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Mein Tag ist deine Nacht

Mein Tag ist deine Nacht

Titel: Mein Tag ist deine Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rose
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der alten Lauren ähnlicher, als du denkst. Du bist nicht zufällig hier hereingeschneit. Ich habe die ganze Zeit darüber nachgedacht, und ich glaube, dass dich, solltest du wirklich an zwei Orten existieren, eine höhere Macht zu dieser Familie gebracht hat. Weil du hier gebraucht wurdest. Gebraucht
wirst
. Bitte, Lauren, pfusch da nicht herum!«
    »Tut mir leid«, erwiderte ich und trank meinen Kaffee aus. »Kannst du den Kindern heute Mittag etwas zu essen machen? Ich muss das klären.«
     
    Eine halbe Stunde fuhr ich mehr oder weniger im Blindflug, ehe ich an Ortsschildern vorbeikam, die mir vage bekannt vorkamen. Schließlich fuhr ich auf die verkehrsreiche A 3 , kam an Schildern nach Guilford und Woking vorbei, setzte meinen Weg auf der M 25 fort, bis ich diese beim Ausfahrtsschild nach Leatherford verließ und dann in Richtung Epsom weiterfuhr. Es überraschte mich, wie wenig Verkehr auf der sonst so viel befahrenen M 25 herrschte, eine Straße, die ich in der Vergangenheit immer möglichst gemieden hatte. Als ich die Hauptverkehrsstraße verließ, verdüsterte sich der Himmel, und ich fragte mich, ob ein Unwetter im Anmarsch sei. Auf der Straße fuhren fast keine anderen Autos. Ich schaltete meine Scheinwerfer an. Als ich um ungefähr halb zwei Epsom erreichte, bemerkte ich, dass es so dunkel geworden war, dass die Straßenlaternen brann-ten.
    Als ich mit dem Galaxy in den Wendebereich vor meiner Straße einbog und den Motor abschaltete, wurde mir schlagartig klar, dass es, wenngleich laut Wagenuhr zwanzig vor zwei am Nachmittag, hier zwanzig vor zwei in den frühen Morgenstunden sein musste. Um die Nachbarn nicht aufzuwecken, stieg ich aus, schloss leise die Tür und kam dann an meinem eigenen kleinen blauen Auto vorbei, das an seinem gewohnten Platz stand.
    Auf leisen Sohlen bewegte ich mich über das Gras und die Treppe hinunter in meinen Vorhof, wo ich den Schlüssel genau dort hinter der Regenrinne vorfand, wo ich ihn angebracht hatte.
    In der Wohnung herrschte Dunkelheit und Stille, und ich war dankbar, dass ich den Weitblick gehabt hatte, Dan zu bitten, Frankie mit zu sich zu nehmen. Ob sie mich in Laurens Körper erkannt hätte, wusste ich nicht, aber verwirrt hätte es das arme Tier sicherlich, und wenn sie mich angebellt hätte, hätte sie vielleicht die Nachbarn geweckt.
    Ich atmete tief durch und knipste das Wohnzimmerlicht an. Mein kleines Heim war genauso, wie ich es in der vergangenen Nacht beim Zubettgehen verlassen hatte. Auf Zehenspitzen ging ich ins Schlafzimmer, ließ das Licht dort aber aus. Dann stand ich im Dunkeln einfach nur da, starrte auf die schlafende Jessica und lauschte ihren flachen, aber regelmäßigen Atemzügen.
    Nach einer Weile ging ich auf Zehenspitzen zum Bett hinüber und setzte mich auf die Bettkante. Mit zitternder Hand berührte ich Jessicas kühle Wange. Es war eigenartig, mich so zu betrachten, wie andere mich sehen mussten. Als ich sachte eine ihrer braunen Locken hob, verspürte ich eine seltsame, fast vertraute Art der Liebe gegenüber dieser Person, die eigentlich ich war.
    Widerstrebend zog ich meine Hand zurück, stand auf, ging zum Kleiderschrank in der Zimmerecke und nahm ein Paar Jeans, ein Kapuzensweatshirt und eine Jogginghose heraus. Ich blickte mich noch einmal lange in der stillen Wohnung um, ehe ich sie verließ.
     
    Auf dem Heimweg erhellte sich der Himmel bei meinem Wechsel von einer Zeit in die andere allmählich. Als ich wieder an Guilford vorbeikam, war es kurz nach halb drei Uhr nachmittags. Da ich mich bei den dortigen Läden mittlerweile auskannte, fuhr ich in die Stadtmitte, parkte den Wagen günstig in der Nähe des Busbahnhofs und eilte zum nächsten Schuhladen, wo ich eine Verkäuferin mit der Bitte nervte, mir einen Prospekt mit den neuesten Mädchenschuhen herauszusuchen.
    Kurz nach drei traf ich wieder zu Hause ein. In der Zufahrt lauschte ich dem Klicken des abkühlenden Motors, sammelte dabei meine Gedanken und sinnierte über das Wohnhaus der Richardsons. Zu Hause. Was für ein ernüchternder Gedanke. Das uralte Sprichwort »Zu Hause ist man, wo das Herz ist« kam mir in den Sinn. Ich dachte an Sophie, Nicole, Toby und Teddy und dann an Dan und Frankie und spürte das mittlerweile vertraute Beißen hochsteigender Tränen.
    Ich hörte, wie sich die Haustür öffnete, und zwinkerte, um wieder klar sehen zu können. Karen streckte den Kopf heraus und rief nach mir.
    »Lauren?«
    Kaum war ich aus dem Wagen gestiegen, war Karen auch

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