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Mein Seelenauftrag

Mein Seelenauftrag

Titel: Mein Seelenauftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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dass sie aus einer immateriellen Realität stammt und der materielle Bereich, den wir fälschlicherweise für die gesamte Existenz halten, nur eine »winzige Welt« ist.
    Wir kommen, wie William Wordsworth sagte, »umhüllt von lichter Wolkenschar« auf diese winzige Welt, »nicht gänzlich in Vergessenheit«. 47 Wir schlafen nicht völlig. Es ist sowohl unser Auftrag als auch unser Schicksal, immer weiter zu erwachen und schließlich wie der verlorene Sohn nach Hause zurückzukehren. Wie haben wir uns das vorzustellen, wenn wir diese winzige Welt verlassen und nach Hause zurückkehren?
    Die Folgen einer solchen Veränderung konnte ich zum ersten Mal bei einem älteren Herrn beobachten, der alljährlich in Dr. Hunters Quimby Center kam, um von seinen Erfahrungen zu berichten. Er hieß Sadhu Grewal und stammte aus Indien. Als er noch ein junger Mann war, besuchte Mahatma Gandhi gelegentlich die Dörfer auf dem Land, damit die Menschen ihre Anliegen vorbringen konnten. Für gewöhnlich wurde auf einem öffentlichen Platz ein Stuhl aufgestellt, und die Anwohner standen in kilometerlangen Schlangen an, um mit ihm zu sprechen. Es dauerte oft stunden- und manchmal sogar tagelang, bis man an die Reihe kam und mit Gandhi sprechen konnte.
    Einmal beschloss Grewal, der ein recht streitbarer Bursche war, sich ebenfalls anzustellen und Gandhi gehörig die Meinung zu sagen. Je länger er warten musste, desto unzufriedener wurde er. Er wollte diesem Führer sagen, was in der Regierung alles falschlief und was er tun sollte, um es richtigzustellen.
    Etwa drei Meter vor Gandhis Stuhl hatte man eine Linie in den Staub gezogen, was ihm und dem jeweils Fragenden ein wenig Privatsphäre verschaffen sollte. Dahinter standen die Menschen an. Endlich war Grewal an der Reihe. Er war vom stundenlangen Warten aufgewühlt und konnte es kaum erwarten zu sprechen. Er stürzte auf Gandhi zu, und als er in seine Augen sah, spürte er, wie die Macht der Liebe dieses Mannes ihn durchflutete. Er sank schluchzend vor ihm auf die Knie. Augenblicklich verflog sein ganzer Ärger, und er wurde vom tiefen Frieden göttlicher Liebe erfüllt. In diesem Augenblick beschloss er, Gandhis Schüler zu werden und den Rest seines Lebens als Botschafter der Liebe durch die Welt zu reisen, was er über vierzig Jahre tat und weshalb er auch immer wieder kam, um im Quimby Center zu sprechen. Was für ein wunderbarer Mann.
    •
    Grewal spürte, wie er seine Wut, seine Frustration, seinen Zorn und seine Vorstellungen von Richtig und Falsch losließ, die ihm viele Jahre des emotionalen Aufruhrs und des Leids beschert hatten. In einem wunderbaren Augenblick der Hingabe legte er seine Urteile ab und kehrte heim in den Frieden Gottes, den er sein Leben lang nicht mehr verließ.
    Er beschreibt diesen Prozess so, dass er das Tor der Vergebung durchschritt und dabei seine Urteile über alles und jeden opferte. Vergebung kann sehr tief empfunden werden, was wir in vollendeter Form in der Hingabe Christi finden, der sprach: »Nicht mein, sondern dein Wille geschehe.« 48
    Grewals Prozess war zwar ungewöhnlich weitreichend, unterschied sich aber nicht von dem, den Sie durchlaufen, wenn Sie sich von einem einzigen Urteil lösen. Jedes Mal, wenn Sie sich von einem Urteil befreien, nehmen Sie einen Stein aus Ihrem Rucksack und werfen ihn weg. Im Gegensatz zu Grewal erwachen die meisten Menschen, indem sie einen Stein nach dem anderen entsorgen. Manchmal ist die Veränderung so gering, dass Sie die Aufwärtsbewegung gar nicht bemerken, da sie unterhalb der Schwelle des Gewahrseins bleibt. Für die meisten Menschen ist es von Vorteil, ganz allmählich zu erwachen. Alles andere kann ein gewaltiger Schock für das Nervensystem sein – vom Ego ganz zu schweigen. Aber wenn Sie das Gewicht dieses einen entfernten Steins zu dem des nächsten und wieder nächsten rechnen, wird sich die Gesamterleichterung schon bald zu einem veränderten Bewusstsein und einem neuen Leben summieren.
    Der berühmte Autor Henry Miller brachte in den folgenden Worten ein wunderbares Gewahrsein dieses Loslassprozesses zum Ausdruck: »Ich weiß, wo das Heil liegt: Entsagen muss man, verzichten muss man, sich aufopfern, auf dass unsere kleinen Herzen im Gleichklang mit dem großen Herzen der Welt schlagen.« 49 Was könnte Miller damit gemeint haben? Was ist dieser Prozess der Selbsthingabe, und wie können Sie damit arbeiten? Wie können Sie die Pforte der Vergebung finden und durchschreiten? Wie können Sie

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