Mein total genialer Doppelgaenger laesst nicht locker
immer mit der Frage, was er langfristig tun sollte. Die Leute, die hinter ihm her waren, würden nicht aufgeben, bis sie entweder das fehlende BWH gefunden hatten oder überzeugt davon waren, dass Fisher nichts mit der Sache zu tun hatte. Aber es gab kein BWH mehr, dass er hätte zurückgeben können. Das Einzige, was ihm einfiel, war, Zwos Existenz um jeden Preis geheim zu halten, bis die Agenten von seiner Fährte abließen. Aber was dann? Er konnte nicht einfach mit Zwo draußen herumspazieren. Und es sah nicht danach aus, als hätte Zwo Lust darauf, für den Rest seines Lebens ein Eremit zu werden.
Was hatte Zwo gesagt? Weißt du, wir können uns nicht ewig wegducken . Fisher wusste, dass er recht hatte. Als er Zwo geschaffen hatte, waren ihm nur die unmittelbaren Möglichkeiten im Kopf rumgeschwirrt, nicht die sich daraus ergebenden langfristigen Konsequenzen. Was würde in zwei Jahren sein, in fünf oder zehn Jahren? Was mochte passieren, wenn Fisher zu Hause ausziehen und zum Studieren weggehen würde? Konnte er wirklich erwarten, die Welt so lange über Zwos Existenz im Unklaren zu lassen?
Die einzige andere Möglichkeit, die Illusion von nur einem einzigen Fisher aufrechtzuerhalten, war, dass der Original-Fisher Palo Alto verließ. Wenn Fisher-Zwo einfach nicht verschwinden wollte, dann müsste eben Fisher-Eins abtauchen. Aber selbst wenn dieser Plan auch nur ansatzweise verlockend gewesen wäre, so glaubte Fisher nicht, dass er auch tatsächlich funktionieren könnte. Seine Eltern würden den Unterschied zwangsläufig bemerken.
Dann blieb ihm noch die Option, die Wahrheit zu sagen.
Was ihn aber wieder direkt zurück zu dem Spionproblem brachte.
Mit anderen Worten, die Dinge wären genauso vertrackt wie zuvor.
Das King of Hollywood war in der Nähe der Melrose Avenue, einer der Hauptstraßen, die kilometerlang durch Los Angeles verlief. Wenn er sie lange genug entlangginge, würde er irgendwann zum Melrose Place kommen, wo er Zwo laut Bibi Bolitzki finden konnte.
Also ging er. Fisher wusste, dass er wahrscheinlich zu spät zurückkäme, aber wenn eine Standpauke von Frau Snapper das Schlimmste wäre, was ihm heute Nacht noch blühte, dann würde er es als Riesensieg verbuchen. Jetzt, wo Zwo abtrünnig und FF gekidnappt waren, kümmerten ihn Aufsichtspersonen, Stundenpläne und Bettgehzeiten nicht mehr sonderlich. Abgesehen davon, sollten seine Pläne missglücken und seine Verfolger ihn erwischen, dann standen die Chancen gut, dass ihn niemand an der Wompalog je wiedersehen würde, und dann könnte ihn auch niemand mehr zum Nachsitzen verdonnern.
Fisher vergrub im Laufen die Hände in den Taschen. Seine linke Hand streifte einen Zettel, der sich schon ziemlich alt und zerknüllt anfühlte. Er zog ihn heraus und faltete ihn auseinander. Die grelle Beleuchtung eines Rodeo-Themenrestaurants tauchte ihn in ein fades Rot.
Es war der Zettel, auf dem er seine Berechnungen für den ersten Kuss festgehalten hatte. Er blieb abrupt stehen und starrte auf die lange Reihe von Zahlenfolgen, Variablen und Gleichungen, die alle letztendlich zum abschließenden Wert K führten. K entsprach vermutlich der Anzahl der Sterne, die zum jetzigen Zeitpunkt am Himmel standen. Veronicas Zuneigung galt felsenfest einem Popstar, der nicht mal richtig singen konnte. Trotz der Ereignisse der vergangenen Wochen musste Fisher erkennen, dass sich daran nichts geändert hatte. Er war noch immer genauso sehr ein Niemand wie vorher.
Mit zitternden Händen fing er an, den Zettel zu zerreißen, bis nur noch eine Handvoll Streifen übrig waren. Dann drehte er die Streifen in seiner Hand und zerrupfte sie weiter, bis sie nur noch winzige viereckige Fetzen waren. Daraus machte er einen kleinen Stapel und verwandelte den Zettel mit einer letzten Handbewegung zähneknirschend in Konfetti. Er trat an den Bordstein und ließ es auf die Straße rieseln, ohne sich darum zu kümmern, ob ihn jemand dabei beobachtete und was dieser jemand dann denken würde.
Erst da bemerkte er aus dem Augenwinkel, dass ihn wirklich jemand beobachtete. Ein bisschen weiter unten auf der anderen Seite der hell erleuchteten Melrose Avenue stand ein schwarzer Wagen. Als Fisher seinen Kopf in dessen Richtung wandte, gingen alle vier Türen gleichzeitig auf.
Fishers Hirn blockierte, es arbeitete einfach nicht mehr, aber dafür übernahmen einfach seine Beine. Er rannte den belebten Bürgersteig entlang, wich den Passanten aus und schlitterte an Laternenpfählen
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