ich lachend. »Nein, im Ernst, wieso schneiden Sie das Gras?«
    »Ich zahle so meine Gemeindesteuer. Ich habe nicht viel Geld, also habe ich mich bereit erklärt, etwa eineinhalb Kilometer zu beiden Seiten der Stadt das Gras am Straßenrand kurz zu halten.«
    Ich dachte flüchtig darüber nach, ob dieser Ansatz auch in Manhattan im tiefsten Winter mit einer Armee Schnee schippender Steuerhinterzieher funktionieren würde, verwarf den Gedanken aber schnell wieder. Aufgeregt berichtete ich Holly, was auf meinem Grundstück passiert war, und fragte, was nun zu tun sei.
    Er stützte sich auf seine Sense, wie es die Menschen wohl jahrhundertelang getan hatten, man es heute aber nur noch selten sah. »Da wir jetzt wissen, dass es Wasser gibt, brauchen Sie ein ungefähr 4,6 bis 4,8 Meter langes und knapp einen Meter breites Durchlassrohr aus Aluminium, einen passenden Betondeckel, drei Betonsteine und einen Kubikmeter groben Kies. Außerdem eine kleine Schwengelpumpe mit einem 4,6 Meter langen Schlauch.«
    Ich schrieb noch fieberhaft die Zahlen auf, als er fortfuhr: »Wenn Sie die Sachen haben, muss der Bagger wiederkommen, die Grube ausheben und das Rohr senkrecht hineinstellen. Das ist Ihr Brunnen.«
    Damals ahnte ich noch nicht, dass ich soeben die wilde und wunderbare Welt des Wünschelrutengehens betreten hatte. Wie sich herausstellte, genügte es nicht, Wasser zu finden. Man musste auch wissen, wie man aus einem Wasserloch einen Brunnen machte. Ich hatte noch viel zu lernen. Holly brachte mir bei, dass man zuerst den Kies in die Grube füllen muss, damit die unterirdische Wasserader ungehindert weiterfließen kann. Darauf legt man drei Betonsteine mit den Hohlräumen parallel zur Erde, damit das Wasser hindurchfließen kann. Sind die Steine in der Waage, bilden sie ein flaches dreibeiniges Fundament, auf dem das Rohr wie eine riesige, aufrechte Aluminiumzigarre ruht. Ohne den Schotter und die Betonblöcke würde das Rohr die unterirdische Wasserader in kürzester Zeit mit seinem Eigengewicht abdrücken. Sie würde einfach »lernen«, das Hindernis zu umfließen. Unglaublich!
    Ein paar Tage später brachten wir das Rohr unter Hollys wachsamen Augen in Position. Es ragte knapp zwei Meter aus dem Boden, sodass wir den Baggerfahrer baten, mit dem Erdaushub einen kleinen Hügel anzuschütten, damit wir zur Öffnung hinaufgehen konnten. Danach befand sich der Betondeckel etwa auf Taillenhöhe.
    Als ich in den Brunnen hineinsah, konnte ich nicht das Geringste sehen. Holly bemerkte meine Zweifel und sagte nur: »Wir müssen bis morgen warten. Dann nehmen wir eine Probe und schicken sie an die Universität, um die Qualität des Wassers prüfen zu lassen und zu sehen, ob man es wirklich trinken kann.«
    Als wir am nächsten Tag wiederkamen, half Holly mir, den schweren Betondeckel vom Ende des senkrecht aus der Erde ragenden Rohrs zu heben, damit wir hineinsehen konnten. Ich war sprachlos! Der Wasserspiegel war bis knapp zwei Meter unter den Rand gestiegen. In dem Brunnen befand sich eine ungefähr 2,7 Meter hohe Wassersäule mit einem Durchmesser von knapp einem Meter. Während ich so dastand und überlegte, was hier geschehen war, wich mein Erstaunen erst schierer Verblüffung, dann Ehrfurcht! Wie Holly prophezeit hatte, fiel der Wassertest positiv aus. Es war hervorragendes Trinkwasser.
    Unendliche Möglichkeiten
    In jenem Sommer verbrachte ich viel Zeit mit Holly. Wir trafen eine Abmachung: Er würde mir das Wünschelrutengehen beibringen – gesetzt den Fall, ich hätte das Talent dazu. Im Gegenzug dazu würde ich ihn zu seinen Terminen und wieder nach Hause fahren.
    Wie sich herausstellte, hatte ich die erforderliche Begabung, und wie versprochen brachte Holly mir das Wünschelrutengehen bei. Ich musste das jeweilige Areal abgehen und meine Fundstellen markieren. Anschließend ging er noch einmal darüber, um meine Ergebnisse zu

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