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Mein total genialer Doppelgaenger

Mein total genialer Doppelgaenger

Titel: Mein total genialer Doppelgaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. E. Castle
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hatte seinen dunkel maskierten Blick auf sie gerichtet, »… das heißt, ich … äh …« Sie verstummte mit einem nervösen Glucksen und wandte sich hastig wieder ihrem Schaltpult zu.
    »Ich … weiß nicht, was das ist, Sir«, sagte der Wachmann.
    »Tja, was auch immer es ist und woher es auch kam, schafft es weg«, fuhr ihn Dr. X an.
    »Jawohl, Sir.« Fisher vernahm ein Schnappen, als der Wachmann ein großes Cutter-Messer aufklappte und dann damit das Seil durchtrennte. »Uff!«, entfuhr es dem Wächter, als er Fisher absetzte. »Das Ding ist ganz schön schwer.« Sein Mund war nur Zentimeter von Fishers Ohr entfernt und die laute Stimme des Mannes ließ ihn zusammenzucken. Vielleicht, ganz vielleicht, wenn er absolut stillhielt …
    »Ruf unten in der Wartung an. Vielleicht wissen die, wo das Ding herkommt. Und in der Zwischenzeit stellt es einfach in eine Ecke.« Fisher hörte, wie sich Dr. X Schritte wieder entfernten. Dann hievte ihn der Wachmann ächzend hoch. Ein paar Meter weiter wurde er unsanft wieder abgestellt und der Wachmann ging schnaufend und keuchend davon.
    Leider hatte ihn der Wachmann so an die Wand gelehnt, dass er in die Ecke schaute. Also hatte er keine Ahnung, was hinter ihm vor sich ging.
    Die nächsten zwanzig Minuten verbrachte Fisher damit, sich um hundertachtzig Grad zu drehen. Jede Minute drehte er sich ein paar Zentimeter weiter, so langsam er konnte.
    Schließlich stand er wieder mit dem Gesicht zum Geschehen. Die Tür zu Zwos Zelle war bloß knapp zehn Meter entfernt. Vielleicht, dachte er, gelänge es ihm ja, sich dorthinzuschleichen.
    Immer wenn keiner hinsah, rutschte der Busch an der Wand entlang ein paar Zentimeter weiter. Fisher hatte nicht erwartet, dass eine Anschleichtechnik, die von Comicfiguren erfunden worden war, so erfolgreich sein könnte, aber schon ein paar Minuten später hatte er bereits die Hälfte der Distanz bis zur Zellentür zurückgelegt. Er konnte sein Glück kaum fassen. Nur noch ein paar Minuten und er hätte die Tür erreicht!
    Fisher atmete tief durch. Er wartete, bis die Aufmerksamkeit aller Anwesenden von ein paar ungezogenen Affen in Kammer 17 gefesselt war, und flitzte dann zur Tür.
    Erst da merkte er, dass er die Ast-Spannweite der Buschattrappe nicht berücksichtigt hatte. Er wollte durch die Tür, aber er passte nicht durch. Er blieb mitten in der Tür stecken und klemmte fest wie ein Baseball in einem Abflussrohr. Die Äste schnalzten und raschelten und alle Köpfe fuhren herum und starrten den Busch an, der noch immer versuchte, sich durch die zu enge Türöffnung zu quetschen.
    »Ergreift das Ding!« Dr. X donnernde Stimme hallte durch den Raum. Fisher versuchte ein letztes Mal, durch die Tür zu schlüpfen, aber kräftige Hände packten ihn.
    Fisher wurde grob vor Dr. X abgestellt.
    Das war’s dann also. Das Ende. Sein Plan war gescheitert. Dabei war er so nah dran gewesen. So nah.
    Dr. X beugte sich vor und fing an, den Busch zu untersuchen. Die kalten, behandschuhten Hände kamen Fishers Schultern immer näher und er versuchte zurückzuweichen. Er wünschte, er könne einfach auf die Größe eines Staubkorns zusammenschrumpfen und weggeweht werden. Ein paar Sekunden später streifte Dr. X den Einklappschalter. Mit einem lauten Schnappgeräusch faltete sich die Vorrichtung wieder zusammen. Dr. X wollte zurückweichen, aber da hatte sich bereits einer der herumwirbelnden Arme an seiner Maske verfangen und riss sie ihm vom Gesicht.
    Ein Gesicht, das Fisher kannte.
    Fisher schnappte nach Luft.
    Es war Herr Grampl.
    Der winzige Moment, als Dr. X demaskiert wurde, dehnte sich wie in Zeitlupe. Fisher starrte ihn mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen an. Diese letzte Entdeckung ließ ihn erstarren.
    Aber es war so: Der gefürchteste Mann der Welt, allgemein bekannt als Dr. X, war niemand anderes als Fishers Biologielehrer.

EINUNDZWANZIGSTES KAPITEL
    Selbst ein kalkuliertes Risiko ist immer nur teilweise klug, aber auch teilweise hirnrissig. In diesem Fall war es außerdem teilweise buschig.
    Fisher Bas, »Im Maul des Drachen«
    Obwohl Fisher Herrn Grampls Gesicht so gut kannte wie die ersten dreihundert Stellen von Pi, sah sein Lehrer doch verblüffend verändert aus. Die sonst immer wirren, strähnigen Haare trug er nun streng zurückgekämmt. Auch die Brille war verschwunden und sein sonst so rastloser, nervöser Blick war nun ruhig und fokussiert. Er zog den Kopf nicht mehr ein, sondern trug ihn hoch erhoben. Normalerweise ließ

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