Mein Seelenauftrag
jedem Urteil, das Sie äußern, einen weiteren Stein in den Rucksack packen, den Sie Tag für Tag rund um die Uhr mit sich herumtragen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Sobald Sie sich stattdessen für einen Zustand der Akzeptanz entscheiden, fügen Sie Ihrer sowieso schon schweren Last keine weiteren Steine hinzu.
Es gibt nur Entscheidungen und Konsequenzen
Unlängst lauschten wir der Unterhaltung zweier Freunde. Einer von ihnen berichtete von einer frustrierenden Situation, die er kürzlich erlebt hatte. Er sei auf der Autobahn unterwegs gewesen, als ein anderer Fahrer ihn plötzlich geschnitten und er deshalb fast die Kontrolle über seinen Wagen verloren hätte. Er erzählte, wie wütend er geworden sei und dass er alles getan habe, um nicht rotzusehen und wütend hinter dem rücksichtslosen Fahrer herzujagen. Er befand sich, was diese Situation anbelangte, offensichtlich im Urteilsmodus und fragte die Freundin, ob sie schon einmal etwas Ähnliches erlebt hätte.
Sie erwiderte: »Ich kann deine Reaktion verstehen und hatte in der Tat erst vor Kurzem eine ganz ähnliche Begegnung. Als der anfängliche Schreck des Beinahezusammenstoßes nachließ, fing ich an nachzudenken, was im Leben des anderen Fahrers wohl vor sich gehen könnte. Vielleicht gab es einen Notfall, vielleicht kam er zu spät zu einer wichtigen Besprechung oder hatte einfach nur einen richtig schlechten Tag. Ich nutzte die Situation, um mich in der spirituellen Aufgabe der Akzeptanz zu üben, und segnete ihn. Ich dankte ihm auch, da er mir deutlich vor Augen geführt hatte, dass ich nun langsamer fahren musste, um absolut sicher sein zu können, dass ich ihm unterwegs nicht mehr zu nahe kam.«
Dies ist ein einfaches Beispiel aus dem Alltag, das den urteilenden Ansatz deutlich von einer Haltung der Akzeptanz unterscheidet. Welcher unserer beiden Freunde wird Ihrer Ansicht nach später im Straßenverkehr wohl eher den Staplern wiederbegegnen?
»Also gut, ich hab’s kapiert! Aber wie akzeptiere ich die Dinge, über die ich normalerweise – und schon beinahe mein Leben lang – urteile?«, fragen Sie jetzt vielleicht.
Das ist eine sehr gute Frage und der Grund, weshalb wir die zweite Fertigkeit, also das Loslassen bereits gefällter Urteile, als unerlässlich für die spirituelle Entwicklung erachten. Dieser Prozess beinhaltet auch eine ungewöhnliche Methode der Vergebung. Dadurch, dass Sie zur Akzeptanz gelangen, das heißt aufhören zu urteilen, packen Sie keine neuen Steine mehr in Ihren Rucksack. Indem Sie sich mit dem einzigartigen Vorgang der Vergebung beschäftigen (den wir im nächsten Kapitel erörtern werden), nehmen Sie die bereits vorhandenen Steine heraus – manchmal einen nach dem anderen, manchmal mehrere auf einmal. Gelegentlich werden Sie sogar große Brocken los. Metaphysisch gesehen hat dieser Prozess Ähnlichkeit mit dem Abbau von Karma.
Wir behaupten nicht, dass sich leicht lernen ließe, in einem Zustand der Akzeptanz und der Vergebung zu leben, oder dass man dies in kurzer Zeit meistern könne. Die gute Nachricht lautet, dass Sie nicht alles auf einmal erledigen müssen. Es verhält sich eher wie mit dem Abnehmen. Jedes Mal, wenn Sie sich von einem Pfund – oder einem Stein – befreien, fühlen Sie sich ein wenig leichter. Im Grunde müssen Sie sich lediglich darauf konzentrieren, heute etwas mehr Mitgefühl und Akzeptanz zu empfinden als gestern. In diesem Zusammenhang ist es gut, sich an das sechste Seelenprinzip zu erinnern, das man nicht oft genug wiederholen kann und das eines unserer liebsten ist: Die spirituelle Entwicklung ist kein Ereignis, sondern ein Prozess.
Sobald Sie anfangen, sich von Ihren Urteilen zu befreien, werden Sie feststellen, dass sie der einzige Unterschied zwischen einem Leben voll unnötigen emotionalen Leids und einem Leben voller Liebe und Mitgefühl sind. In den letzten beiden Kapiteln werden wir uns ausführlich mit dem Vergebungsprozess beschäftigen und Ihnen zeigen, wie Sie damit effektiv Ihren Rucksack leeren können.
Unterdessen würden Sie vielleicht gern hören, wie Ihr Leben aussehen wird, wenn Sie sich erfolgreich von Ihren Urteilen lösen und auf Akzeptanz setzen. Am 10. Dezember 1997 kletterte Julia Butterfly Hill auf einen 55 Meter hohen Küstenmammutbaum in Kalifornien. Um seine Zerstörung sowie die des Waldes um ihn herum zu verhindern, blieb sie zwei Jahre dort. Sie hatte Erfolg, und alle Bäume innerhalb einer 1,2 Hektar großen Pufferzone durften stehen
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