Mein Tor ins Leben - Bajramaj, L: Mein Tor ins Leben
T-Shirts. Die können sie gut für den eigenen Sport gebrauchen.
Ich bin bei der WM 2007 aber nicht nur shoppen gegangen. Nein, es wurde auch Fußball gespielt … Beim zweiten Vorrundenspiel gegen England durfte ich das erste Mal ran. Mensch, mein erstes WM-Spiel, da waren weiche Knie Normalzustand. In der Eröffnungspartie hatten wir Argentinien 11: 0 weggefegt, da musste ich noch auf der Bank schmoren. Als ich gegen England reinkam, stand es 0: 0, die Anspannung bei allen Beteiligten war groß. Keiner durfte sich eine Schwäche erlauben, der Verlierer der Partie würde mit dem Rücken zur Wand stehen. Das wollten wir unbedingt vermeiden.
Meine ersten Gedanken auf dem Platz waren: »Lira, du darfst den Ball jetzt nicht so lange halten, sonst verlierst du ihn noch und dann bist du daran schuld, wenn wir das Spiel hier verlieren.« Ich habe immer schnell wieder abgespielt, es lief für mich recht ordentlich. Sobald ich auf dem Feld stehe und eine gute Aktion hinter mir habe, legt sich meine anfängliche Nervosität auch wieder. Das Spiel endete 0: 0, wir konnten mit diesem Resultat ganz gut leben.
Es folgte die Partie gegen Japan. Dazu mussten wir nach Hangzhou. Ich durfte ab der 57. Minute mitspielen, wir gewannen mit 2: 0. Damit war auch klar: Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft steht im Viertelfinale. Dort wartete Geheimfavorit Nordkorea. Die waren unberechenbar. Keiner kannte die Spielerinnen so richtig, die auf mich erstens alle gleich und vor allem zweitens sehr maskulin wirkten. Für d iese Spiel mussten wir wieder weiter, die Reise ging diesmal nach Wuhan. Es handelte sich dabei stets um ordentliche Distanzen, vier bis fünf Flugstunden Weg von Spielort zu Spielort waren keine Seltenheit. Diese Provinzstädte hatten oft mehrere Millionen Einwohner – in Europa aber kennt kaum einer diese Orte.
Nordkorea kämpften wir nieder. Unser Team durfte sich vor allem bei Nadine Angerer bedanken. Unsere Torfrau hielt wie eine Fußballgöttin. Am Ende sprang ein hart erarbeiteter 2: 0-Sieg raus. Ich wurde dabei schon nach 41 Minuten eingewechselt. Herrlich, so eine Erfolgswelle!
Weiter ging es zum Halbfinale nach Tianjin. In dieser 6-Millionen-Metropole, drei Autostunden von Peking entfernt, sah ich zum ersten Mal in meinem Leben einen lilafarbenen Fluss. Ich wage zu behaupten, dass in dem Wasser kein Fisch mehr schwamm. Zumindest kein lebender. Diese Stadt empfand ich als besonders furchtbar. Gefühlt gab es dort null Bäume, wir konnten teilweise kaum von einer Straßenseite auf die andere schauen, weil der Smog so dicht war. Menschen mit Atemschwierigkeiten hatten hier ein wirkliches Problem. Das Trainieren war in diesem Gegenbeispiel eines Luftkurortes die Hölle. Es stach beim Laufen regelrecht in der Lunge.
Aber Jammern galt nicht, schließlich waren wir so kurz vor einem WM-Finale, das wollten wir uns jetzt nicht mehr nehmen lassen. Norwegen war unser Gegner und eigentlich in der Favoritenrolle. Die hatten uns kurz vor der WM beim für uns schmeichelhaften 2: 2 zu Hause in einem Test ziemlich gefordert. Aber wir präsentierten uns topfit, spielten die Skandinavierinnen an die Wand. Ein Eigentor der Norwegerinnen läutete unseren Sieg ein, Treffer von Annike Krahn und Martina Müller folgten. 3: 0! Finale! Geil! Ich war total happy. Mensch, noch keine 20 Jahre alt und schon darf ich – und sei es nur auf der Auswechselbank – an einem WM-Endspiel teilnehmen. Das war schon was!
Per Flieger schloss sich der Kreis, erneut spielten wir in Schanghai. Brasilien hatte sich durch ein überraschend hohes 4: 0 über Olympiasieger USA ins Endspiel katapultiert. Die Stimmung an diesem 30. September 2007 war eine ganz besondere. In der Nacht vor der Begegnung konnte ich kaum schlafen, anderen Spielerinnen ging es ähnlich. Das Hongzhou-Stadion war mit über 30.000 Zuschauern ausverkauft. Und diesmal waren es richtige Fans. Zu den Vorrundenpartien hatten die Organisatoren der WM schon mal ein paar Tausend Anklatscher auf die Tribüne gesetzt, damit die für mehr Stimmung sorgten. Das Problem aber war, dass die bestellten Chinesen immer an der falschen Stelle applaudierten und schrien, weil sie vom Fußball keine Ahnung hatten.
Zum Finale um die WM-Krone füllten Fußballkenner das Rund. Außerhalb des Stadions wimmelte es von Sicherheitskräften und Armeeeinheiten. Kein Wunder, schließlich befand sich eine Menge prominenter Persönlichkeiten vor Ort. So sa ßen Sepp Blatter, der Präsident des Weltverbandes
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